S08E03: Wer "kümmert" sich um ein Shared Project?  (#79)

S08E03: Wer "kümmert" sich um ein Shared Project?  (#79)

Worum geht's in dieser Folge? Diesmal geht es um die spannende Frage: Wem „gehört“ denn eigentlich ein Shared Project? „Gehört“ natürlich unter Anführungszeichen, soweit Projekte überhaupt jemandem gehören können. Aber mir geht es um Folgen
16 Minuten
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[Projekt: Leben] - Der Podcast für alle, die noch was vor haben im Leben.

Beschreibung

vor 4 Jahren

Worum geht's in dieser Folge?


Diesmal geht es um die spannende Frage: Wem „gehört“ denn
eigentlich ein Shared Project? „Gehört“ natürlich unter
Anführungszeichen, soweit Projekte überhaupt jemandem gehören
können. Aber mir geht es um Folgendes: Ich habe die Hypothese,
dass auch Personal Projects, die wir gemeinsam mit anderen
Menschen umsetzen (also Shared Projects), einen so genannten
„Project Owner“ haben müssen. Jemanden, der sich für dieses
Projekt hauptsächlich zuständig fühlt. Ein Kollege von mir hat
das mal so ausgedrückt: „Jedes Projekt braucht
einen Kümmerer.“ Das finde ich
eine schöne Bezeichnung für das, worum es in dieser Folge geht:
Wer ist eigentlich dieser Kümmerer in unseren Shared Projects?
Und da ja das Wort „kümmern“ von „Kummer“ kommt, könnte man es
auch so ausdrücken: Wer hat in dem Projekt den meisten Kummer,
wenn etwas nicht gut läuft? 


Genau um diese Kümmerer in Shared Projects, die so engagiert
sind, dass sie das Projekt auch durch schwierige Phasen tragen,
die dafür sorgen, dass das Projekt nicht sang- und klanglos
untergeht, die in die Bresche springen, wenn Not am Mann ist… um
diese Kümmerer soll es also in dieser Folge gehen. 


Wer kann der "Kümmerer" sein?


Naja, da wäre erstens mal die Möglichkeit:
Alle, die in dem Shared Project
mitmachen, sind Kümmerer. Alle sind gleichermaßen
engagiert und tragen Sorge für das Projekt. Diese Möglichkeit
gibt es, aber ich glaube, das ist eher eine theoretische
Möglichkeit. Ich kenne kein Shared Project in meinem
Projektportfolio, wo ich wirklich sagen könnte, da sind alle
Projektmitglieder gleichermaßen Kümmerer. Fällt mir weit und
breit nichts ein. Es gibt immer einige, die sich etwas mehr
engagieren und andere, die sich eher mitziehen lassen - im besten
Fall, sofern sie nicht überhaupt quertreiben.  


Noch dazu ist ja die Frage, ob es überhaupt wünschenswert wäre,
wenn wirklich alle, die an dem Projekt mitarbeiten, auch echte
Kümmerer wären. Was würde dann passieren? Die Abstimmung in dem
Projekt wäre wahnsinnig aufwendig. Zu viele Köche verderben den
Brei, heißt es. Oder, betriebswirtschaftlich ausgedrückt: Die
Transaktionskosten wären wahnsinnig hoch. In solchen Projekten
mag man eigentlich gar nicht mitmachen, weil man das Gefühl hat,
da treffen lauter Alphatiere aufeinander und da kommt trotz
vielleicht wirklich guter Absichten kaum was Vernünftiges
raus. 


Die zweite Möglichkeit, die schon wesentlich häufiger auftritt:
Ein Shared Project hat überhaupt keinen
Kümmerer. Da ist niemand, der die Initiative übernehmen
würde, der Sachen anstößt, der klare Ansagen macht. Jeder wartet
ab und schaut, was passiert. Das ist ein bisschen so wie bei
Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert. Solche Projekte sind
klarerweise dem Untergang geweiht und enden sehr häufig in der
Projektversickerung - soll heißen, die Projekte verschwinden
einfach irgendwann sang- und klanglos, weil irgendwann einfach
niemand mehr darüber spricht. Der Mantel des Schweigens legt sich
über das Projekt, und es wird heimlich, still und leise zu Grabe
getragen. 


Dritte Möglichkeit, auch sehr häufig: Jeder glaubt, der
Andere ist der Kümmerer. Auch so ein Projekt ist
eigentlich ein Zombie. Jeder schiebt dem anderen den
Verantwortung für das Projekt zu und ist dabei auch der festen
Überzeugung, dass er selbst ganz sicher nicht der Kümmerer sein
kann, weil sowieso und überhaupt. Dann hat jeder der
Projektmitglieder eine klare Vorstellung davon, wer eigentlich
der Kümmerer sein sollte, nur dabei gibt’s ein Problem: Diese
Vorstellungen sind sehr unterschiedlich, und vor allem: Diese
unterschiedlichen Vorstellungen wurden nie besprochen! Und so
wartet jeder, bis der Kümmerer endlich auf den Plan tritt und die
Führung im Projekt übernimmt, aber das geschieht natürlich nicht.
Zurück bleiben, neben einem zu Grabe getragenen Zombie-Projekt,
häufig gegenseitige Schuldzuweisungen und Enttäuschungen. 


