Annabelle Fürstenau

Annabelle Fürstenau

Blütenlese
49 Minuten

Beschreibung

vor 11 Jahren

Blumen stehen für Schönheit und Vollkommenheit, versinnbildlichen
aber ebenso Vergänglichkeit und Tod. Seit Beginn der Fotografie
wurden blühende Pflanzen in ihrer vergänglichen Schönheit
abgelichtet. Karl Blossfeldt, Irving Penn, Edward Weston, Robert
Mapplethorpe kommen uns in den Sinn, wenn wir an fotografische
Abbildungen von Blumen denken. Ornamentales, Graphisches,
Abstraktes, Erotisches entdecken wir in ihren Bildern.


Annabelle Fürstenau erweitert das Spektrum der Pflanzenfotografie
um eine zunächst typologisch, fast botanisch-wissenschaftlich
anmutende Facette. Für ihre Fotografien bricht sie die
vollkommene Schönheit unversehrter Blütenstände, zerlegt sie in
ihre einzelnen Bestandteile und ordnet diese neu an. Immer
gleiche Teile werden zueinander sortiert, es entstehen
Anordnungen von Wiederholungen und Varianten aus dem
„Zeichensatz“ je einer Pflanze. Doch diese Ordnung besteht nur
für kurze Zeit: eine falsche Bewegung während der Arbeit, ein
heftiger Atemzug und aus der fragilen Ordnung entsteht Chaos. Und
schon kurze Zeit nach der Aufnahme welken die Pflanzenteile und
das Bild wandelt sich erneut.


Die Fotografie bewahrt das Bild der von der Künstlerin
erarbeiteten temporären Ordnung und jenes der unversehrten
frischen Pflanzenteile. Nur hie und da schleicht sich die
Vergänglichkeit gleich einem Kommentar ins Bild: ein welkes
Blatt, eine braune Stelle in der sonst makellosen Schönheit, ein
Teil, das „aus der Reihe tanzt“ oder sich anders krümmt als die
nebenliegenden Teile es tun.


Die Ästhetik der Bilder weist über die sachliche Ordnung des
Botanischen hinaus: Sie entziehen sich in ihrer eigenartigen
Schönheit der rein wissenschaftlichen Betrachtung. Im Ergebnis
assoziieren die Neuordnungen der Blütenteile eine bekannt
wirkende, doch unlesbare Schrift. Die Blätter scheinen mit
rätselhaften Zeichen bedeckt, gleich einer unbekannten
Blütenschrift. Diese verweist jedoch auf nichts als sich selbst.
Ihr Geheimnis liegt an der Oberfläche. Die Lektüre erschließt
Formen- und Farbreichtum jeweils einer bestimmen Blüte, eines
bestimmten Blütenstandes.

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