#45 Die Signa-Krise & die BIG: "Eine große Verbundenheit" / Haben die Österreichischen Lotterien ein Problem mit dem Jugendschutz?

#45 Die Signa-Krise & die BIG: "Eine große Verbundenheit" / Haben die Österreichischen Lotterien ein Problem mit dem Jugendschutz?

Ausgabe 45 beleuchtet zunächst die Beziehungen zwischen dem Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft Hans-Peter Weiss und der Signa-Gruppe von René Benko. Neben der geschäftlichen Ebene gab es auch eine persönliche – und das wirft Fragen auf. In T
1 Stunde 4 Minuten

Beschreibung

vor 11 Monaten

I. Was verbindet den Geschäftsführer der staatlichen
Bundesimmobiliengesellschaft Hans-Peter Weiss mit der
Signa-Gruppe von René Benko?


Die BIG und ihre Tochtergesellschaft Austrian Real Estate sind
seit vielen Jahren Geschäftspartner der Signa.


Ende 2019 hat die BIG mit der Signa  einen 99-jährigen
Baurechtsvertrag für das denkmalgeschützte Postsparkassen-Haus in
der Wiener Innenstadt geschlossen, in der Wiener Donaustadt
errichten die Signa und die ARE derzeit ein neues Wohn- und
Büroquartier namens „Vienna TwentyTwo“.


Neben der geschäftlichen Ebene gab es aber offenbar noch eine
persönliche Ebene.


In der vorangegangenen Ausgabe Nummer 44 habe ich über die
Jagdeinladungen der jetzt insolventen Signa Holding berichtet.


Die Recherchen dazu habe ich mit Fabian Schmid vom Standard und
Ulla Kramar-Schmid vom ORF geführt.


Die Signa hatte ab 2018 Jagdgesellschaften im Burgenland
organisiert, und der Name des BIG-Chefs Hans-Peter Weiss findet
sich auf Einladungslisten. Weiss ließ auf Anfrage allerdings
ausrichten, dass er alle diese Einladungen aus Compliance-Gründen
ausgeschlagen hat.


Jetzt stellt sich heraus, dass es nicht bei Jagdeinladungen
geblieben ist. 2013 und 2016 war Weiss auf Benkos Jacht Roma
eingeladen. Und zwar anlässlich der jährlichen Immobilienmesse
MIPIM in Cannes, in Südfrankreich. Signa hatte da ihren
Messestand an Bord eingerichtet und Weiss war eben zweimal da.


Weiss ließ auf eine neuerliche Anfrage hin mitteilen, dass er die
MIPIM regelmäßig besucht hat und bei zwei Gelegenheiten auch am
Messestand der Signa war, der eben auf dem Boot war.


René Benko selbst sei da aber nicht zugegen gewesen.


Im Jänner 2020 wollte Weiss René Benko dann nach Berlin
begleiten, um dort den damals Regierenden Bürgermeister der Stadt
Rainer Michael Müller zu treffen. Warum?


Das Büro Weiss schrieb dazu: „Hans-Peter Weiss wurde von Signa
kontaktiert, weil die Stadt Berlin darum gebeten habe, in dieser
Konstellation über das Thema Wohnbau zu sprechen. Signa wollte
einen gemeinsamen Termin koordinieren, der jedoch nie
stattgefunden hat.“


Und dann wäre da noch die Sache mit dem jungen Koch und einer
Lehrstelle im Park Hyatt Hotel, das ja ebenfalls zur Signa-Gruppe
gehört. Im Juli 2020, ein halbes Jahr nach dem PSK-Gebäude-Deal
zwischen BIG und Signa, versuchte Hans-Peter Weiss sich als
Jobvermittler.


Er suchte eine Lehrstelle als Koch für einen jungen Mann aus
seinem Bekanntenkreis und wandte sich an Signa-Manager Christoph
Stadlhuber, das ist zugleich Weiss‘ Vorgänger bei der
Bundesimmobiliengesellschaft.


Das Sekretariat von Hans-Peter Weiss schickte Stadlhuber die
Bewerbung des jungen Mannes per Mail und Stadlhuber selbst
leitete die Bewerbung an die Direktorin des Park Hyatt Hotels
weiter.