Vierte Möglichkeit, eher selten: Der Kümmerer ist klar
definiert. Alle sind sich einig, wer der Kümmerer ist,
und der Kümmerer nimmt diese Rolle auch wirklich wahr. Im besten
Fall ist diese Einigkeit das Ergebnis einer klaren und
eindeutigen Kommunikation innerhalb des Projektes. Nicht selten
ist die Einigkeit aber auch ein Zufallsprodukt, weil sich die
Rollenverteilung irgendwie intuitiv und automatisch so ergeben
hat, ohne dass viel darüber gesprochen wurde. Und damit kommen
wir auch schon zum nächsten Punkt: Wie wird man eigentlich
Kümmerer? 


Wie wird man zum "Kümmerer"?


Also, wie wird man jetzt Kümmerer in einem Shared Project? Kommt
man dazu wie die Jungfrau zum Kind, oder gibt es bestimmte
Dynamiken, die jemanden in die Rolle des Kümmerers hieven? 


Wichtig ist zu wissen, dass die Zuständigkeit für ein
Projekt - man könnte auch sagen die Autorität in einem Projekt -
zugeschrieben wird. Das heißt, zum Kümmerer wird man von
den anderen Projektmitgliedern gemacht. Man kann nicht so einfach
das Ruder an sich reißen und sagen: „So, da bin ich jetzt, ich
sage euch jetzt wo’s lang geht.“ Da müssen die anderen schon
mitspielen und sagen: „Okay, wir sind damit einverstanden. Mach
nur.“ Wenn das nämlich nicht der Fall ist, dann glaubst du
vielleicht, du bist der Kümmerer in dem Projekt, aber in
Wirklichkeit nimmt dich keiner ernst. Soll ja auch schon
vorgekommen sein. 


Die anderen machen dich zum Kümmerer. Die Rolle
des Kümmerers im Projekt wird zugeschrieben, und diese
Zuschreibung erfolgt aufgrund bestimmter Kriterien. Ich nenne dir
mal drei solcher Kriterien als Beispiel: 
Zuschreibung durch Seniorität: Der Älteste
oder die Erfahrenste wird zum Kümmerer. Wenn der hiesige
Sportverein einen Maskenball veranstaltet, dann wird oft der
Vereinsobmann zum Kümmerer für dieses Shared Project, weil er
derjenige ist, der Kraft Funktion und/oder Alter von den anderen
als „Chef“ anerkannt wird. Zuschreibung durch
Tradition: Für bestimmte Projekte sind seit jeher
bestimmte Personengruppen zuständig. Sehr gut beobachten kann man
das bei der traditionellen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau.
Der Mann ist typischerweise der Kümmerer in einem Projekt wie „Ein
neues Auto kaufen“, und die Frau wird automatisch zur Kümmererin in
einem Projekt wie „Den Haushalt führen“ - nämlich, und das ist
wichtig: Auch dann, wenn sich beide einig sind, dass das eigentlich
Shared Projects sind. Die Frau engagiert sich sehr wohl bei der
Suche nach einem neuen Auto, und auch der Mann hilft fleißig im
Haushalt. Aber die Frage ist eben: Wer kümmert sich um das Projekt
auch dann noch, wenn sich sonst niemand mehr drum kümmert? Und da
ist es dann eben häufig so, dass die Hausarbeit an der Frau
hängenbleibt, wenn der Mann (aus welchem Grund auch immer) keine
Zeit hat - aber eben ganz selten
umgekehrt. Zuschreibung durch Initiierung:
Klar, das kennt man auch: Zum Kümmerer wird der, der das Projekt
vorschlägt. Das kommt ganz, ganz häufig vor. Nur, damit gibt es aus
meiner Sicht zumindest zwei Probleme.  Der Initiator ist nicht
immer der Best-Geeignete, um sich um das Projekt zu kümmern. Das
könnten andere eigentlich viel besser. Der Initiator ist vielleicht
der naheliegendste, aber nicht immer der beste Kümmerer. Der
Initiator kann die Rolle manchmal schlichtweg nicht wahrnehmen.
Beispiel: Die Kinder wollen einen Hund, und die Eltern lassen sich
nach wochenlangem Abwehrkampf schließlich breitschlagen. Die
Familie vereinbart auch, ganz klar, dass sich die Kinder um den
Hund kümmern MÜSSEN. Die Kinder haben dem auch freudig zugestimmt,
aber es wäre höchst naiv zu glauben...

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