Sanktionsschlupflöcher: Russische Oligarchen liefern sich Katz-und-Maus-Spiel mit EU-Behörden

Sanktionsschlupflöcher: Russische Oligarchen liefern sich Katz-und-Maus-Spiel mit EU-Behörden

Handelsblatt Crime vom 27.03.2022
37 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Die russischen Oligarchen haben im Zuge der Sanktionen des Westens
besondere Aufmerksamkeit erfahren: Es wurden Vermögen auf
ausländischen Konten eingefroren sowie Luxusvillen und Jachten
beschlagnahmt. Wegen ihrer Machtposition innerhalb der russischen
Wirtschaft gelten Oligarchen als Putins vermeintliche
Achillesferse. Sie besitzen Großunternehmen meist in
Schlüsselbranchen wie der Rohstoffindustrie. „Sie sind politisch
stark vernetzt, sowohl mit dem Kreml als auch mit den
Regionalgouverneuren“, erklärt Russland-Experte Mathias Brüggmann
in der neuen Folge von Handelsblatt Crime. Männer wie
FC-Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch, Alfa-Bank-Gründer Michail
Fridman oder Tui-Großinvestor Alexei Mordaschow haben jahrelang das
System des Kreml-Chefs unterstützt und zählen zu Putins engsten
Vertrauten. All das taten sie in den vergangenen Jahrzehnten, um
Milliardenvermögen anzuhäufen – und das oftmals mit nicht legalen,
aber vom russischen Staat genehmigten Methoden. „Beweise für
diverse Korruptionsvorwürfe sind schwer zu bekommen. Es gibt
allerdings Zeugen von damals, die solche Aussagen machen“ erklärt
London-Korrespondent Carsten Volkery. „Diese Vorwürfe wurden
allerdings auch nie weiter verfolgt“, ergänzt Brüggmann. Die
Korruptionsvorwürfe sind jedoch gewaltig: Ein Großteil der
wichtigsten Staatsaufträge wie der Bau der Brücke auf der Krim geht
nach wie vor an Putins engste Vertraute, faire Ausschreibungen soll
es nicht geben. Der Einfluss der russischen Oligarchen reicht aber
auch über die russischen Grenzen hinaus: Seit Jahren gilt London
aufgrund der niedrigen bürokratischen Hemmschwellen als beliebter
Standort, um russische Vermögen anzulegen. Volkery sagt: „Viele
russische Vermögen, die mit zweifelhaften Methoden erworben wurden,
wurden durch sogenannte Enabler, respektable Persönlichkeiten aus
der Oberschicht, die beispielsweise im House of Lords sitzen oder
wie in Deutschland eben auch ein ehemaliger Bundeskanzler,
legalisiert.“ Für die Europäische Union ist hier noch einiges zu
tun, resümiert Brüggmann. Und: Zwischen Oligarchen und Behörden
gibt es im Zuge der Sanktionsmaßnahmen ein regelrechtes
Katz-und-Maus-Spiel. „Schlupflöcher sind dabei eines der Themen,
mit denen sich die Behörden nun auseinandersetzen müssen“, sagt
Martin Murphy, Co-Investigativ-Chef im
Handelsblatt-Crime-Interview. Wie zuletzt bei der Luxusjacht
„Dilbar“ des russischen Unternehmers Alischer Burchanowitsch
Usmanow: Diese sollte von den Behörden vor Ort in Hamburg
beschlagnahmt werden. Doch laut Usmanow gehört die Jacht einer
Firma in Malta, die wiederum einer Stiftung gehört. „Das lässt sich
so gar nicht überprüfen“, merkt Murphy an und ergänzt: „Hier steht
am Ende Wort gegen Wort.“ Rein rechtlich sei es schwer
nachzuweisen, doch praktisch sei Usmanow der einzige, der das
Schiff benutzt. „Wir haben einen Rechtsstaat und nach den
Prinzipien wird das eben auch gelebt. Es dauert hier einfach ein
bisschen länger. Wo man sich in Spanien längst die Boote
einverleibt hätte, geht es hier noch nicht so schnell. Aber wenn
die Behörden einmal arbeiten, ist es schon effektiv“, erklärt
Murphy. *** Das exklusive Abo-Angebot für Sie als Hörerinnen und
Hörer von Handelsblatt Crime: www.handelsblatt.com/mehrjournalismus

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