Emotionale Abhängigkeit in Beziehungen
warum emotionale Verstrickungen echte Gefühle ersticken und die
Liebe sterben lassen
12 Minuten
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Beschreibung
vor 6 Jahren
Abhängigkeit in Beziehungen
warum emotionale Verstrickungen echte Gefühle ersticken und
die Liebe sterben lassen.
Dieses Thema liegt mir besonders am Herzen. Denn abhängig
verstrickte Beziehungen kommen sehr viel häufiger vor, als man
meint. Was es bedeutet sich vom anderen abhängig zu machen, was
dahintersteckt und wie man sich aus der Falle der Abhängigkeit
befreien kann, darum geht in diesem Artikel.
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Gehörst Du auch zu den Menschen, die nicht allein sein können?
Hast Du das Gefühl, ohne Deinen Partner unvollständig oder
irgendwie nur halb zu sein? Möchtest Du am liebsten 24 Stunden
rund um die Uhr mit ihm oder ihr zusammen sein oder ihn
oder sie keine Minute aus den Augen lassen? Fällt es Dir schwer
zu vertrauen, kontrollierst Du ihn oder sie vielleicht sogar
manchmal heimlich und schämst Dich dafür?
Dann ist dieser Artikel für Dich. Abhängigkeit in Beziehungen ist
ein weit verbreitetes Beziehungsmuster. Man merkt es den
Betroffenen nicht auf den ersten Blick an, denn meist wirken Sie
souverän, tough und außerordentlich selbstbestimmt. Sie wissen
was sie wollen, so scheint es. Doch wenn sich dahinter ein
brüchiges Selbstwertgefühl verbirgt, führt das nicht selten in
eine emotionale Bedürftigkeit, dem Gefühl ohne den anderen nichts
wert zu sein.
ICH durch DICH
Der berühmte amerikanische Sexualtherapeut David Schnarch spricht
von einem geborgten oder gespiegelten Selbstwertempfinden. Gibt
es jemanden, der mich schätzt, für mich da ist und mir seine
Aufmerksamkeit und Bewunderung schenkt, dann kann ich auch mit
mir selbst zufrieden sein oder mich okay fühlen. Zeigt mir mein
Partner seine bedingungslose Liebe, dann ist das meine Quelle der
Selbstliebe und der Beweis, dass ich liebenswert bin. Je weniger
ein Mensch zu Selbstakzeptanz, Selbstfürsorge und Selbstliebe
fähig ist, um so mehr braucht er für seine innere Stabilität die
Zuwendung, Aufmerksamkeit und Liebe des anderen. Der
Beziehungspartner ist dann zuständig für das eigene
Selbstwertgefühl.
Eine Disbalance entsteht, weil ich mir selbst nicht geben kann,
was ich vom anderen brauche.
Menschen, die sich in eine solche emotionale Abhängigkeit
verstricken, geben die Verantwortung für Ihr eigenes Befinden an
Ihren Partner ab. Dabei leiden sie Höllenqualen. Sie leben in der
ständigen Angst, den anderen zu verlieren. Das große Misstrauen
lässt Sie die persönlichen Grenzen des anderen durchbrechen, aber
auch Ihre eigenen. Sie spionieren, fordern und bitten,
manipulieren geschickt und fühlen sich dabei doch innerlich
ungenügend, klein und hilflos. Das Gefühl von Wertlosigkeit
vergrößert sich immer weiter. Die emotionale Abhängigkeit wächst.
In der Beratung spreche ich dann gerne von einem ICH durch DICH.
Betroffene erkennen sich darin meist sofort wieder. Ich bin erst
durch Dich vollständig und liebenswert. Ich brauche Dich. Ohne
Dich kann ich nicht sein. Du musst für mich da sein.
Wenn die Beziehung zum emotionalen Gefängnis wird
Der Partner dagegen fühlt sich nach anfänglicher großer
Verliebtheit bald schon erdrückt, überfordert und unfrei, weil er
sich einer ständigen Erwartungshaltung und Vorwürfen gegenüber
sieht. Und wie sehr er oder sie sich auch bemüht, den Partner
oder die Partnerin zufriedenzustellen- es reicht doch nie. Die
Vorwürfe, Erwartungen, die Kritik und das Bitten nehmen kein
Ende. Eifersucht wird immer mehr zum Problem. Das
Schuldgefühl wächst. Jeder Versuch etwas nur für sich selbst und
seine eigene Entwicklung zu tun, wird als Ablehnung und gegen die
Beziehung gerichtet verstanden und mit Schuldgefühlen belegt.
Ständige Diskussionen drehen sich immer und immer wieder um die
gleichen Themen.
Das Selbst des Einzelnen kommt in solchen Beziehungen kaum noch
vor. Das meist unbewusste Ziel ist die Verschmelzung zu einem
größeren, gemeinsamen ICH, eine symbiotische Verbindung.