Dazu schrieb Stadlhuber ein E-Mail, das uns vorliegt und da
steht: „Die Intervention kommt über einen Geschäftspartner, mit
dem René und ich eine große Verbundenheit haben.“


Was sagt die BIG dazu? „Hans-Peter Weiss wollte einen Lehrling
aus seinem Bekanntenkreis bei der Suche nach einer Lehrstelle
unterstützen. Er hat sich dabei auch an Signa gewandt und darum
ersucht, den Lebenslauf an das Hotel Park Hyatt weiterzugeben. Da
eine Lehrstelle nicht möglich war, hatte sich das Thema für Herrn
Weiss erledigt.“


Was sehen wir hier?


Wir haben Jagdeinladungen, die Weiss nicht angenommen hat. Er war
zweimal auf der Jacht Roma, das allerdings im Rahmen einer
Immobilienmesse, an der er beruflich teilgenommen hat. Und der
Messestand der Signa war halt das Boot, was soll man machen. Die
Reise nach Berlin hatte ebenso berufliche Gründe, fand aber
letztlich auch nicht statt.
Bis hierhin würde ich sagen: Weiss hat sich damit nicht
angepatzt.


Aber dann passierte ihm eben auch noch die Intervention für den
jungen Koch bei der Signa.


Und hier hat Hans-Peter Weiss meines Erachtens ein
Compliance-Thema.


Er ist Geschäftsführer einer staatlichen Firma, die vertragliche
Beziehungen mit der Signa-Gruppe hat.


Wenn Weiss nun bei der Signa interveniert, damit ein junger Mann
aus seinem Bekanntenkreis eine Lehrstelle in einem Hotel bekommt,
dann zieht Weiss daraus selbst natürlich keinen finanziellen
Vorteil.


Aber genau diese kleinen Gefälligkeiten schaffen schnell
wechselseitige Abhängigkeiten und Verpflichtungen


Ich zitiere jetzt noch einmal den Signa-Manager Christoph
Stadlhuber in seinem E-Mail an die Direktorin des Park Hyatt
Hotels, in dem er über Hans-Peter Weiss schrieb: „Ein
Geschäftspartner, mit dem René und ich eine große Verbundenheit
haben.“


 


II. Wie halten es die Österreichischen Lotterien mit dem
Jugendschutz und kritischen Stimmen?
 


Christoph Holubar ist aus Wels, er ist unternehmerisch tätig, hat
eine Karriere als Spielsüchtiger hinter sich und streitet mit den
Casinos Austria um Millionen vor Gericht. Holubar ist auch ein
Gründer und Obmann des Welser Vereins Spielerhilfe - und dieser
hat sich zuletzt auf die Österreichischen Lotterien
eingeschossen. Stichwort: Jugendschutz.


Holubar hat im Frühjahr und im Herbst dieses Jahres Jugendliche
unter 16 Testkäufe etwa in Tankstellen und Trafiken machen
lassen. Es ging um die Frage, ob die Jugendlichen Rubbellose und
Lottoscheine kaufen können. Und glaubt man Holubar, dann war das
auch mehrheitlich der Fall.


Das Problem ist, dass Jugendliche in den mehr als 5000
Lotto-Verkaufsstellen im Land eigentlich gar keine
Glücksspielprodukte erwerben dürften. Dazu haben die Lotterien
haben ihre Vertriebspartner verpflichtet. Bis zum Juli 2023 lag
die Altersgrenze bei 16, seither liegt sie bei 18 Jahren.


Eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung dazu gibt es
übrigens nicht.


Christoph Holubar hat die Ergebnisse der Mystery-Shopping-Touren
in zwei Pressekonferenzen öffentlich gemacht und steht seither
selbst in der Kritik.


Die Kronen Zeitung schrieb, er sei ein gut bezahlter
Auftragstäter.


Der Kurier hinterfragte die Finanzierung des Vereins Spielerhilfe
und rückte Holubar in die Nähe der albanischen Mafia.


Auch mir wurde in der Vorbereitung dieses Beitrags zugeraunt,
Holubar sei ein problematischer Typ, der sich überhaupt nicht für
den Spielerschutz interessiere, sondern lediglich für sein
Zivilverfahren gegen die Casinos Austria.


Womöglich sei er ja auch eine Art Lobbyist für einen der
illegalen Glückspielanbieter, die sich Chancen auf neue
Glücksspiellizenzen in Österreich ausrechnen und den etablierten
Mitbewerb schlecht ausschauen lassen wollen.


Und das mit dem Jugendschutz, das sei sowieso aufgebauschtes
Thema.


Bewiesen ist davon nichts, aber es ist einiges in Bewegung, viele
offene Fragen und da Christoph Holubar das ins Rollen gebracht
hat, dachte ich mir: Frage ich ihn selbst. 


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