Episode 74 - Erst der Abbruch, dann die Einigung
Markus Anfang wechselt vom SV Darmstadt 98 zu Werder Bremen - Was
Du von dem Trainerwechsel für deine Verhandlungen lernen kannst.
14 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
In meiner Sport Bubble laufen gerade wieder Verhandlungen an allen
Ecken und Kanten – einige davon konzentrieren sich auf
Personalentscheidungen. Was Du von den Verhandlungen rund um die
Verpflichtung von Markus Anfang für deine Verhandlungen mitnehmen
kannst, das hörst Du jetzt - in dieser Episode des PRM Podcast
Besser verhandeln. Wenn Sport bzw. Fussball nicht so deins
ist, dann hoffe ich, dass Du dennoch hier mitkommen kannst und ich
nicht zu sehr dem Nerd-Talk also der Fachsimpelei verfalle. Ich
werde mich bemühen. Kurzer Background: Der SV Werder Bremen
ist ein Fussballverein, der in dieser Saison in die 2. Bundesliga
abgestiegen ist. Ich finde das schade, da ich mit Werder viele gute
Erinnerungen verbinde. Das Saisonfinale 94/95, das letzte
Saisonspiel 2001, als Ewerthon uns zum Meister geschossen hat. Die
Spiele im Westfalenstadion gegen Bremen, bei denen ich dabei war,
waren immer packend. Im April 2016, Aubameyang macht das 1:0, dann
2:1 für Bremen, dann Shinji KAGAWA und knapp 10 min vor Schluss
Adrian Ramos. Mein Gott sind wir auf der Süd ausgerastet. Mit
Spielern wie Marco Bode, Mario Basler, Kiwi Rufer, bin ich
aufgewachsen. Johan Micoud, Frank Baumann, Ivan Klasnic – Rehhagel,
Thomas Schaaf – alles Typen, die ich mit einer guten, einer coolen
Zeit verbinde. Genug der Fussball-Romantik. Fakt ist, Bremen hat
sich in dieser Saison erstmal aus der Bundesliga verabschiedet und
wie es oftmals in einer solchen Situation üblich ist, wird nun
Personal gewechselt. Der Trainer ist ja bekanntlich immer eine der
ersten Personalien, die in solchen Fällen genauer angeschaut
werden. Florian Kohfeld wurde noch während der Saison beurlaubt,
Thomas Schaaf übernahm interimistisch und heute meldet die Quelle,
auf die ich mich in dieser Episode ausschließlich beziehen werde,
dass Markus Anfang neuer Trainer der Profis des SV Werder Bremen
ist. Nun habe ich mir gerade diesen Fall rausgesucht, da es hier
eine Besonderheit gibt, die z.B. auch in den Verhandlungen zwischen
der Schweiz und der EU genutzt wird. In chronologischer
Reihenfolge: Am 28.05 schreibt der Kicker «Drei Favoriten: Werder
will neuen Trainer «in den nächsten Tagen» präsentieren.» -
klassische Überschrift. Das interessante an dem Artikel ist in
meinen Augen die Passage, in der Frank Baumann (der Sportchef von
Werder Bremen) über den Recrutierungsprozess spricht. Er wird wie
folgt zitiert: «Wir holen uns Referenzen ein, sprechen mit
ehemaligen Mitarbeitern, Spielern und Vorgesetzten. Auch ein
Sportpsychologe nimmt die Kandidaten unter die Lupe. Mit einem
Kommunikationsexperten analysieren wir, wie der Trainer auch in der
Öffentlichkeit wirkt",“ Im Recruiting-Prozess für eine
medial-wirksame Funktion ist bzw. sollte diese professionelle
Vorgehensweise Standard sein. Für deine Verhandlungen kannst Du
daraus folgenden Mehrwert ziehen: Sammle Informationen, erstelle
ggfs. ein Profil des Verhandlungsgegenstands (Sry, ich weiß, in dem
Beispiel geht es um Menschen, die sind NATÜRLICH NICHT als
Verhandlungsgegenstand anzusehen.) doch wenn Du dich daran störst,
dann bedenke bitte, dass hier auch Menschen zuhören, die physische
Produkte und Dienstleistungen verhandeln – und da passt die Vokabel
dann wieder Deal? Es werden neben Standard-Informationen auch
Eindrücke gesammelt. Da alle Kandidaten diesen Checks unterzogen
