Filter Clash. Die große Gereiztheit der vernetzten Welt

Filter Clash. Die große Gereiztheit der vernetzten Welt

Was prägt das Kommunikationsklima der vernetzten Welt? Die Kernthese: Wir leiden nicht unter der Filter Bubble und der algorithmischen Personalisierung, sondern unter dem Filter Clash, dem Aufeinanderprallen höchst unterschiedlicher Wahrnehmungen und Welt
28 Minuten

Beschreibung

vor 6 Jahren
Bernhard Pörksen Präsentiert wird eine neuartige Theorie des
Stimmungswandels in der digitalen Gesellschaft, die ich auf der
Republica 2018 gerne ein erstes Mal vorstellen möchte.
Ausgangspunkt ist eine doppelte Einsicht: Zum einen ist es eine
alltägliche Erfahrung, dass unter vernetzten Bedingungen
unterschiedliche Varianten der Weltwahrnehmung aufeinander prallen.
Die Filtersysteme eines Menschen lassen sich leicht aufbrechen –
ein Link und ein einziger Klick genügen; man vermag sich eben
gerade nicht (schon gar nicht im Falle von Extremereignissen wie
Attentaten oder Anschlägen) gegen unerwünschte Informationen
abzuschotten. (Netzwerktheoretiker sprechen hier von negativer
Filtersouveränität, die es nicht gibt). Zum anderen haben diverse
Untersuchungen gezeigt, dass die Theorie der Filter Bubble (Elli
Pariser) und das Gefahrenszenario einer Gesellschaft, die in
isolierte, unverbundene Echoräume zerfällt, nicht zutrifft, weil
sich die Kommunikation in digitalen Netzwerken als sehr viel
heterogener erweist. Es gilt: Je mehr Kontakte eine Person hat,
desto wahrscheinlicher ist, dass sie mit Informationen konfrontiert
wird, die nicht ihren Interessen entsprechen. Auf der Basis dieser
doppelten Einsicht (Alltagserfahrung plus Netzwerktheorie)
zeige ich mal anekdotisch, mal analytisch: Es wird in nie
gekannter Geschwindigkeit möglich, gerade noch bestehende
Informations- und Filterblasen aufzusprengen. Harmloses und
Tragisches, obszöner Reichtum und bittere Armut, totale Banalität
und Live-Dokumentationen des Bestialischen – alles ist gleichzeitig
sichtbar. Die allmähliche Durchdringung des Alltags und des
öffentlichen Raumes durch digital vernetzte Medien, die
Leichtigkeit des Zugangs und unsere eigene Mediennutzung (always
on) programmieren den Filter Clash. Die Folge ist, dass eine Art
„information rage“ entsteht: Verstörung und Verunsicherung, Wut und
Gereiztheit, die sich aus dem Aufeinanderprallen höchst
unterschiedlicher Wahrnehmungen und Weltbilder ergeben.

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