Beschreibung

vor 11 Monaten

Bei Detlef Schlagheck lebt dieser nämlich in seinen Ausstellungen
und Kunstwerken weiter, auch wenn er die Jahre als Sänger der
Punkband "Pommes Brutal" (deren feinsten Sound ihr nach unserem
Gespräch hören könnte) längst hinter sich gelassen hat. Detlef
führt als Kurator die Kieler Galerien On Space und K34 mit dem
Verein K34 und ist Mitglied im Quarantäne Kollektiv (ja den Namen
hatte das Kunstkollektiv schon lange vor Corona), das auch schon
in Saarbrücken ausgestellt hat.  


Seine solidarischen Punk-Grundwerte erkennt man zum Beispiel in
dem Kunstwerk „Aldi die schönen Sachen“ aus, das, wie er selber
sagt, aufgrund seiner Ironie wirkt und hängen bleibt. Denn er hat
einen simplen Aufsteller aus Pappe gebaut, der zwei Obdachlose
zeigt, mit denen er sich in seiner früheren Galerie in einem
alten Schlecker Laden angefreundet hat. Den Aufsteller hat er in
einer Kunstausstellung platziert und damit auf einfache,
humorvolle Art einen dramatischen Fakt angesprochen: Kunst wird
immer noch viel oft als Teil der Hochkultur angesehen und ist
damit nur einer bestimmten sozialen Schicht zugänglich ist.
Detlef erzählt, wie er in seinem Studium an der Kunsthochschule
dazu aufgefordert wurde, bloß keine zu direkte Aussage in seinen
Bildern und Skulpturen auszudrücken. Und sich entschieden hat,
dies nicht zu befolgen. Denn er möchte, dass seine Kunst auch
ohne jede Vorbildung eine Wirkung hat. Kunstwerken, die reine
Ästhetik verkörpern und die nur über viele Deutungs-Ecken in
hochtrabender Sprache gedeutet werden können, empfindet er als
“blutleer” und geprägt von „ängstlicher Formsprache“.


Für ihn war es deshalb auch ein wichtiger Erfolg, dass er die
beiden obdachlosen User, die auf dem Aufsteller von hinten und in
Lebensgröße zu sehen sind, damals dazu bringen konnte, sich in
die Galerie hinein zu trauen. Er erinnert sich daran, wie die
beiden zu einer Vernissage gekommen sind, bei der sonst eher
Bildungsbürger anwesend waren. "Zombie", einer der beiden hat bei
der Eröffnungsrede „ständig dazwischen gequatscht“. „Ey Zombie
halt mal fresse, lass mich mal zu Ende erzählen“, hat aber
schnell gewirkt, erzählt Detlef amüsiert, denn die leicht
pikierten VernissagebesucherInnen mussten ebenfalls grinsen. Zwei
Welten, die aufeinander treffen, sich befremdlich vorkommen, aber
freundlich aufeinander reagieren. Und genauso wünscht sich Detlef
das auch, denn Kunst ist für ein lebendiger, gemeinsamer, sich
entwickelnder Organismus.


Er beschreibt sich selbst als extrem geprägt von der DIY (Do it
yourself) Bewegung, deren Arbeitsweise er teils auch in seine
unheimlich, figürlich und dennoch zerfließend lebendig wirkenden
Skulpturen einwirken lässt.  Beim Erbauen der Skulpturen wie
den „Leviathan“ startete er mit einem Holzgerüst, einer Art
Skelett, die der Hülle aus schwarzem Plastik, seine Form
verleiht. Dabei ist es ein hin und her zwischen Intuition, die
ihn beim Formieren der Holzstücke leitet und dem rationalen
Wissen, über zum Beispiel Statik oder wie er ein bestimmtes Stück
anbringen muss, um diese oder jene Form-Vorstellung
hinzubekommen. Intuition beschreibt er als Gefühl der Ahnung, als
unkontrollierbar. Der Zufall ist für ihn ein Teil der Intuition.
Detlef erklärt, wie er gelernt hat, diese für viele Menschen
unangenehme, teils sogar angsteinflößende Unkontrollierbarkeit
des Lebens wertzuschätzen: Wenn etwas nicht nach Plan läuft,
sieht er dies als Zufall, der ihn in eine neue Richtung
inspiriert, „ein Wink von außen“ und nicht als Hürde. Denn man
kann wochenlang über etwas nachdenken und kommt dennoch nie auf
das, was eine scheinbar zufällige, intuitive Erfahrung vermitteln
kann.

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