Reihe: Jesus Glauben - Folge 4/15 - Über anonyme Evangelien, Etikettenschwindel und ihre Autoren
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vor 2 Jahren
In der vorletzten Folge habe ich versucht, einen kurzen Überblick
über die Theorien zum historischen Jesus zu bieten, die in
der Vergangenheit konstruiert worden sind. Gemein ist allen
die Skepsis gegenüber den Evangelien und viele behaupten,
die Texte seien zu spät entstanden, als dass sie
geschichtlich zuverlässig wären. Über weite Strecken ist diese
Skepsis eine rein ideologische Entscheidung ohne echte
Grundlage. Das heißt man hat die späte Entstehung der
Evangelien einfach behauptet, damit man genug Zeit zwischen
Jesus und den Evangelien hatte, um die eigene Theorie
irgendwie hineinzubasteln. Die letzte Folge konnte hier
schon etwas Klarheit bringen. Denn die Forschung hat durch
den Fund zahlreicher Papyri in den letzten 150 Jahren das
Zeitfenster enger begrenzt und manche These damit vor grobe
Probleme gestellt. Konnte man im 19. Jahrhundert noch
vollmundig behaupten das Johannesevangelium sei frühestens
Ende des 2. Jahrhunderts entstanden, besitzen wir heute
Papyri wie P52 - ein Fragment des Johannes-Evangeliums, das
üblicherweise auf die Jahre 125 bis 175 datiert wird.
Dennoch gibt es alte Theorien, die sich gehalten haben.
Eine davon stützt sich auf die Formkritik. Die Formkritik
ist ein Werkzeug der sogenannten historisch-kritischen
Methode. In der Formkritik untersucht man – absolut
sinnvoller Weise - zu welcher Art – zu welcher Gattung – ein
bestimmter Text gehört. Handelt es sich um einen
historischen Text, ist es ein poetischer Text, reden wir
von Hymnen oder einem Brief.... usw Im 19. Jahrhundert wurde nun
die Idee populär, bei den Evangelien handle es sich um
Volksmärchen. Das heißt, das Volk habe sich – mit leichten
Varianten, wie bei Märchen üblich – Geschichten über Jesus
erzählt, diese angehört und weitererzählt ... und
weitererzählt … und weitererzählt, bevor sozusagen
ein paar Gebrüder Grimm und ein Hans Christian Andersen der
Antike das ganze gesammelt und in eine geschriebene Form
gebrachte haben. Und damit diese geschriebene, fertige Form
auch Autorität besitzt, hat irgendwann, irgendjemand, irgendeinen
Namen eines Apostels hinaufgeklebt. Evangelium nach
Matthäus. Evangelium nach Johannes und so weiter. Billiger
Etikettenschwindel also. Laut dieser Theorie basieren die
Evangelien demnach nicht auf Augenzeugenberichten, wie ihre
Titel gefälschter Weise behaupten, sondern sind die Frucht
vieler Geschichtenerzähler. 100 Jahre oder so seien die
Geschichten anonym durch die Welt getragen worden. Dann erst
seien die Evangelien entstanden, wie wir sie heute
besitzen, meint etwa der Bart Ehrmann. Dass solche späten
und ursprünglich anonymen Quellen historisch nicht als
allzu zuverlässlich gelten können, versteht sich von
selbst. Diese Schule der Formkritik ist bis heute in manchen
Kreisen populär, auch wenn die extreme Spätdatierung durch
Papyri-Funde, wie gesagt, weitgehend widerlegt ist. Aber
gibt es denn Belege wenigstens für die Grundidee der
„Volksmärchen“Theorie? Waren die Evangelien denn jemals
anonym? Waren sie die Frucht einer langen Erzähltradition?
Sind sie auf diese Weise entstanden?
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