werden, schafft Werder sich hier «Alternativen», die in
Verhandlungen sehr wertvoll sind. Dann, am 31.05.21 um 09:49 –
kurze Meldung: «Anfang ist Werders Wunschlösung.» - Die
Wunschlösung wird offen kommuniziert, die öffentliche Komponente
wird einbezogen. Anfang als Wunschlösung zu bezeichnen, ist aus
verhandlungstechnischer Sicht nicht clever, wenn wir auf die
Verhandlungen mit Darmstadt schauen. Zwar wird von 3 Optionen
gesprochen, dennoch gibt Werder so eine Information raus, die
Darmstadt – der Verhandlungspartner und «abgebende Verein» für sich
nutzen kann. Schauen wir auf die parallel-laufenden Verhandlungen
mit Anfang bzw. seiner Seite, dann ist diese Aussage taktisch
clever platziert. Baumann wird zudem mit «bis Mittwoch soll
in dieser wichtigen Personalie Klarheit herrschen» zitiert. Er baut
Zeitdruck auf. Ein zweischneidiges Schwert, denn zum einen
vermittelt er «bis zum Zeitpunkt X sind wir verhandlungsbereit» zum
anderen lautet die Botschaft «es ist unser Ziel bis dahin ein
positives Ergebnis zu erzielen». Ein probates Mittel, wenn Du
dieses Spiel beherrschst. «Werder wäre zwar grundsätzlich bereit,
eine Ablöse zu zahlen» (sehr gut – verhandlungsbereitschaft
signalisieren!) allerdings nur in überschaubarer Höhe» - auch gut,
eingrenzen. «Eine Millionen wird das definitv nicht sein» das
ist in diesem ein Fehler! Ich spekuliere mal, dass Darmstadt eine
Millionen gefordert hat – somit widerholt er den Anker der
Gegenseite. Die Millionen ist nun «geframt» also auf dem Tisch. Die
Aussage «überschaubare Höhe» war schon sehr gut. Dabei hätte es
belassen werden sollen. Am gleichen Tag um 18:57 «Werder
erzielt Einigung mit Anfang – Knackpunkt Ablöse» In anderen
Wirtschaftszweigen würde eine ähnliche Meldung «Fachabteilung ist
sich mit mit dem Lieferanten einig, Knackpunkt «Einkaufspreis»
lauten. Das könnte Dir bekannt vorkommen. Hier ist es wichtig,
frühzeitig alle entscheidenden Stellen mit einzubeziehen. Wenn du
also im Vertrieb aktiv bist, dann beziehe den Einkauf frühzeitig
mit in die Verhandlungen bzw. den Verkaufsprozess ein. Höre dazu
gerne nochmal in das Interview mit Frank Poggendorff aus der ersten
Staffel an. Er liefert spannende Impulse für diese Art der
Verhandlungen. In diesem Artikel wird der Schwarze Peter nun
Darmstadt zugeschoben – zumindest könnte das böswillig zwischen den
Zeilen herausgelesen werden. «Wir sind uns einig, nur liegt es am
abgebenden Verein» Auch die Wortwahl im Artikel zeigt, welche Seite
den Verfasser beeinflusst: «Die Bremer sind nicht bereit, mehr als
eine moderate sechsstellige Summe für ihren neuen Coach an einen
abgebenden Verein zu überweisen» Sehr gut übrigens: «moderate
sechsstellige Summe» die Millionen aus dem anderen Artikel ist
somit erstmal vom Tisch. «Noch reicht den Hessen das Werder-Angebot
jedoch nicht aus». Dieser Satz ist in meiner Wahrnehmung ein
Fingerzeig à là: wir wollen ja, nur die wollen eben nicht… Fast 4
Stunden später: «Trotz Einigung von Werder und Trainer – Wechsel
von Anfang zu Werder Bremen vorerst geplatzt» Diese Meldung allein
liefert schon genug Punkte, für eine einzelne Episode: Erster Satz
«Die Hanseaten hätten eine «absolut marktgerechte Forderung» des SV
Darmstadt 98 nicht akzeptiert und nun doch von einer Verpflichtung
des Trainers Abstand genommen.» Im Klartext: Werder hat die
Verhandlungen abgebrochen, da Darmstadt zu viel gefordert hat. Hier
wäre eine Aussage wie z.B: «wir verlangen keine Millionen, sondern
lediglich eine marktgerechte Ablöse» besser für Darmstadt gewesen.
