[S06E07]: Philosophicum: Simple, komplizierte, komplexe und chaotische Projekte (#63)
Worum geht's in dieser Folge? Diese Folge ist wieder mal ein
Philosophicum. Ein Philosophicum ist bei mir immer eine Folge, wo
ich, wie der Name schon sagt, ein bisschen philosophieren will und
ein bisschen in die Tiefe gehen will. Das ist
17 Minuten
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Beschreibung
vor 5 Jahren
Worum geht's in dieser Folge?
Diese Folge ist wieder mal ein Philosophicum. Ein Philosophicum
ist bei mir immer eine Folge, wo ich, wie der Name schon sagt,
ein bisschen philosophieren will und ein bisschen in die Tiefe
gehen will. Das ist dann vielleicht eine Folge, wo es weniger
praktische Tipps und Tricks zum Mitnehmen für dich gibt, aber
dafür nehmen wir uns die Zeit, gemeinsam nachzudenken über unser
Leben und unsere Personal Projects, mit denen wir dieses Leben
ausfüllen.
Und in diesem Philosophicum geht es um simple, komplizierte,
komplexe und chaotische Personal Project. Genauer gesagt geht es
darum:
Was der Unterschied ist zwischen einem simplen, einem
komplizierten, einem komplexen und einem chaotischen Projekt
und wie wir mit solchen Projekten jeweils umgehen sollten
und welche Strategien in diesen Projekten jeweils sinnvoll
sind.
Ich denke, das könnte ganz spannend werden. Möge die Übung
gelingen!
Zuerst mal: Die Idee zur Unterscheidung zwischen simplen,
komplizierten, komplexen und chaotischen Projekten habe ich vom
so genannten Cynefin (sprich Kjunefin) Modell. Dieses Modell
kommt eigentlich aus der Systemtheorie und beschreibt
verschiedene Systeme. Es wurde vom Wissenschaftler David Snowden
und der Beraterin Mary E. Boone entwickelt und ist eigentlich
dafür gedacht, Führungskräften dabei zu helfen, die richtigen
Entscheidungen in den jeweils unterschiedlichen Situationen zu
treffen.
Als ich dieses Modell gesehen habe, habe ich mir sofort gedacht:
Günter, das passt auch super zu Personal Projects. Daraus musst
du unbedingt eine Podcast-Folge machen. Naja, und hier ist sie!
1. Simple Projekte
Simple Projekte sind Projekte, die durch einfache
wenn-dann-Beziehungen gekennzeichnet sind. Das heißt,
das sind Projekte, wo du sehr zuverlässig sagen kannst: Wenn ich
das mache, dann wird das geschehen.
Also zum Beispiel: Ein Projekt wie „Urlaub planen”. Das ist -
normalerweise zumindest - ein simples Projekt. Da gibt es eine
Liste von Aufgaben, die zu erledigen sind, aber jede für sich ist
ziemlich simpel: Wenn du z.B. auf ein Reiseportal im Internet
gehst und dort Urlaubsdestination und Datum eingibst, dann wirst
du Vorschläge bekommen. Also eine ganz eindeutige
wenn-dann-Beziehung. Wenn du dort was buchen willst, wirst du mit
Kreditkarte bezahlen können - oder müssen. Wenn du mit
Kreditkarte bezahlt hast, wird das Hotel für dich zum
Wunschtermin ein Zimmer frei haben. Wenn du keine zusätzliche
Reiseversicherung buchst, wirst du im Schadensfall keine
Versicherungsleistung bekommen. Und so weiter, und so fort.
Ein simples Projekt kann also aus einer Vielzahl von einzelnen
Arbeitsschritten bestehen. Aber jeder einzelne Schritt hat eine
ganz einfache Struktur: Wenn du das und das machst, wird das und
das geschehen. Wenn du das und das nicht machst, wird das und das
nicht geschehen. Also jeder einzelne Schritt für sich ist relativ
simpel. Die Menge an notwendigen Schritten kann das Projekt zwar
anstrengend machen, aber mit ein bisschen Ruhe und Konzentration
solltest du jeden einzelnen der Schritte selber bewältigen
können. Deshalb brauchen viele Menschen, Dank des Internets,
heute kein Reisebüro mehr für die Buchung ihres Urlaubs.
Andere Beispiele für simple Projekte wären Projekte wie „Endlich
mein Fahrrad reparieren” oder „Die Prüfungen meiner Schüler
korrigieren” oder auch „Beim Kasperltheater im Kindergarten
meines Sohnes mitspielen”. Diese Projekte sind zwar mehr oder
weniger aufwendig, aber von ihrer Struktur her, von dem, wie das
Projekt insgesamt ablaufen wird, sehr überschaubar und auch
vorhersehbar. Wir haben intuitiv einen recht guten Plan davon,
wie wir vorgehen müssen - nicht zuletzt, weil wir von ähnlichen
Projekten, die wir im Laufe unseres Lebens gehabt haben, wissen,
wie man solche Projekte angeht - und wie besser nicht.
