Leider Steil #6: Fridays for Future Hannover macht plötzlich einen auf JU München Nord!

Leider Steil #6: Fridays for Future Hannover macht plötzlich einen auf JU München Nord!

FFF Hannover macht jetzt also einen auf JU München Nord, bloß in auto-aggressiv.
1 Stunde 3 Minuten
Podcast
Podcaster
Ein Podcast der steilen Thesen über Kunst und mit Krawall!

Beschreibung

vor 2 Jahren

Wolfgang hat einen Facebook-Beitrag veröffentlicht, in dem er
sich über den Vorfall im Vorfeld zu Fridays for Future auslässt.
Was war passiert? 

Nun, der Künstlerin Ronja Maltzahn wurde (aufgrund ihrer
Dreadlocks) der Auftritt bei der FFF-Veranstaltung gestrichen.
Inklusive einer unglaublich naiven, unfassbar arrogant-eitlen,
scheinbar moralisch integren, aber im Kern faulen, weil
intellektuell unaufrichtigen Begründung. 

Und während das Dennis dazu veranlasste, diese Folge spontan
aufzunehmen, lieferte Wolfgang mit seinem Facebook-Posting dazu
direkt die steile These; nämlich die, dass die FFF Hannoveraner
der Jungen Union München Nord ähneln. Nur in
auto-aggressiv. 

Hier Wolfgangs Beitrag in Gänze: 

FFF Hannover macht jetzt also einen auf JU München Nord, bloß in
auto-aggressiv. Soweit, so dumm, so erkennbar 18-jährig. Und so
erwartbar die öffentlichen Reaktionen, bis hin zur häufigen
Weglassung "Hannover", um den Vorgang Greta höchstpersönlich in
die Schuhe zu schieben. Wir lernen es nicht. Auf keiner Seite. Es
sollte ja nicht sehr schwer zu begreifen sein, dass eine
identitäre Linke, die das Spiel der Identitären Rechten
mitspielt, letzten Endes einen neuen Faschismus mit hervorbringen
wird: die klare Trennung der Kulturen, um umso leichter ein
"Anderes" und damit einen Feind beschwören zu können - und
darüber Kriegsgründe zu liefern. Ich denke nicht, dass dies die
Absicht der Hannoveraner Teenager ist. Kulturen kommen und gehen,
vermischen sich, hinterlassen ihre Spuren oder nicht. 

Es gibt für sie ebenso wenig eine Ewigkeitsgarantie oder einen
Patentschutz wie für unser individuelles Leben oder auch nur die
Existenz der Art Mensch. Aus den Worksongs schwarzer Sklaven in
den USA (die wiederum ihre eigenen musikalischen Traditionen aus
vielen verschiedenen Teilen Afrikas mitgebracht hatten) wurde der
Blues, der heute an der Wurzel fast der gesamten Popmusik steht.
Er vermischte sich mit anderen US-amerikanischen Folk-Traditionen
und schuf so den Rock'n'Roll. Die Vermischung mit europäischer
Klassik brachte den Jazz hervor. In England entdeckten den Blues
ein paar Mittelklasse-Kids und entwickelten ihn weiter. Das war
der Urknall, der zu allen heute gängigen Pop- und
Indiemusikrichtungen führte. Fun Fact: Als eine der wichtigsten
Inspirationen für die Entwicklung des HipHop gilt die
Düsseldorfer Band "Kraftwerk". (1) 

Ohne die sogenannte "kulturelle Appropriation" wäre das nicht
möglich gewesen. Der Begriff selbst ist aber nur ein negatives
Framing für einen Vorgang, der die Menschen überhaupt erst von
den Bäumen heruntergeholt hat: kulturelles Lernen, Austausch und
Weiterentwickeln. "Kulturelle Appropriation" ist für den
kulturellen Austausch, was "Selbstbeschmutzung" für die
Masturbation ist: die Diffamierung eines natürlichen und
heilsamen Vorgangs. Oder, um es ein wenig auf die Spitze zu
treiben: Wenn afrikanische Menschen heute Hosen tragen
(wahrscheinlich eine Entwicklung asiatischer Reitervölker) und
Autos fahren, warum darf eine europäische Frau dann keine
schwarze Frisur abkupfern? Wer will da überhaupt wo die Grenze
ziehen? Und warum? Warum sollte die Rastafrisur einer jungen
Sängerin etwas anderes sein als ein Zitat, eines, das jeder
versteht zumal. Warum muss man gleich Ausbeutung unterstellen?
Was verdient sie denn daran? Und wem in Jamaica nimmt sie dieses
Geld weg? 

Nein, wir reden hier nicht von der Verschleppung antiker
Kunstwerke in europäische Museen und andere an den bis heute
fortgeführten Kolonialismus gebundene Verbrechen, die jedes
europäische Strafgesetzbuch auch klar als Verbrechen definiert.
Wir reden hier nicht von der Massenproduktion klischeebesetzter
Folkloreware, von der Ausbeutung kultureller Identitäten. Die
gibt es, und die sind widerwärtig. Da muss man nicht mal bis
Jamaica reisen. Wer je auf einer der zahllosen Oktoberfestkopien
war, weiß das. Es geht um Verstehen, Austausch und Lernen. Es
geht um die Vermischung von Identitäten, um der individuellen
Identitätsfindung einen größeren Spielraum zu geben und so
toxischen nationalen Identitäten den Spielraum zu nehmen. Wo der
Einzelne viele Möglichkeiten hat, ist der Zwang geringer, sich
einer nationalen anzuschließen. Gerade heute sollte evident sein,
warum das erstrebenswert ist. FFF Hannover besteht, mutmaße ich,
aus einer Gruppe wohlmeinender, überwiegend weißer und gemessen
an ihrem Alter nicht übermäßig dummer Mittelklassekids. Die
meisten von ihnen werden in wenigen Jahren wissen, was für einen
grandiosen Mist sie da gebaut haben. Einer ihrer Lehrer sollte
ihnen - um den Prozess zu beschleunigen - mal erklären, wo die
Musik herkommt, die sie täglich hören, die Klamotten, die sie
tragen und die Ideale, in deren Namen sie glauben zu sprechen.
Jedenfalls nicht aus Deutschland. 

Und der Rest von uns sollte sich mal daran erinnern, wie
kreuzdämlich man selbst war mit 18 Jahren. Und wieder
abregen. 

(1)
https://www.laweekly.com/the-best-hip-hop-songs-sampling-kraftwerk/?fbclid=IwAR1azdLKuR_zh3ngB-M3dI6X2TjUHrhY79LW2Tb0YQ3qposKdTfX8_PZ6KY

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