Als ich die Vertragsverlängerung von Manuel Neuer analysiert habe,
hat er das sehr gut gemacht als er die 5 Jahre Vertragslaufzeit in
seinem Dementi nochmal ankerte „Mir ist doch völlig klar, dass es
utopisch ist, den Verein auf einen Fünfjahresvertrag, wie er
angeblich im Raum steht, festzunageln.“ Das, was weiter beschrieben
wird, ist der klassische Abbruch, die Sackgasse in der Verhandlung.
Wenn eine Seite nicht darauf vorbereitet ist, dann kann das
irritierend wirken. Das Wort «vorerst» in der Schlagzeile ist in
diesem Fall extrem gut gewählt. «Schließlich wollen die doch kaufen
und wir sind uns doch auch schon einig. Und jetzt machen die einen
Rückzieher?» So lauten Aussagen meiner Kunden, die in eine solche
Situation geraten. Die Schilderung der Vorgehensweise
(offensichtlich vor vollendete Tatsachen gestellt) könnte dem ein
oder anderen unter euch vielleicht auch bekannt vorkommen. Die
Fachabteilung und der Lieferant sind sich einig – dann wird mit dem
Einkauf verhandelt, es eskaliert und der Lieferant zieht sein
Angebot zurück. Und nun ist kommt die Frage, weshalb wird nicht
VERKAUFT? In anderen Branchen könnte es zudem gut sein, dass dein
Chef, sofern Du im Vertrieb tätig bist, fragt, weshalb dieser
«sichere Deal, denn mit der Fachabteilung bist Du ja schließlich
einig» noch nicht abgewickelt ist: Wenn dann deine Antwort «Weil
die nur 200.000 zahlen wollten und das zudem in Raten» lautet hast
Du deren Anker wiederholt und die Taktik der Gegenseite geht auf.
Wenn deine Seite dass dann auch noch als «Frechheit» aufgreift,
dann hat der Anker seine ganze Kraft entfaltet. Die Emotionen
wurden geweckt und diese Seite läuft Gefahr, sich von diesen leiten
zu lassen. Ein Forced-Error! Zudem gilt es jetzt erstmal die
200.000 sowie die Ratenzahlung vom Tisch zu bekommen. Nice
Move Werder, zumindest, laut der Berichterstattung. Kleine
Randnotiz: In anderen Branchen lauert in einer solchen Situation
noch die Gefahr, dass zur nächsten Verhandlungsrunde die
Vertriebsleitung oder wer auch immer die nächst höhere Instanz ist,
mitkommt «um es denen zu zeigen» oder «um den Deal einzutüten». Das
wäre ein kapitaler Fehler! Heute, am 01.06.21 dann die
Meldung: Jetzt doch: Anfang wird Trainer in Bremen» «…nachdem
Darmstadt das erste Bremer Angebot noch abgelehnt hatte und der
Wechsel zu platzen drohte. Werder hat sich mit dem SV Darmstadt…
auf eine Ablöse im sechsstelligen Bereich geeinigt» ist dort zu
lesen. Desweiteren wird Carsten Wehlmann, der sportliche Leiter von
Darmstadt mit den Worten «Zwar hätten wir gerne weiterhin mit
Markus Anfang zusammengearbeitet, doch wir haben uns dazu
entschieden, seinem ausdrücklichen Wechselwunsch zu entsprechen,
wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden“ zitiert. Gute
Rhetorik, Herr Wehlmann. Also: Nachdem Werder die Verhandlungen
abgebrochen hat, wurde sich knapp 2 Tage später dann doch geeinigt.
