#35 Von Plagiaten und Kontroversen: Plagiatsgutachter Stefan Weber im Gespräch
Stefan Weber ist ein österreichischer Kommunikationswissenschafter
und Publizist. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er als
Plagiatsjäger bekannt geworden. Seit Jahren deckt Weber
Unregelmäßigkeiten in akademischen Abschlussarbeiten auf, doch
seine Method
1 Stunde 17 Minuten
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vor 1 Jahr
I. Das ist die 35 Ausgabe der Dunkelkammer und
heute geht’s um Plagiate im Hochschulbetrieb, ich spreche mit dem
Plagiatsgutachter Stefan Weber.
Seit Jahren deckt Weber Unregelmäßigkeiten in akademischen
Abschlussarbeiten auf, doch seine Methoden sind diskussionswürdig
und in jüngerer Vergangenheit war er selbst Gegenstand von
Kontroversen.
Was ist Stefan Weber nun? Ist er ein investigativer
Kommunikationswissenschafter, der es sich zur Aufgabe gemacht
hat, die gute wissenschaftliche Praxis nach Kräften zu
verteidigen? Oder ist er ein erlebnisorientierter Kopfgeldjäger,
dem die Waffe locker sitzt und der damit das Vertrauen in die
Wissenschaft untergräbt?
Darüber spreche ich gleich mit Stefan Weber.
II. Einleitend noch ein Rückblick auf die
Verhandlungstage zwei und drei im Falschaussageprozess gegen
Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli.
Die Angeklagten wurden mittlerweile befragt.
Beide haben sich nicht schuldig bekannt und beide fahren im
Prozess eine gleichlautende Strategie, nämlich
Sie hätten den Ibiza-Untersuchungsausschuss niemals vorsätzlich
angelogen – sollten sie sich bei ihren damaligen Befragungen zu
den Postenbesetzungen in der Staatsholding ÖBAG da und dort etwas
unscharf ausgedrückt haben, dann nur deshalb, weil sie
strafrechtliche Verfolgung fürchteten.
Das ist der bereits beschriebene Aussagenotstand.
Soweit es ich verstehe, muss man beim Aussagenotstand allerdings
erst eine Falschaussage zugeben, sonst kann man diesen nicht
geltend machen.
Und das ist bisher nicht geschehen.
Kurz und Bonelli waren nach eigener Darstellung schlecht auf den
U-Ausschuss vorbereitet, was schon viel über das
Selbstverständnis der Herren aussagt.
Und zur schlechten Vorbereitung kam dann irgendwie auch noch ein
schlechtes Sentiment dazu.
Beide sprachen sie vom Druck, dem sich bei der jeweiligen
Befragung ausgesetzt fühlten.
Die Opposition habe ihn zerstören wollen, sagte etwa Sebastian
Kurz bei seiner Befragung durch den Richter.
Mit der WKStA wollte er übrigens nicht sprechen.
Bonelli wiederum beschrieb die U-Ausschuss-Erfahrung als
"herabwürdigendst" und er warf der WKStA vor, ihn überhaupt nur
deshalb angeklagt zu haben, weil er einst in einem
Positionspapier die Zerschlagung der Staatsanwaltschaft angeregt
hatte.
Beide haben auch viel Energie darauf verwendet, sich von Thomas
Schmid abzugrenzen.
Laut Sebastian Kurz soll Schmid zu damaligen gemeinsamen Zeiten
zunehmend ein Eigenleben entwickelt und dabei immer mehr Macht
beansprucht haben.
Erstaunlich ist, dass Kurz Thomas Schmid damals aber nicht
rausgeschmissen hat, sondern offenbar gewähren hat lassen.
Was für mich die Frage aufwirft, mit welchem
Managementverständnis Sebastian Kurz an den Job des
Bundeskanzlers herangegangen ist.
Managementversagen ist allerdings keine strafbare Kategorie, so
viel ist sicher.
Am Ende blieb irgendwie der Eindruck hängen, Thomas Schmid hätte
sich gleichsam selbst zum Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG
bestellt.
Thomas Schmid wird im November vor Gericht erwartet. Er ist neben
dem früheren Finanzminister Hartwig Löger ein ganz zentraler
Zeuge in einem Verfahren, das uns noch eine Weile beschäftigen
wird.
III. Stefan Weber ist ein österreichischer
Kommunikationswissenschafter und Publizist.
Einer breiteren Öffentlichkeit ist er als Plagiatsjäger bekannt
geworden.
Tatsächlich hat er ein Geschäftsmodell daraus gemacht,
akademische Abschlussarbeiten, also Dissertationen,
Diplomarbeiten, Bachelors oder Masters mittels Software auf
Plagiate hin zu untersuchen.
Man kann ihn also beauftragen.
Das passiert auch immer wieder, wenngleich die Auftraggeber
niemals offengelegt werden.
Dafür ist es dann oftmals der Gutachter selbst, der an die
Öffentlichkeit geht, um Plagiatsvorwürfe zu erheben.
So hat Weber eine ganze Reihe prominenten Akademikerinnen und
Akademikern in Verlegenheit gebracht. Beispielhaft der Fall der
früheren ÖVP-Arbeitsministerin Christine Aschbacher, die nach
Webers Plagiatsvorwürfen zurücktreten musste.
Ikonisch sind Sätze aus Aschbachers Dissertation an der TU
Bratislava wie: "Annahmen sind wie Seepocken an der Seite
eines Bootes, sie verlangsamen uns.“
Das ist reine Poesie, was soll man sagen
Trotz der Vorwürfe durfte Aschbacher aber sowohl ihren
Magistergrad der FH Wiener Neustadt als auch ihren Doktortitel
der TU Bratislava behalten.
Da wie dort sah man keine Täuschungsabsicht. Und es
passiert sehr oft, dass nach Webers Untersuchungen, nichts
passiert. Also akademische Titel nicht aberkannt werden.
Aber was heißt das jetzt? Dass die Hochschulen bei der
Aufarbeitung von Plagiatsfällen zu lasch vorgehen – oder dass
Weber umgekehrt zu hart austeilt?
Der Fall Aschbacher ist übrigens einer von 16 Plagiatsfällen, die
Weber in seinem eben erschienen Buch „Auf Plagiatsjagd“
beschreibt.
Erschienen ist das Buch im Verlag Edition Atelier Wien, einen
Link findet ihr in den show notes, also hier
Und weil ich letztens völlig zu recht gefragt wurde, was
eigentlich diese show notes sind, von denen ich da dauernd rede.
Das ist die Textbeschreibung jeder Podcastfolge, also der Podcast
zum Nachlesen.
Und da gibt es dann eben auch Links zu Dokumenten, Videos oder
auch die Transkripts von Interviews.
Zurück zu Stefan Weber: Rund um das Erscheinen des Buches gab es
Brösel, eine Buchpräsentation am 18. Oktober in Wien musste
abgesagt werden, weil laut Weber das gesamte Podium einer
geplanten Podiumsdiskussion kurzfristig abgesprungen war.
Weber begründet das mit einer hasserfüllten Stimmung gegen ihn,
die nun auch dazu führe, dass er aus dem universitären
Forschungsbetrieb gedrängt werde.
Was ist da grad los?
Das Gespräch mit Stefan Weber wurde über eine Videoschaltung
aufgezeichnet – sobald das Transkript vorliegt, wird es hier
nachgereicht.
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