"Das hat mich ziemlich angekotzt"

"Das hat mich ziemlich angekotzt"

Jana Schlosser war Punk in der DDR und prangerte den SED-Staat an. In unserem Ostpodcast spricht sie über Protest, Anwerbeversuche der Stasi und ihre Zeit im Gefängnis. Die DDR war ein Staat, in dem es viele Regeln und eine strenge Überwachung gab. Trotzd
2 Stunden 17 Minuten

Beschreibung

vor 5 Jahren
Jana Schlosser war Punk in der DDR und prangerte den SED-Staat an.
In unserem Ostpodcast spricht sie über Protest, Anwerbeversuche der
Stasi und ihre Zeit im Gefängnis. Die DDR war ein Staat, in dem es
viele Regeln und eine strenge Überwachung gab. Trotzdem existierten
Nischen und Subkulturen. Eine von ihnen waren die Punks. Jana
Schlosser war eine der wenigen Frauen in dieser Szene. In unserem
Podcast "Wie war das im Osten?" erzählt sie, wie sie als Teenager
in Halle zum Punk kam – und welchen Widerständen sie sich damit
aussetzte. Fremde Leute beschimpften sie, ihre Eltern warfen sie
raus. Außerdem rückte sie schnell ins Visier der Staatsmacht. Aber
Schlosser wollte "nicht kuschen", wie sie sagt, sich den Protest
und das Anderssein nicht verbieten lassen. Ihr war es wichtig,
offen anzusprechen, "was sich sonst keiner getraut hat". Hätte sie
allerdings gewusst, was sie erwartet, sagt sie heute im Rückblick:
"Weiß ich nicht, ob ich nicht weniger mutig gewesen wäre". Als
Punkerin hatte sie es auch mit ganz praktischen Problemen zu tun:
Ihre Haare färbte sie mit Füllertinte. Ihr Outfit bastelte sie aus
Gardinen. Die Texte ihrer Band musste sie verstecken. Als Punk in
der DDR musste man nicht nur mutig, sondern auch kreativ sein.
Schlosser ging nach Ost-Berlin und lebte dort in besetzten Häusern.
Sie gründete die Band "Namenlos". Weil sie es cool fanden, keinen
Namen zu haben. Und weil sie es der Stasi schwerer machen wollten.
Punkmusik war für sie der beste Weg, um ihre Wut "herausschreien zu
können". Die Lieder, die sie sang, schrieb sie meist selbst. Darin
klagte sie schonungslos und offen die Stasi an, den Grenzschutz und
andere Missstände der DDR. Die Lieder trugen Titel wie "MfS-Lied",
"Nazis in Ost-Berlin" oder "Lied über die Staatsgrenze". Manche
avancierten zu Kultsongs im Punkmilieu. Die Staatsmacht indes hat
sich das nicht gefallen lassen. "Diese Elemente sind nicht mehr mit
Samthandschuhen anzufassen", hieß es in einem staatlichen
Anti-Punker-Erlass von 1983. Die Szene sollte zerschlagen werden.
Sie wurde mit zahlreichen Spitzeln unterwandert. Auch Jana
Schlosser hat die Stasi versucht anzuwerben, erfolglos. Stattdessen
wurde die komplette Band verhaftet und verurteilt. Ihr Verteidiger
war der spätere Ministerpräsident Lothar de Maizière. Es half
wenig. Sie landete im berüchtigten Frauen-Gefängnis Hoheneck – mit
Schwerverbrecherinnen in einer 16er-Zelle und vielen anderen
Schikanen. Dreimal musste sie in den Arrest, einmal für 21 Tage.
Noch heute leidet sie daran, "wie ich weggenommen worden bin vom
Staat in der kraftvollsten Phase meines Lebens". Dennoch sagt sie
Rückblick auf ihre Punkzeit: "Mit meinen Kumpels war ich total
glücklich. Das war eine sehr erfüllte und glückliche Zeit." Trotz
der Repressionen sei es "gut gewesen, Stärke zu zeigen". Mal
witzig, mal anrührend spricht Jana Schlosser in unserem Podcast
über ihr hartes Leben als Außenseiterin – und über die
ungeschriebenen Gesetze in der ostdeutschen Punkerszene. Sie lebt
in Berlin und ist in dem Stück Atlas des Kommunismus im
Maxim-Gorki-Theater zu sehen. Und: Sie singt. Hier die
Inhaltsübersicht mit Minutenangaben: - Begrüßung: Punk in der DDR -
Rubrik: Was vermissen Sie an der DDR? (3:20) - Wer ist Jana
Schlosser? (5:35) - Punkzeit in Halle: Wie man sich im Sozialismus
ein Outfit bastelt (7:00) - Rubrik: Ost-Humor (44:20) - Punkzeit in
Berlin: zwischen Repression und Freiheit (46:00) - Rubrik: Mach's
yourself (1:16:55) - Rebellion durch Musik: Jana Schlossers Band
"Namenlos" (1:18:20) - Jana Schlosser singt! (1:20:15) - Wie
Polizei und Stasi gegen die Punks vorgingen (1:26:10) - Der
Prozess, die Verhaftung und die Zeit im Gefängnis Hoheneck
(1:34:45) - Rubrik: Poesiealbum (2:02:50) - Die Zeit nach dem Knast
und nach der Wende (2:05:15) - Rubrik: Was ist das Beste an der
Wiedervereinigung? (2:14:35) - Lied: Nazis in Ost-Berlin (2:16:45)
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