„Bestimmte Voraussetzungen“ wurden erfüllt heißt es. Darmstadt war
erst irritiert, jetzt zufrieden. So zumindest die mediale
Darstellung. Über die Rahmenbedingungen ist nicht viel
bekannt und leider auch nicht, wer nach dem Abbruch wieder den
Kontakt gesucht hat. Das darüber nichts bekannt wird, ist auch gut
so! Und das Ergebnis erscheint wie eine Lösung, die alle Parteien
zufrieden stellt. Und auch das ist ein sehr gutes, und wertvolles
Learning für deine Verhandlungen: Am Ende sollten alle Seiten wie
Sieger aussehen und sich mit dem Ergebnis wohl fühlen. Die
Aussagen im Kommentar zur Anfang-Verpflichtung „Im zweiten Anlauf:
Werder bekommt gerade noch die Kurve“, zeigen schön auf, wie
unterschiedlich die Sichtweisen auf Situationen sein können. „Und
dann holte sich Werder noch eine ziemlich blutige Nase bei den
Ablöseverhandlungen der Anfang-Verpflichtung ab; eine erste
unzureichende Offerte hatten die Darmstädter rigoros
zurückgewiesen.“ Etwas weiter wird noch von „in einem zweiten
(Ablöse-)Anlauf“ gesprochen. Ich sehe die Verhandlung zwischen
Werder und Darmstadt anhand dieser Berichterstattung etwas anders.
Hier haben zwei Unternehmen auf Augenhöhe miteinander verhandelt.
Werder hat professionelle taktische Mittel der Verhandlungsführung
genutzt und schlussendlich ein Minimalziel „Die Verpflichtung von
Markus Anfang vor Mittwoch“ erreicht. Über die Vorgehensweise
Darmstadts wird, Leider aus meiner, zum Glück aus Darmstadts Sicht,
nicht so viel bekannt. Auch das zeugt von Professionalität, denn
nicht alles gehört medial ausgeschlachtet. Zusammengefasst:
Sammle Informationen und erstelle ggfs. Profile über den
Verhandlungsgegenstand Schaffe Dir Alternativen Wäge die
Konsequenzen deiner Aussagen ab, denn diese zahlen meist auf
mehrere Konten ein. Verhandlungsbereitschaft stets betonen Grenzen
setzen & gleichzeitig ankern – bitte positiv, und Zahlen nur
wiederholen, wenn diese zu deinen Gunsten sind. Anker der
Gegenseite als solcher erkennen und maximal zusammengefasst wieder-
oder weitergeben Steuere die Informationen und spiele diese über
dritte, vermeintlich unabhängige Parteien, um deine Position zu
stärken. Bsp. Presse; Social Media. Durch einen taktischen Abbruch
kannst Du Druck ausüben und Grenzen aufzeigen Am Ende sollten alle
Seiten wie Sieger aussehen und sich mit dem Ergebnis wohl fühlen.
