Lockdown 2.0: Wie kommen wir durch den Winter? (Franz Schellhorn)
24 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
Corona offenbart viel über das Verhältnis der Österreicher zu
Obrigkeit und Eigenverantwortung, sagt Franz Schellhorn: "Jeder
wartet auf Anweisungen von oben." Ein Gespräch über Österreich im
zweiten Lockdown, den Weg nach vorne, Staatshilfen,
Konjunkturpakete und die Frage, ob die Skilifte heuer überhaupt
aufsperren.
Die Corona-Lage eskaliert wieder, das Land ist im zweiten
Lockdown - und Wien wird vom islamistischen Terror heimgesucht.
Der November war bisher ziemlich hart. Und auch wenn es schön
wäre, wirklich gute Nachrichten hat Franz Schellhorn zur dritten
Episode mit Nikolaus Jilch nicht bringen können: "Wir wissen
jetzt deutlich mehr über das Virus und die wirtschaftlichen
Auswirkungen der Pandemie", so Schellhorn: "Und können leider
auch sagen, dass eine rasche und kräftige Erholung immer
unwahrscheinlich wird. Schlimmer noch: Der aktuelle Lockdown ist
wohl nicht der letzte."
Die Krise offenbare viel: "Wir haben gesehen, dass der kollektive
Zusammenhalt nicht so stark ist wie man gedacht hat. Wir sehen
auch, dass es in Österreich nicht so einfach ist,
Eigenverantwortung einzufordern. Wir haben das den Menschen auch
über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte abtrainiert. Jetzt
wartet jeder auf Anordnungen von oben und keiner fragt: Was kann
ich beitragen?" Auch aus Sicht der Wirtschaft sei das "natürlich
wahnsinnig unerfreulich."
Wir müssen uns auf eine Phase einstellen, in der auf gute
Nachrichten wieder Rückschläger folgen und in der wir lernen, mit
dem Virus zu leben. "Man sollte auch der Bevölkerung ganz offen
sagen: Wir wissen nicht, wie lang das dauert. Niemand weiß, wann
es vorbei ist, wann die Krise ihr Ende findet." Es sei deshalb
wichtig, in der nächsten Phase flächendeckend Schnelltests zur
Verfügung zu stellen, wobei auch hier noch unklar ist, wie
verlässlich diese im breiten Einsatz sind. Sollten sie sich als
"sicher" herausstellen, wäre das eine "massive Erleichterung des
Lebens", so Schellhorn. Auch Veranstaltungen wären wieder
möglich.
Die Regierung habe in einigen Bereichen aus dem ersten Lockdown
gelernt - in anderen aber leider nicht. Dass man es diesmal
sanfter angehe als im März, sei positiv für das Wirtschaftsleben.
Auch die Hilfen scheinen gut gemeint, aber die Umsetzung sei
weiterhin ein großes Fragezeichen, so Schellhorn. Die
Treffsicherheit lasse sich sowieso erst im Nachhinein
feststellen.
Wo Schellhorn aber ein eindeutiges Problem sieht: "Wir geben uns
immer noch viel zu leicht mit dem Staat zufrieden. Wir sehen
jetzt schon, dass er in der Krise auch große Schwächen hat, vor
allem auf den Verwaltungsebenen. Die Strukturen sind sehr
verworren, sehr unflexibel. Jeder pocht auf seine wohlerworbenen
Rechte, auf die es auch einen Anspruch gibt, rein gesetzlich.
Aber das hilft in der Krise nicht weiter. Es gibt eine
Möglichkeit, einen eigenen Beitrag zu leisten. Man muss möglichst
vorsichtig ist. Dass man auch akzeptiert, dass es eine harte Zeit
ist. Je mehr man sich selbst zurücknimmt, desto schneller werden
wir die harte Zeit überwinden können."
Zur Person: Dr. Franz Schellhorn leitet seit Februar 2013
den in Wien ansässigen Think Tank Agenda Austria, der sich mit
relevanten wirtschaftspolitischen Fragen beschäftigt. Franz
Schellhorn studierte Handelswissenschaften an der
Wirtschaftsuniversität Wien, das er 1997 abgeschlossen hat. Vor
seinem Studium absolvierte er eine Bankausbildung bei der
Creditanstalt in Wien und in Salzburg, kehrte aber nach der
Hochschule nicht in die Finanzwirtschaft zurück, sondern heuerte
bei der Tageszeitung „Die Presse“ an, für die er 15 Jahre lange
arbeiten sollte. Von 2004 bis 2013 leitete Franz Schellhorn das
Wirtschaftsressort der „Presse“, ab dem Jahr 2011 fungierte er
zudem als Mitglied der Chefredaktion. Während seiner Tätigkeit
bei der „Presse“ schloss Franz Schellhorn im Jahr 2004 sein
Doktoratsstudium ab.
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