#29 Die WKStA, Sebastian Kurz und ein Prozess: Der Strafantrag zum Download
Ab dem 18. Oktober muss Sebastian Kurz sich (mit zwei weiteren
Angeklagten) vor Gericht wegen falscher Beweisaussage verantworten.
Hat er im Ibiza-Ausschuss die Unwahrheit gesagt? Kurz bestreitet
das und fühlt sich politisch verfolgt. Aber was steht im
St
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vor 1 Jahr
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Über Folge #29
Am 18. Oktober startet der Prozess gegen Sebastian Kurz, die
frühere stellvertretende ÖVP-Bundesparteiobfrau und Casinos
Austria Managerin Bettina Glatz-Kremsner und Bernhard Bonelli,
den früheren Kabinettschef von Sebastian Kurz. Und es geht in
allen drei Fällen um falsche Beweisaussage.
Die Verteidigungslinie von Sebastian Kurz ist grundsätzlich
bekannt:
Die Anklagevorwürfe sind konstruiert, er hat im
Untersuchungsausschuss niemals vorsätzlich die Unwahrheit gesagt
und er fühlt sich von der WKStA politisch verfolgt.
Vor wenigen Tagen gab Sebastian Kurz der Kronen Zeitung ein
Interview, wo er unter anderem auch sagte:
Ich habe mir strafrechtlich nie etwas zuschulden kommen
lassen. Auch wenn vonseiten der Wirtschafts- und
Korruptions-Staatsanwaltschaft hartnäckig versucht wird, einen
anderen Eindruck zu erwecken.
Ist das wirklich so? Was steht überhaupt drin in dieser
Anklageschrift, die richtigerweise Strafantrag heißt?
Ist dieser eine Gefahr für Kurz? Oder doch nur heiße Luft?
Die Antwort darauf wird zunächst Richter Michael Radasztics geben
müssen.
Um zu verdeutlichen, worum es in diesem Verfahren
geht, stelle ich den Strafantrag als
PDF zum Download bereit.
Wie immer in solchen Fällen habe ich personenbezogene Angaben
geschwärzt.
Soweit es Sebastian Kurz betrifft, geht es um die Frage, ob
er als Auskunftsperson im Ibiza-Untersuchungsausschuss unter
Wahrheitspflicht an mehreren Stellen die Unwahrheit gesagt hat.
Die WKStA meint ja, er sagt nein.
Im Ibiza-Ausschuss ging es 2020 unter anderem darum, ob Sebastian
Kurz um das Jahr 2018 herum unmittelbaren Einfluss auf die
Zusammensetzung des Aufsichtsrats der neuen Staatsholding ÖBAG
genommen hat.
Kurz hat das damals verneint und auf den zuständigen
Finanzminister Hartwig Löger verwiesen, der dafür politisch
verantwortlich war.
Die Staatsanwaltschaft wird versuchen, das zu widerlegen.
Und zwar mit Chatnachrichten und Aussagen von Thomas Schmid, den
Sebastian Kurz ja umgekehrt bezichtigt, die Unwahrheit zu sagen,
wenn es ihm gerade passt.
Im Strafantrag ist mir ein Punkt aufgefallen, der mich an
eine Recherche aus dem Jahr 2022 erinnert hat. Und die hatte mit
Siegfried Wolf zu tun.
Ich hatte damals mit Stefan Melichar für profil Chats zwischen
Siegfried Wolf und Sebastian Kurz aus den Jahren 2018 bis 2020
analysiert. Da ging es um mehrere Interventionen von Wolf.
Er bat Kurz damals um Unterstützung wegen der damaligen
US-Sanktionen gegen die Unternehmensgruppe von Oleg Deripaska,
das ist Wolfs langjähriger russischer Geschäftspartner, ein
Kreml-treuer Oligarch.
Den Link zu profil-Story findet ihr hier
Unabhängig davon war Wolf auch ein erklärter Wunschkandidat von
Sebastian Kurz für den ersten Aufsichtsratsvorsitz der neuen
Staatsholding gewesen, tatsächlich kam Siegfried Wolf kam aber
nicht zum Zug.
Und genau das hat Sebastian Kurz dann auch als Argument
verwendet, um zu zeigen, dass er eben keinen Einfluss auf die
Zusammensetzung des Aufsichtsrats nehmen konnte.
Kurz wollte Wolf, Finanzminister Löger wollte ihn aber nicht und
deshalb ist Wolf auch nie Aufsichtsrat geworden. Beweis quasi
erbracht: Kurz konnte keinen Einfluss geltend machen, folglich
hat er im Ausschuss auch nicht Unwahrheit gesagt.
An diesem Punkt kommt nun ein ganz anderes Verfahren ins
Spiel.
Die Causa Eurofighter nämlich, in der Wolf ja ebenfalls eine
Rolle spielt. Wolfs Handy war in Zusammenhang mit den
Eurofighter-Ermittlungen schon einiger Zeit sichergestellt worden
und beim Auslesen stieß die Staatsanwaltschaft auf Chats mit
Sebastian Kurz, die jetzt wiederum im Falschaussage-Verfahren
eine Rolle spielen werden.
Für die WKStA scheint nämlich gesichert, dass Siegfried Wolf
nicht deshalb nicht ÖBAG-Aufsichtsrat wurde, weil der zuständige
Finanzminister Hartwig Löger ihn dort nicht wollte. Sondern weil
die US-Sanktionen gegen Deripaskas Gruppe ein nicht lösbares
Problem darstellten, wie es die WKStA ausdrückt.
In dem Strafantrag steht dazu:
Die Auswertung der Nachrichten zwischen KURZ und WOLF zeigt ,
dass die beiden über längere Zeit in intensivem Austausch zur
ÖBIB/ÖBAG waren, dass KURZ selbst initiativ wurde, dass es
ein Versprechen von KURZ an WOLF gab, und dass WOLF erst aufgrund
des trotz intensiver Bemühungen nicht lösbaren Problems der
US-Sanktionen nicht als Aufsichtsratsvorsitzender bestellt wurde,
sondern ein Überbrückungskandidat gesucht werden musste, der den
Platz für WOLF übernimmt und auf Aufforderung freimachen
würde.
Jetzt könntet ihr euch fragen, warum US-Sanktionen da eine Rolle
spielten und was das mit der Staatsholding ÖBAG und der
Personalie Wolf zu tun haben soll.
An der Staatsholding hängen ja Beteiligungen an einigen große
Firmen, wie OMV, A1 Telekom, Verbund, Post, die sind alle an der
Börse und da will man natürlich auch amerikanische Investorinnen
und Investoren ansprechen. Wenn ja jetzt im Umfeld eines
Aufsichtsrats der Staatsholding US-Sanktionen bestehen, dann ist
das dem Investoreninteresse eher nicht zuträglich.
Die Angst vor US-Sanktionen war übrigens auch der Grund, warum
Siegfried Wolf 2018 zunächst nicht in den Aufsichtsrat in der
deutschen Porsche Holding einziehen konnte, auch dort hatte man
erst einmal Bedenken. Und auch das war in den Chats zwischen Kurz
und Wolf ein Thema.
2019 wurde Wolf dann zumindest Aufsichtsrat von Porsche, nicht
aber der ÖBAG.
Das lässt sich alles im Strafantrag nachlesen, und bevor euch
jetzt die 108 Seiten abschrecken: Die Vorwürfe gegen Kurz sind ab
Seite 25 auf sieben Seiten zusammengefasst, das ist schneller
gelesen als die heutige Episode gedauert hat.
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