Und zu guter letzt noch ein ein Zitat von Markus Anfang,
welches in dieser Berichterstattung hervorgehoben auftaucht: „Es
darf niemand denken, dass es einfach wird“. Wenn Du jetzt
auch nur einen dieser Punkte mit in deine nächste Verhandlung
einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit: BESSER VERHANDELN. Gefällt
Dir was Du hier hörst oder hat es Dir vielleicht sogar schon
weitergeholfen? Dann empfehle meinen Podcast doch deinen Freunden
und Bekannten, damit auch diese von den Tipps meiner Gäste sowie
von meinen Tipps profitieren. Und falls Du diesen Podcast noch
nicht abonniert hast – dann wird es jetzt höchste Zeit Ich
wünsch dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen. Besten Gruß
& bleib gesund Links Andreas Schrader
Ecken und Kanten – einige davon konzentrieren sich auf
Personalentscheidungen. Was Du von den Verhandlungen rund um die
Verpflichtung von Markus Anfang für deine Verhandlungen mitnehmen
kannst, das hörst Du jetzt - in dieser Episode des PRM Podcast
Besser verhandeln. Wenn Sport bzw. Fussball nicht so deins
ist, dann hoffe ich, dass Du dennoch hier mitkommen kannst und ich
nicht zu sehr dem Nerd-Talk also der Fachsimpelei verfalle. Ich
werde mich bemühen. Kurzer Background: Der SV Werder Bremen
ist ein Fussballverein, der in dieser Saison in die 2. Bundesliga
abgestiegen ist. Ich finde das schade, da ich mit Werder viele gute
Erinnerungen verbinde. Das Saisonfinale 94/95, das letzte
Saisonspiel 2001, als Ewerthon uns zum Meister geschossen hat. Die
Spiele im Westfalenstadion gegen Bremen, bei denen ich dabei war,
waren immer packend. Im April 2016, Aubameyang macht das 1:0, dann
2:1 für Bremen, dann Shinji KAGAWA und knapp 10 min vor Schluss
Adrian Ramos. Mein Gott sind wir auf der Süd ausgerastet. Mit
Spielern wie Marco Bode, Mario Basler, Kiwi Rufer, bin ich
aufgewachsen. Johan Micoud, Frank Baumann, Ivan Klasnic – Rehhagel,
Thomas Schaaf – alles Typen, die ich mit einer guten, einer coolen
Zeit verbinde. Genug der Fussball-Romantik. Fakt ist, Bremen hat
sich in dieser Saison erstmal aus der Bundesliga verabschiedet und
wie es oftmals in einer solchen Situation üblich ist, wird nun
Personal gewechselt. Der Trainer ist ja bekanntlich immer eine der
ersten Personalien, die in solchen Fällen genauer angeschaut
werden. Florian Kohfeld wurde noch während der Saison beurlaubt,
Thomas Schaaf übernahm interimistisch und heute meldet die Quelle,
auf die ich mich in dieser Episode ausschließlich beziehen werde,
dass Markus Anfang neuer Trainer der Profis des SV Werder Bremen
ist. Nun habe ich mir gerade diesen Fall rausgesucht, da es hier
eine Besonderheit gibt, die z.B. auch in den Verhandlungen zwischen
der Schweiz und der EU genutzt wird. In chronologischer
Reihenfolge: Am 28.05 schreibt der Kicker «Drei Favoriten: Werder
will neuen Trainer «in den nächsten Tagen» präsentieren.» -
klassische Überschrift. Das interessante an dem Artikel ist in
meinen Augen die Passage, in der Frank Baumann (der Sportchef von
Werder Bremen) über den Recrutierungsprozess spricht. Er wird wie
folgt zitiert: «Wir holen uns Referenzen ein, sprechen mit
ehemaligen Mitarbeitern, Spielern und Vorgesetzten. Auch ein
Sportpsychologe nimmt die Kandidaten unter die Lupe. Mit einem
Kommunikationsexperten analysieren wir, wie der Trainer auch in der
Öffentlichkeit wirkt",“ Im Recruiting-Prozess für eine
medial-wirksame Funktion ist bzw. sollte diese professionelle
Vorgehensweise Standard sein. Für deine Verhandlungen kannst Du
daraus folgenden Mehrwert ziehen: Sammle Informationen, erstelle
ggfs. ein Profil des Verhandlungsgegenstands (Sry, ich weiß, in dem
Beispiel geht es um Menschen, die sind NATÜRLICH NICHT als
Verhandlungsgegenstand anzusehen.) doch wenn Du dich daran störst,
