#41 „Cyprus Confidential", Teil 2: Spuren in die Vergangenheit

#41 „Cyprus Confidential", Teil 2: Spuren in die Vergangenheit

Ausgabe #41 dreht sich abermals um das Zypern-Leak. Bei der Auswertung des internationalen ICIJ-Projekts „Cyprus Confidential“ sind wir auf einige Österreicher gestoßen, die mich bereits vor langer Zeit beschäftigt haben. Und plötzlich hat man Information
14 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Das ist die 41. Ausgabe der Dunkelkammer und heute es geht wieder
um das internationale Projekt „Cyprus Confidential“ und einige
interessante Bezüge zu Österreich. 


Bei der Auswertung des Zypern-Leaks bin ich auf ein paar Leute
gestoßen, die mich bereits vor langer Zeit beschäftigt haben.


Und es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie sich dann in
manchen Fällen Lücken schließen lassen, weil man nach Jahren
plötzlich Informationen bekommt, die man vorher nicht hatte.


So gesehen ist das aktuelle Projekt „Cyprus Confidential“ auch
eine Reise in meine eigene berufliche Vergangenheit.


Aber keine Angst, es wird nicht allzu nostalgisch. 


Vorneweg noch eine Zahl, die mich gerade eben sehr erfreut:
314.000.


Eben hat die Dunkelkammer die Marke von 314.000 Downloads seit
dem Start im März übersprungen, monatlich sind es mittlerweile
beständig mehr als 40.000 Downloads.


Ich schau mir diese Zahlen immer wieder ungläubig an und denk
mir: Wahnsinn, ohne nennenswerte Ressourcen und ohne einen Cent
Marketing – da ist schon etwas entstanden.


Dass es so ist, das habe ich ausschließlich euch zu verdanken,
die ihr die Dunkelkammer hört.


Danke, danke. Fanfare. Applaus!


Wo ich schon dabei bin:


Wenn ihr mein Projekt unterstützen wollt, dann geht das auf
mittlerweile zwei Wegen.


Erstens im Abo über die Apple-Podcast-App oder über die Plattform
Steady


Oder zweitens als Spende.


Das bitte jetzt nicht als Akt der Verzweiflung zu verstehen.


Mir haben aber einige Hörerinnen und Hörer geschrieben, dass sie
meine Arbeit schon gerne unterstützen täten, aber eben nicht im
Abo.


Darauf habe ich reagiert und auf der Dunkelkammer-Website findet
ihr nun einen Spenden-Link.


 Mehr dazu auf www.diedunkelkammer.at


 Und noch ein Programmhinweis: Am 21. November zeichnen wir
wieder eine Folge der Dunkelkammer in der Kulisse Wien auf.


 Mein Gast: Reinhold Mitterlehner.


 Ich freu mich auf das Gespräch und auf euren Besuch, Karten
gibt’s unter anderem online auf www.kulisse.at


 So, Werbung Ende.


 „Cyprus Confidential“: Unter diesem Titel veröffentlichen
seit 14. November mehr als 50 Medienhäuser international laufend
Berichte über das Offshore-Paradies Zypern und seine Klientel.


In Österreich sind das der Standard, wo ich ein Teil des
Rechercheteams war, und der ORF.


Über das Projekt habe ich mit Ulla Kramar-Schmid und Fabian
Schmid in der vorangegangenen Ausgabe Nummer 40 gesprochen.


Wie gesagt, wir konnten auf Grundlage eines Datenlecks aufzeigen,
wie zyprische Finanzdienstleister sich liebevoll darum kümmern,
das Geld ihrer Kunden in Briefkastenfirmen zu verstecken.


Das sind russische Oligarchen – aber längst nicht nur.


Für ziemlichen Wirbel sorgte ja bereits die Enthüllung, dass der
deutsche Journalist Hubert Seipel einen Sponsorenvertrag mit
einer Briefkastenfirma des russischen Oligarchen Alexej
Mordaschow hatte, der ihm mindestens 600.000 Euro eingebracht
haben soll.


Wie immer bei großen internationalen Enthüllungen entstehen so
viele Berichte, dass es unmöglich ist, das alles in wenigen
Worten zusammenzufassen.


Einen guten Überblick bekommt ihr aber über die Website des
Investigativ-Netzwerks ICIJ, das dieses Projekt geleitet hat.


Für mich war die Arbeit an dem Projekt tatsächlich auch eine
Reise in die Vergangenheit, weil ich beim Auswerten der
Datensätze immer wieder mit früheren Recherchen konfrontiert war.


