Landesbanken im Cum-Ex-Skandal: Chefetagen als justizfreie Zone

Landesbanken im Cum-Ex-Skandal: Chefetagen als justizfreie Zone

Handelsblatt Crime vom 14.08.2022
53 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Staatliche Banken machten Geschäfte auf Kosten des Staates. In
ihren Aufsichtsräten saßen reglose Landespolitiker. Nun kommt auch
die Justiz nicht auf Touren. Es sind fünf Buchstaben, die sich ins
öffentliche Bewusstsein gebrannt haben: Cum-Ex. Banken und
Steueranwälte erfanden eine Methode, sich und ihren wohlhabenden
Kunden mehr Steuern erstatten zu lassen, als sie zahlten. Der
Schaden für den Steuerzahler: Zwölf Milliarden Euro. Seit vielen
Jahren läuft die Aufarbeitung dieses Skandals. Inzwischen gibt es
erste Urteile. Mehr als 100 Verfahren mit mehr als 1500
Beschuldigten stecken noch in der Warteschleife. Das Handelsblatt
hat nun eine Gruppe identifiziert, die sich keine Sorgen machen
muss: Vorstände und Aufsichtsräte von Landesbanken. Auch sie
beteiligten sich an Cum-Ex-Geschäften, auch sie griffen in die
Steuerkasse. Nur: die Justiz hält sich seltsam zurück. Bei
Landesbanken saßen Landespolitiker in den Aufsichtsräten. Die LBBW
in Baden-Württemberg etwa zahlte schon vor Jahren 200 Millionen
Euro aus illegalen Cum-Ex-Geschäften zurück. 2013 nahm die
Staatsanwaltschaft Stuttgart Ermittlungen auf. Aber auch neun Jahre
später gibt es keinerlei Fortschritt. Das liegt vor allem daran,
dass nur ein einsamer Staatsanwalt ermittelt. Nach Recherchen des
Handelsblatts setzt die Justiz in Stuttgart bei der Verfolgung des
größten Steuerskandals in der Region seit neun Jahren auf die
Ermittlerzahl Eins. Zwar seien die zu klärenden Sachverhalte
besonders komplex, mehr Personal wolle man aber nicht anfordern. So
können sich die Verantwortlichen zurücklehnen. Der ehemalige
LBBW-Chef Siegfried Jaschinski sagte dem Handelsblatt, er habe von
den Cum-Ex-Geschäften in seiner Bank erst aus der Zeitung erfahren.
Im LBBW-Verwaltungsrat saßen Politikgrößen wie Stefan Mappus und
Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster. Beide beantworteten
keine Fragen. LBBW-Aufseher Heinz Dürr sagte: „Während meiner Zeit
im Verwaltungsrat der LBBW wurde nicht über das Thema Cum-Ex
gesprochen.“ So bleiben die Chefetagen in Landesbanken eine
justizfreie Zone. In dieser Folge von Handelsblatt Crime leuchten
wir sie aus. Ein Bonustrack: Neues aus dem Gerichtssaal des
Landgerichts Bonn. Dort hat Hanno Berger, Mister Cum-Ex, gerade ein
Geständnis abgelegt. Oder auch nicht… *** [Schäden in
Milliardenhöhe: Landesbanken versinken in
Cum-Ex-Affäre](https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/steuerskandal-schaeden-in-milliardenhoehe-landesbanken-versinken-in-cum-ex-affaere/28521106.html)
[Razzia bei der Hamburg Commercial
Bank](https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/cum-ex-steuerskandal-razzia-bei-der-hamburg-commercial-bank-/27393850.html)
[Richter zu Hanno Berger: „Dann zahlen Sie den Kram
zurück!“](https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/cum-ex-prozess-richter-zu-hanno-berger-dann-zahlen-sie-den-kram-zurueck/28579542.html)
[„Herr Berger, hören Sie doch einfach mal
zu“](https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/cum-ex-strafprozess-richter-zickler-herr-berger-hoeren-sie-doch-einfach-mal-zu/28568450.html)
[Insider verkauft Cum-Ex-Infos für fünf Millionen Euro an die
Steuerfahndung](https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/wie-der-cum-ex-informant-auspackte-der-datenschatz-des-mister-smith/12887164.html)
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