dann bedenke bitte, dass hier auch Menschen zuhören, die physische
Produkte und Dienstleistungen verhandeln – und da passt die Vokabel
dann wieder Deal? Es werden neben Standard-Informationen auch
Eindrücke gesammelt. Da alle Kandidaten diesen Checks unterzogen
werden, schafft Werder sich hier «Alternativen», die in
Verhandlungen sehr wertvoll sind. Dann, am 31.05.21 um 09:49 –
kurze Meldung: «Anfang ist Werders Wunschlösung.» - Die
Wunschlösung wird offen kommuniziert, die öffentliche Komponente
wird einbezogen. Anfang als Wunschlösung zu bezeichnen, ist aus
verhandlungstechnischer Sicht nicht clever, wenn wir auf die
Verhandlungen mit Darmstadt schauen. Zwar wird von 3 Optionen
gesprochen, dennoch gibt Werder so eine Information raus, die
Darmstadt – der Verhandlungspartner und «abgebende Verein» für sich
nutzen kann. Schauen wir auf die parallel-laufenden Verhandlungen
mit Anfang bzw. seiner Seite, dann ist diese Aussage taktisch
clever platziert. Baumann wird zudem mit «bis Mittwoch soll
in dieser wichtigen Personalie Klarheit herrschen» zitiert. Er baut
Zeitdruck auf. Ein zweischneidiges Schwert, denn zum einen
vermittelt er «bis zum Zeitpunkt X sind wir verhandlungsbereit» zum
anderen lautet die Botschaft «es ist unser Ziel bis dahin ein
positives Ergebnis zu erzielen». Ein probates Mittel, wenn Du
dieses Spiel beherrschst. «Werder wäre zwar grundsätzlich bereit,
eine Ablöse zu zahlen» (sehr gut – verhandlungsbereitschaft
signalisieren!) allerdings nur in überschaubarer Höhe» - auch gut,
eingrenzen. «Eine Millionen wird das definitv nicht sein» das
ist in diesem ein Fehler! Ich spekuliere mal, dass Darmstadt eine
Millionen gefordert hat – somit widerholt er den Anker der
Gegenseite. Die Millionen ist nun «geframt» also auf dem Tisch. Die
Aussage «überschaubare Höhe» war schon sehr gut. Dabei hätte es
belassen werden sollen. Am gleichen Tag um 18:57 «Werder
erzielt Einigung mit Anfang – Knackpunkt Ablöse» In anderen
Wirtschaftszweigen würde eine ähnliche Meldung «Fachabteilung ist
sich mit mit dem Lieferanten einig, Knackpunkt «Einkaufspreis»
lauten. Das könnte Dir bekannt vorkommen. Hier ist es wichtig,
frühzeitig alle entscheidenden Stellen mit einzubeziehen. Wenn du
also im Vertrieb aktiv bist, dann beziehe den Einkauf frühzeitig
mit in die Verhandlungen bzw. den Verkaufsprozess ein. Höre dazu
gerne nochmal in das Interview mit Frank Poggendorff aus der ersten
Staffel an. Er liefert spannende Impulse für diese Art der
Verhandlungen. In diesem Artikel wird der Schwarze Peter nun
Darmstadt zugeschoben – zumindest könnte das böswillig zwischen den
Zeilen herausgelesen werden. «Wir sind uns einig, nur liegt es am
abgebenden Verein» Auch die Wortwahl im Artikel zeigt, welche Seite
den Verfasser beeinflusst: «Die Bremer sind nicht bereit, mehr als
eine moderate sechsstellige Summe für ihren neuen Coach an einen
abgebenden Verein zu überweisen» Sehr gut übrigens: «moderate
sechsstellige Summe» die Millionen aus dem anderen Artikel ist
somit erstmal vom Tisch. «Noch reicht den Hessen das Werder-Angebot
jedoch nicht aus». Dieser Satz ist in meiner Wahrnehmung ein
Fingerzeig à là: wir wollen ja, nur die wollen eben nicht… Fast 4
Stunden später: «Trotz Einigung von Werder und Trainer – Wechsel
von Anfang zu Werder Bremen vorerst geplatzt» Diese Meldung allein
liefert schon genug Punkte, für eine einzelne Episode: Erster Satz
«Die Hanseaten hätten eine «absolut marktgerechte Forderung» des SV
Darmstadt 98 nicht akzeptiert und nun doch von einer Verpflichtung
des Trainers Abstand genommen.» Im Klartext: Werder hat die
Verhandlungen abgebrochen, da Darmstadt zu viel gefordert hat. Hier
wäre eine Aussage wie z.B: «wir verlangen keine Millionen, sondern
lediglich eine marktgerechte Ablöse» besser für Darmstadt gewesen.
