Was läuft falsch auf dem Arbeitsmarkt? (Petra Draxl)
34 Minuten
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vor 2 Jahren
Rosemarie Schwaiger spricht mit AMS-Wien-Chefin Petra Draxl
Tausende Unternehmer suchen verzweifelt Personal. Manche Hotels
und Restaurants können nicht aufsperren, weil sie keine
Köchinnen, Rezeptionisten oder Kellner finden. Es fehlt zudem an
Lehrern, Polizisten, Krankenpflegern und sogar an Bademeistern.
Aber es gibt auch eine andere Seite: 300.000 Menschen im Land
sind arbeitslos, ein Drittel schon länger als ein Jahr. Warum
finden Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt oft so schwer
zueinander?
Zum Teil sei einfach die boomende Wirtschaft für den Mangel an
Personal verantwortlich, meint Petra Draxl, Leiterin des
Arbeitsmarktservice Wien. „Wir haben Hochkonjunktur. Allein in
Wien sind derzeit um 50.000 Menschen mehr beschäftigt als 2018,
also vor Corona“, sagt Draxl im Podcast der Agenda Austria. Die
Pandemie habe ebenfalls Spuren hinterlassen. Viele einstige
Arbeitskräfte aus Osteuropa seien in ihren Heimatländern
geblieben und würden jetzt fehlen. Außerdem spüre der
Arbeitsmarkt den demographischen Wandel: Der Anteil der Menschen
im erwerbsfähigen Alter beginne zu sinken.
Umso wichtiger wäre es, das vorhandene Potenzial an
Arbeitskräften auszuschöpfen. Petra Draxl sieht da vor allem zwei
Ansatzpunkte: „Wenn wir wollen, dass die Frauen in Österreich
arbeiten, brauchen wir eine gut funktionierende Kinderbetreuung.
Da müssen wir endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Ganz
Österreich muss dahin kommen, wo Wien schon ist.“
Der zweite wichtige Bereich sei die Lebensarbeitszeit. Es gebe in
Österreich noch immer ein oft unausgesprochenes Agreement
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, dass man sich ab dem
Alter von etwa 50 auf die Pension hin ausrichte, kritisiert
Draxl. „Ich würde mir wünschen, dass wir von den nordeuropäischen
Ländern lernen. In Österreich müssen Ärzte mit 65 Jahren ihre
Stelle in einem Landeskrankenhaus verlassen. Das würde man in
Dänemark oder Schweden nicht verstehen.“
Manche Arbeitgeber müssten erst noch lernen, mit dem Mangel an
Arbeitskräften umzugehen und sich selbst für Jobsuchende
attraktiver machen, meint Draxl. „Menschen wollen einen Sinn in
ihrer Arbeit sehen. Sie wollen wissen, ob sie am Wochenende frei
haben und dass ihre Überstunden bezahlt werden.“
Draxl plädiert aber auch für Änderungen im Sozialsystem, damit
Arbeitslosigkeit nicht zu einem – mitunter recht bequemen –
Dauerzustand werde. Wie die Agenda Austria vor Kurzem berechnete,
lohnt es sich vor allem für Niedrigverdiener oft nicht, einen
Fulltime-Job anzunehmen. Sie steigen mit dem Arbeitslosengeld und
einer geringfügigen Beschäftigung gleich gut aus. Das sei
tatsächlich ein Problem, sagt Petra Draxl: „Geringfügige
Beschäftigung kann eine Chance sein, wieder in den Arbeitsmarkt
einzusteigen. Aber sie kann bei längerer Dauer zu einem Hindernis
werden. Deshalb sind wir für eine Befristung auf sechs Monate.“
In manchen Branchen gebe es auch schlicht zu viele solche
Dienstverhältnisse, meint die Expertin. „Vor allem in der
Gastronomie ist das ein sehr beliebtes Modell. Rund 25 Prozent
aller Mitarbeiter werden geringfügig beschäftigt. Das gehört
dazu, wenn wir über den Arbeitskräftemangel in der Gastronomie
reden. Es gibt die Leute, sie müssten nur mehr Stunden arbeiten.“
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