Shared and divided memory oder die Frage: Was bindet uns Europäer zusammen? NfE e.V. im Gespräch mit Dr. Constanze Itzel, der Leiterin des Hauses der Europäischen Geschichte in Brüssel
36 Minuten
Beschreibung
vor 1 Jahr
Ein sechs Meter langes, aufgeblättert auf dem Buchrücken
liegendes Papierobjekt. Ein Buch, in dem man alle EU-Rechtsakte
bis 2003 findet. Ein einziger Band mit 80 000 Seiten. Zu
besichtigen ist dieses Kunstwerk im Haus der Europäischen
Geschichte in Brüssel. Für die einen steht es für die
Errungenschaft eines gemeinsamen Rechtsraumes, für die anderen
ist es ein Sinnbild für die Überregulierung durch überbordende
EU- Rechtsvorschriften. Die Museumsmacher legen sich in der
Interpretation nicht fest, der Besucher ist selber gefordert.
Nicht eindeutig, sondern offen für unterschiedliche
Interpretationen, daher multiperspektivisch und mehrdimensional -
so sieht Constanze Itzel die ganze Ausstellung in ihrem Haus
aufgestellt. Kein Wunder also, dass das riesige Buch eines ihrer
Lieblingsexponate ist. Folgerichtig auch, dass es in dem Museum
keine Meistererzählung gibt. Nie ging es darum, von oben herab
eine scheinbar konsistente europäische Identität zu definieren.
"Geschichtsschreibung ist immer Konstruktion", sagt Constanze
Itzel, Museumschefin seit 2017. Wenn das Museum also ein
europäischer Gedächtnisspeicher werden will, der die Erfahrungen
und Interpretationen in ihrer Verschiedenheit und
Widersprüchlichkeit umfasst, dann kann das nur durch das
Beschreiben gemeinsam erlebter Geschichtsprozesse geschehen. Im
Gespräch mit NfE e.V. erzählt sie uns von den Herausforderungen,
ein transnationales Ausstellungsnarrativ zu entwickeln, von
Mikronarrativen und der Wichtigkeit eines geteilten europäischen
Gedächtnisses.
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