Als ich die Vertragsverlängerung von Manuel Neuer analysiert habe,
hat er das sehr gut gemacht als er die 5 Jahre Vertragslaufzeit in
seinem Dementi nochmal ankerte „Mir ist doch völlig klar, dass es
utopisch ist, den Verein auf einen Fünfjahresvertrag, wie er
angeblich im Raum steht, festzunageln.“ Das, was weiter beschrieben
wird, ist der klassische Abbruch, die Sackgasse in der Verhandlung.
Wenn eine Seite nicht darauf vorbereitet ist, dann kann das
irritierend wirken. Das Wort «vorerst» in der Schlagzeile ist in
diesem Fall extrem gut gewählt. «Schließlich wollen die doch kaufen
und wir sind uns doch auch schon einig. Und jetzt machen die einen
Rückzieher?» So lauten Aussagen meiner Kunden, die in eine solche
Situation geraten. Die Schilderung der Vorgehensweise
(offensichtlich vor vollendete Tatsachen gestellt) könnte dem ein
oder anderen unter euch vielleicht auch bekannt vorkommen. Die
Fachabteilung und der Lieferant sind sich einig – dann wird mit dem
Einkauf verhandelt, es eskaliert und der Lieferant zieht sein
Angebot zurück. Und nun ist kommt die Frage, weshalb wird nicht
VERKAUFT? In anderen Branchen könnte es zudem gut sein, dass dein
Chef, sofern Du im Vertrieb tätig bist, fragt, weshalb dieser
«sichere Deal, denn mit der Fachabteilung bist Du ja schließlich
einig» noch nicht abgewickelt ist: Wenn dann deine Antwort «Weil
die nur 200.000 zahlen wollten und das zudem in Raten» lautet hast
Du deren Anker wiederholt und die Taktik der Gegenseite geht auf.
Wenn deine Seite dass dann auch noch als «Frechheit» aufgreift,
dann hat der Anker seine ganze Kraft entfaltet. Die Emotionen
wurden geweckt und diese Seite läuft Gefahr, sich von diesen leiten
zu lassen. Ein Forced-Error! Zudem gilt es jetzt erstmal die
200.000 sowie die Ratenzahlung vom Tisch zu bekommen. Nice
Move Werder, zumindest, laut der Berichterstattung. Kleine
Randnotiz: In anderen Branchen lauert in einer solchen Situation
noch die Gefahr, dass zur nächsten Verhandlungsrunde die
Vertriebsleitung oder wer auch immer die nächst höhere Instanz ist,
mitkommt «um es denen zu zeigen» oder «um den Deal einzutüten». Das
wäre ein kapitaler Fehler! Heute, am 01.06.21 dann die
Meldung: Jetzt doch: Anfang wird Trainer in Bremen» «…nachdem
Darmstadt das erste Bremer Angebot noch abgelehnt hatte und der
Wechsel zu platzen drohte. Werder hat sich mit dem SV Darmstadt…
auf eine Ablöse im sechsstelligen Bereich geeinigt» ist dort zu
lesen. Desweiteren wird Carsten Wehlmann, der sportliche Leiter von
Darmstadt mit den Worten «Zwar hätten wir gerne weiterhin mit
Markus Anfang zusammengearbeitet, doch wir haben uns dazu
entschieden, seinem ausdrücklichen Wechselwunsch zu entsprechen,
wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden“ zitiert. Gute
Rhetorik, Herr Wehlmann. Also: Nachdem Werder die Verhandlungen
abgebrochen hat, wurde sich knapp 2 Tage später dann doch geeinigt.