Und interessanterweise ging‘s dabei immer um Häuser.


Fall 1: Das Fischerhaus am Salzburger
Fuschlsee.


Das ist ein ziemlich nettes Anwesen am Südufer, das heute formell
der Tochter des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch gehört.


Davor hatte es eine Britin besessen, die es Abramowitschs Tochter
2017 geschenkt hatte – nachdem sie es 2007 um 11,3 Millionen Euro
gekauft hatte.


Bereits im März 2022 habe ich mit Stefan Melichar in profil über
die Eigentumsverhältnisse der Villa am Fuschlsee berichtet,
damals im Rahmen einer internationalen Recherche des Netzwerks
OCCRP; und es damals schon offensichtlich, dass die Britin nur
eine Treuhänderin für Roman Abramovich gewesen war.


Was uns damals aber schlicht fehlte, war ein schriftlicher Beleg
für diese Treuhandschaft.


Und tatsächlich: In den neuen „Cyprus Confidential“ Datensätzen
findet sich ein Dokument, das belegt, dass die Britin die
Treuhänderin für eine Offshorefirma war, die wiederum Roman
Abramovich gehört.  


Und wir haben in den Daten einen völlig neuen Aspekt gefunden.


Da geht es um einen Tiroler, der 1997 angefangen hat, für Roman
Abramovich zu kochen und nach und nach sein Vertrauen gewonnen
hat.


Mittlerweile ist er die rechte Hand des Oligarchen.


 Wenn ihr diese wundersame Geschichte nachlesen wollt, ich
habe sie mit Maria Retter und Timo Schober für den Standard
aufgeschrieben. 


Fall 2: Das Hotel Panhans am Semmering


Das hat mich ab 2015 immer wieder beschäftigt.


 Da ging es um einen Gruppe ukrainischer Investoren und
deren Partner Thomas Schellenbacher, das ist ein
niederösterreichischer Unternehmer und ein ehemaliger
FPÖ-Nationalratsabgeordneter.


Schellenbacher war 2012 als Retter des insolventen Hotel Panhans
in Erscheinung getreten und hatte dafür auffallend viel Geld
hingelegt.


2015 kam ich dann erstmals auf die Spur einer Gruppe ukrainischer
Oligarchen, die Geschäfte mit Schellenbacher machten.


Ich hatte damals Indizien gesammelt, dass das Geld für die
Übernahme des Hotels, immerhin rund fünf Millionen Euro, in
Wahrheit von den ukrainischen Oligarchen gekommen war – und nicht
etwa von Schellenbacher.


Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich ihn 2015 interviewt
habe und er sich damals um Antworten gewunden hat.


Was so oder so fehlte, war ein Beleg für den Weg des ukrainischen
Geldes.


Und den haben wir jetzt in den „Cyprus Confidential“-Datensätzen
gefunden.


Demnach hatte eine von Schellenbachers Firmen kurz vor der
Übernahme des Panhans 2012 ein Darlehen von einer zyprischen
Briefkastenfirma erhalten, die sich dem ukrainischen Oligarchen
Igor Palytsia zurechnen lässt.


Thomas Schellenbacher: Der Name steht auch irgendwie für …
Abenteuer.


Da wäre unter anderem auch die Geschichte rund um sein angeblich
mit ukrainischem Geld gekauftes FPÖ-Nationalratsmandat 2013 oder
seine Verwicklung in die Flucht von Wirecard-Vorstand Jan
Marsalek. 


Wenn ihr mehr über das Wirken von Thomas Schellenbacher erfahren
wollt, dann empfehle dazu unsere Story im Standard.


Fall 3: Ein Haus in der Elisabethstraße in der Wiener
Innenstadt


2013 hatte ich in profil eine Geschichte mit dem Titel „Julius
Meinl verkauft sich ein Haus“ geschrieben.


Und da gings um die wechselnden Eigentumsverhältnisse und die
Rolle von Briefkastenfirmen in Zypern und den Britischen
Jungferninseln.


Das Haus landete dann irgendwann bei einer Firma von Siegfried
Wolf. Da endete damals meine Recherche.


 In den aktuellen „Cyprus Confidential“-Datensätzen findet
sich jetzt quasi die Fortsetzung zu damals, also Unterlagen, die
den Übergang der zyprischen Briefkastenstruktur von Meinl
Richtung Wolf, belegen. 


Ich habe damals schon die Frage aufgeworfen, ob
Immobilientransaktionen mittels Briefkastenfirmen womöglich dazu
dienten, Steuern zu optimieren.


