Was hat Österreich in der Pandemie falsch gemacht? (Martin Halla)
28 Minuten
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Fast alle Corona-Maßnahmen sind beendet, der Alltag läuft wieder
wie vor der Pandemie. Was noch fehlt, ist eine seriöse Bilanz.
Haben sich die strengen Maßnahmen gelohnt? Wie gut hat Österreich
Corona alles in allem gemeistert? Nicht gut, sagt der Ökonom
Martin Halla, der die Einschränkungen und deren Wirkung in
Österreich, Deutschland, der Schweiz und in Schweden miteinander
verglichen hat. Über die Details der Studie und über seine
persönlichen Eindrücke in den vergangenen drei Jahren erzählt er
im aktuellen Podcast der Agenda Austria.
Strenger und sehr viel teurer, aber im Endeffekt nicht besonders
erfolgreich: So lässt sich die österreichische Coronapolitik für
Martin Halla zusammenfassen. „Das viel kritisierte Schweden mit
seinen lockeren Pandemiemaßnahmen ging aus der Pandemie mit der
geringsten Übersterblichkeit hervor“, sagt der Ökonom. Spitze war
Österreich dafür bei den Kosten: „Für Unternehmensförderungen
haben wir 2020 pro Person fast 1500 Euro ausgegeben. In der
Schweiz waren es 82, in Schweden und Deutschland jeweils rund 500
Euro. Wir sind da also in einer ganz anderen Liga.“
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Zahl der Tage mit
geschlossenen Schulen: „Wir haben die meisten Schließtage, die
Schweiz hatte in meinem Vergleich am wenigsten. In Schweden gab
es einen Unterschied zwischen Unter- und Oberstufe;
Distanzunterricht hatten nur die älteren Kinder. Und selbst in
Deutschland waren die Schulen weniger lange geschlossen als bei
uns.“ Besonders absurd fand Familienvater Halla, wie stark die
Realität von der politischen Erzählung abwich. „Mein Sohn war
eigentlich ständig in der Schule, es wurde nur nicht
unterrichtet, sondern es gab lediglich eine Betreuung. In seiner
Klasse herrschte fast normaler Betrieb.“
Bis heute sei es mitunter sehr schwierig, an belastbare Fakten zu
kommen, sagt der Experte. Und zwar auch dann, wenn es sich nicht
um Details handelt, die vielleicht dem Datenschutz unterliegen
könnten. Noch bevor die unselige Impfpflicht beschlossen wurde,
hatten etwa die Bundesländer Briefe an alle Ungeimpften
verschickt, in denen diesen ein fixer Impftermin mitgeteilt
wurde. Aus Sicht der Politik wäre es doch nicht uninteressant zu
wissen, ob diese simple Maßnahme funktionierte oder nicht, meint
Halla. „Ich versuche gerade mit einem Kollegen von der WU, das zu
evaluieren. Wir bräuchten die Info, welcher Bezirk wann diese
Briefe verschickte und wie viele Menschen sich daraufhin dort
impfen ließen. Leider ist es eine irrsinnig mühsame Kleinarbeit,
diese Information zu bekommen – obwohl wir die Auswertung
natürlich gratis machen würden. Aber da sind wir wieder beim
Thema: Man schaut nicht, ob etwas funktioniert hat oder
nicht.“
Auch wenn die Pandemie jetzt vorbei ist, wirken die Coronajahre
nach, glaubt Halla. „Das Vertrauen in den Staat ist gesunken. Das
war überall so, besonders stark aber in Österreich. Viele
Menschen haben den Glauben an die Politik verloren.“ Auch deshalb
sei es nun wichtig, diese Zeit gründlich aufzuarbeiten.
Martin Halla, 43
Der Oberösterreicher studierte Volkswirtschaftslehre an der
Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. Nach der Promotion war er
Gastwissenschafter an der Stockholm University und an der
University of California in Berkeley. Seit Herbst 2017 leitet er
die Abteilung für Wirtschaftspolitik am Institut für
Volkswirtschaftslehre an der JKU. Halla ist Experte für
angewandte Mikroökonometrie und gut gebuchter Gastautor in
österreichischen Medien. Seine Corona-Untersuchung erschien
erstmals im Magazin „Der Pragmaticus“.
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