„Bestimmte Voraussetzungen“ wurden erfüllt heißt es. Darmstadt war
erst irritiert, jetzt zufrieden. So zumindest die mediale
Darstellung. Über die Rahmenbedingungen ist nicht viel
bekannt und leider auch nicht, wer nach dem Abbruch wieder den
Kontakt gesucht hat. Das darüber nichts bekannt wird, ist auch gut
so! Und das Ergebnis erscheint wie eine Lösung, die alle Parteien
zufrieden stellt. Und auch das ist ein sehr gutes, und wertvolles
Learning für deine Verhandlungen: Am Ende sollten alle Seiten wie
Sieger aussehen und sich mit dem Ergebnis wohl fühlen. Die
Aussagen im Kommentar zur Anfang-Verpflichtung „Im zweiten Anlauf:
Werder bekommt gerade noch die Kurve“, zeigen schön auf, wie
unterschiedlich die Sichtweisen auf Situationen sein können. „Und
dann holte sich Werder noch eine ziemlich blutige Nase bei den
Ablöseverhandlungen der Anfang-Verpflichtung ab; eine erste
unzureichende Offerte hatten die Darmstädter rigoros
zurückgewiesen.“ Etwas weiter wird noch von „in einem zweiten
(Ablöse-)Anlauf“ gesprochen. Ich sehe die Verhandlung zwischen
Werder und Darmstadt anhand dieser Berichterstattung etwas anders.
Hier haben zwei Unternehmen auf Augenhöhe miteinander verhandelt.
Werder hat professionelle taktische Mittel der Verhandlungsführung
genutzt und schlussendlich ein Minimalziel „Die Verpflichtung von
Markus Anfang vor Mittwoch“ erreicht. Über die Vorgehensweise
Darmstadts wird, Leider aus meiner, zum Glück aus Darmstadts Sicht,
nicht so viel bekannt. Auch das zeugt von Professionalität, denn
nicht alles gehört medial ausgeschlachtet. Zusammengefasst:
Sammle Informationen und erstelle ggfs. Profile über den
Verhandlungsgegenstand Schaffe Dir Alternativen Wäge die
Konsequenzen deiner Aussagen ab, denn diese zahlen meist auf
mehrere Konten ein. Verhandlungsbereitschaft stets betonen Grenzen
setzen & gleichzeitig ankern – bitte positiv, und Zahlen nur
wiederholen, wenn diese zu deinen Gunsten sind. Anker der
Gegenseite als solcher erkennen und maximal zusammengefasst wieder-
oder weitergeben Steuere die Informationen und spiele diese über
dritte, vermeintlich unabhängige Parteien, um deine Position zu
stärken. Bsp. Presse; Social Media. Durch einen taktischen Abbruch
kannst Du Druck ausüben und Grenzen aufzeigen Am Ende sollten alle
Seiten wie Sieger aussehen und sich mit dem Ergebnis wohl fühlen.
Und zu guter letzt noch ein ein Zitat von Markus Anfang,
welches in dieser Berichterstattung hervorgehoben auftaucht: „Es
darf niemand denken, dass es einfach wird“. Wenn Du jetzt
auch nur einen dieser Punkte mit in deine nächste Verhandlung
einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit: BESSER VERHANDELN. Gefällt
Dir was Du hier hörst oder hat es Dir vielleicht sogar schon
weitergeholfen? Dann empfehle meinen Podcast doch deinen Freunden
und Bekannten, damit auch diese von den Tipps meiner Gäste sowie
von meinen Tipps profitieren. Und falls Du diesen Podcast noch
nicht abonniert hast – dann wird es jetzt höchste Zeit Ich
wünsch dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen. Besten Gruß
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