Abschließend beantworten lässt sich das nicht, weil die
Betroffenen darüber nicht sprechen.


Fall 4: Ein Haus am Wörther See, ein Penthouse in
Wien


Fall Nummer vier führt zu Karl-Heinz Grasser, der mich ja nun
auch schon gut zwanzig Jahre beschäftigt.


2013 hatten Ulla Kramar-Schmid und ich noch als Team bei profil
versucht, Grassers Offshore-Geflecht zu entzerren.


Da ging es um seine Einkünfte bei Julius Meinl.


Grasser hatte nach seinem Ausscheiden aus der Politik 2007 bei
einer Meinl-Firma namens Meinl International Power Management
angedockt und dort ganz gut verdient.


Bis 2010 bekam er insgesamt 8,95 Millionen Euro von Meinl
überwiesen. 


Das Geld ging aber nicht an Karl-Heinz Grasser direkt, sondern an
eine Offshore-Konstruktion, die ihm sein Steuerberater aufgesetzt
hatte.


Das gab es unter anderem eine Briefkastenfirma auf den Britischen
Jungferninseln, zwei Stiftungen in Liechtenstein, und drei
Briefkastenfirmen in Zypern.


Die wurden alle benutzt, um Geld hin- und herzureichen.


Einen Teil davon verwendete Grasser, um am Wörther See ein Haus
zu kaufen beziehungsweise das notorische Penthouse in der Wiener
Innenstadt herzurichten.


Irgendwann ist dann die Finanz über all das darüber gestolpert
und warf Grasser vor, vorsätzlich nur einen Teil der
Meinl-Millionen in Österreich versteuert zu haben.


Grasser hat das immer bestritten und auf seinen Steuerberater
verwiesen.


 2021 wurden Grasser und der Steuerberater wegen einer
Abgabenverkürzung in der Höhe von 2,2 Millionen Euro von der
WKStA angeklagt, das Verfahren endete im Juli 2022 mit
Freisprüchen in erster Instanz.


 Die WKStA hat dagegen kein Rechtsmittel erhoben, das Urteil
ist allerdings noch nicht rechtskräftig, soweit ich das
überblicke.


Siehe da: In den „Cyprus Confidential“-Dokumenten taucht auch der
Name Karl-Heinz Grasser auf.


 Einer der vom Datenleck betroffenen zyprischen
Finanzdienstleister war in das Management von Grassers
Briefkastenfirmen eingebunden.


 In der Sache selbst liefert das Material zwar keine
fundamental neuen Erkenntnisse, wie gesagt, Grassers damalige
Offshore-Welt ist medial bereits ausführlich vermessen worden.


Die Dokumente geben aber eben Einblick in das Innenleben solcher
Konstruktionen.


 Zu unserer Überraschung haben wir dann aber zwei zyprische
Briefkastenfirmen entdeckt, die wir bisher nicht kannten und die
bisher auch nie Erwähnung fanden.


In den Unterlagen haben wir dazu unter anderem Entwürfe von
Übernahme- und Treuhandurkunden gefunden, auf denen der Name
Karl-Heinz Grasser steht.


 Es ist aber nicht eindeutig, ob Grasser je wirklich über
diese Firmen verfügt hat.


Deshalb haben wir auch bei Karl-Heinz Grasser nachgefragt.


Laut seinem Anwalt Norbert Wess war eine der beiden bisher
unbekannten zyprischen Briefkastenfirmen, sie heißt Crewson
Holdings Limited, „kurz ein Thema, wurde dann aber nicht
verwendet und nie operativ tätig“.


Die zweite Briefkastenfirma, eine Liberto Nova Holdings Limited,
sei „überhaupt gänzlich unbekannt“.


 Soweit es die anderen Gesellschaften in den „Cyprus
Confidential“-Daten betrifft, da verweist Wess auf den
Steuerberater: „Diese anderen Gesellschaften waren Teil der
Stiftungskonstruktion, wurden der Finanz gegenüber offengelegt
und waren auch Inhalt des nunmehrigen Finanzstrafverfahrens, das
bekanntermaßen mit Freispruch in erster Instanz geendet hat, und
wogegen die WKStA auch kein Rechtsmittel erhoben hat."


 Man muss sich investigativen Journalismus wie Puzzle-Arbeit
vorstellen.


Nur, dass man immer an mehreren Puzzles arbeitet, teilweise
jahrelang und dann oft nicht einmal weiß, wie groß sie eigentlich
werden.


So oder so: Geduld kann in meinem Geschäft nicht schaden.


 


Die Dunkelkammer ist ein Stück Pressefreiheit. 


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