Die Mehrzahl unserer Personal Projects sind simple Projekte. Gott
sei Dank, wie wir sehen werden. Denn bei den nächsten Projekten
wird es schon kompliziert.
2. Komplizierte Projekte
Und damit sind wir auch schon bei den komplizierten Projekten.
Was macht ein Projekt zu einem komplizierten Projekt?
Naja, in erster Linie die Tatsache, dass man zur Erledigung
dieses Projekts Expertenwissen braucht. Und wenn
man es selbst nicht hat, dann muss man sich für komplizierte
Projekte Berater oder Helfer dazu holen, weil
man es alleine nicht bewältigen kann.
Ein Beispiel für ein kompliziertes Personal Project wäre „Wir
bekommen ein Baby”. Überleg dir mal, wie viele Experten mit ihrem
Expertenwissen rund um die Geburt, von der Feststellung der
Schwangerschaft bis zum Verlassen des Krankenhauses, an diesem
Projekt mitarbeiten. Das sind unglaublich viele! Da ist z.B. die
Gynäkologin, die Hebamme, die Krankenschwestern, die Beamten am
Standesamt, die unzähligen Ratgeberbücher rund um die Geburt, da
gibt es Geburtsvorbereitungskurse, da bekommt man Ratschläge und
Tipps von den Eltern und von den Schwiegereltern und von Freunden
und von wildfremden Menschen. Also eine Menge Menschen, die ihr
Expertenwissen ins Projekt einbringen, weil man selbst, als
werdende Eltern, gar nicht das ganze Wissen hat, das nötig wäre,
um dieses Projekt zu bewältigen. Man wird zwar mit jeder weiteren
Schwangerschaft immer kompetenter, und das Projekt wird weniger
kompliziert - das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, beim
zweiten Kind ist man schon viel entspannter als beim ersten -
aber trotzdem: Auch bei der fünften Schwangerschaft wird man noch
immer Expertenhilfe brauchen, weil das Projekt „Wir bekommen ein
Baby” immer kompliziert bleiben wird.
Komplizierte Projekte lassen sich also nur dadurch lösen, dass
wir uns jene Kompetenzen und jenes Wissen dazu holen, das wir
selbst nicht haben, um das Projekt erfolgreich abzuschließen.
Andere komplizierte Projekte wären zum Beispiel „Bei den Eltern
ausziehen und die erste eigene Wohnung suchen” oder „Mein
Testament machen”. Alle Dinge, die wir zum ersten Mal machen und
die sehr starke Auswirkungen auf unser weiteres Leben haben
werden, sind tendenziell kompliziert - aber noch nicht
notwendigerweise komplex.
Womit wir auch schon bei der nächsten Kategorie wären.
3. Komplexe Projekte
Wir haben ja gesagt, dass uns bei komplizierten Projekten das
Wissen oder die Kompetenz fehlt, um selbst das Projekt zum Erfolg
zu bringen. Deswegen müssen wir uns Experten dazu holen. Aber
wenn wir das tun, dann haben auch komplizierte Projekte eine sehr
hohe Chance, gut über die Bühne zu gehen. Weil die Experten ja
wissen was sie tun. Man könnte auch sagen: Für eine Hebamme, die
einige Jahre im Geschäft ist, ist eine Geburt kein kompliziertes,
sondern wahrscheinlich ein ziemlich simples Projekt. Zumindest
die allermeisten Geburten. Daher können wir uns bei komplizierten
Projekten ziemlich gut darauf verlassen, dass wenn wir tun, was
die Experten sagen, das Projekt einen guten Abschluss finden
wird.
Bei komplexen Projekten ist das anders. Komplexe Projekte haben
so viele Variablen, so viele Ungewissheiten, dass es nicht mehr
möglich ist vorauszusagen, was passiert, wenn wir das oder das
tun. Und auch Experten helfen uns dabei nicht mehr. Bei
komplexen Projekten kann dir einfach niemand sagen, was passieren
wird, wenn du etwas tust oder etwas nicht tust.
Ein Beispiel für ein komplexes Projekt ist „Mein eigenes
Unternehmen gründen”. Das ist mehr als kompliziert, das ist
komplex. Weil dir bei so einem Projekt niemand im Vorhinein sagen
kann, was du tun sollst, damit du Erfolg hast. Der Erfolg
deine...
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