Die Beziehung erstickt in einer erzwungenen Nähe, die für beide
als Belastung erlebt wird. Die wahren Hintergründe der
emotionalen Abhängigkeit sind dabei den Partnern meist nicht
bewusst.
Liebe kämpft nicht, Liebe ist...
In der Folge sterben langsam aber sicher die wirklichen Gefühle
für den anderen. Sie entstehen nun einmal aus der Freiwilligkeit
und nicht als Verpflichtung. Wird der Druck zu groß, stirbt die
Liebe wie ein zartes Pflänzchen, das niedergetrampelt wird. Dabei
wächst das schlechte Gewissen und die innere Leere, am Ende
fühlen sich beide aussichtslos in Ihrer Beziehung gefangen. Das
lebendige Beziehungssystem wird starr und bewegungslos- eine
Pattsituation, die sich in endlosen Grabenkämpfen, Diskussionen
und bitteren Vorwürfen noch verstärkt.
Natürlich wünschen wir uns alle Zuwendung und Liebe, wir wollen
angenommen und akzeptiert werden wie wir sind. Und wir streben
nach Beziehungen, weil wir soziale Lebewesen sind. Doch sich
etwas zu wünschen, oder etwas zu bevorzugen bedeutet nicht, sich
davon abhängig zu machen und es um jeden Preis zu erzwingen oder
sich selbst dafür aufzugeben. Das ist der Unterschied zwischen
Bedürftigkeit und Freiwilligkeit. Wenn ich die Liebe meines
Partners brauche, damit ich mich selbst liebenswert fühlen kann,
dann bin ich bedürftig. Ich bin mir selbst nicht genug. Die
Grenze zur emotionalen Abhängigkeit ist dort, wo ich bereit bin
meine eigenen Grenzen zu übergehen. Das fällt Betroffenen oft gar
nicht auf, denn Sie kennen dieses Verhaltensmuster schon Ihr
ganzes Leben lang. Sie passen sich an den jeweiligen Partner
scheinbar ideal an, übernehmen seine Interessen, erfüllen alle
Bedürfnisse, teilen seine Meinung, seine Hobbys und sehen das als
ganz normalen Weg an, um geliebt zu werden. Denn das ist
überlebensnotwendig, weil es das ist, was sie selbst nicht
können.
Das ICH, das DU und das WIR
Um in einer Beziehung zu Hause zu sein, muss ich erst einmal
in mir selbst wohnen und dem anderen die Möglichkeit lassen,
selbst auch bei sich zu bleiben. Nur so ist eine lebendige
Beziehung möglich.
Genau genommen besteht eine Beziehung nicht nur aus einem WIR,
also unserer Verbindung, sondern auch aus einem ICH und einem DU.
Auch in einer Beziehung bleiben wir, wer wir sind: ein Individuum
mit eigenen Bedürfnissen, Prägungen, Erfahrung, einer Art zu
sein, die einmalig auf der Welt ist. Und auch unser Gegenüber
lebt in seiner eigenen Wahrnehmungs- und Bedürfniswelt. Das ist
vollkommen normal, sorgt aber in Beziehungen immer wieder für
Probleme, wenn es darum geht eine gemeinsame Sichtweise zu
finden, beziehungsweise die Ansichten unserer Partnerin oder
unseres Partners überhaupt erst einmal zu akzeptieren.
Denn die Wahrheit ist: obwohl wir in einer gemeinsamen Realität
leben, erlebt jeder der beiden Partner eine eigene innere
Wirklichkeit. Das Phänomen kennt wahrscheinlich jeder. Das WIR,
also unsere Beziehung ergibt sich gewissermaßen aus der
Überschneidung der beiden Welten des ICH und des DU.
In einer gesunden Beziehung hat das ICH genauso Raum wie das DU
und das WIR. Jeder der beiden Partner kann wachsen. Zusammen ist
man mehr als die Summe der Teile. In abhängig verstrickten
Beziehungen bleiben beide Partner klein, können also das eigene
ICH genauso wenig entwickeln, wie sie dem DU Raum zum wachsen
lassen. Ein hermetisch abgeriegeltes System der Angst entsteht,
ein erstarrtes WIR, ohne Bewegung, ohne Inspiration, ohne
Wachstum. Man fühlt sich zusammen nicht mehr wohl und allein auch
nicht.
Lass los, was Du liebst
Manche Beziehungen halten auf diese Weise über sehr viele Jahre.
Doch für die trügerische Sicherheit zahlt man einen sehr hohen
Preis. Sie sind gekennzeichnet von einem großen Mangel an
Vertrauen, an Angst und Unsicherheit und vielen Streits und
Diskussionen. Irgendwann fällt einem der Partner auf, dass die
Liebe verschwunden ist und dann beginnt der Kampf erst richtig,
denn es ist für beide Partner meist außerordentlich schwer, die
emotional abhängigen Verstrickungen zu lösen.
ICH durch mich
Es gibt keine Sicherheit, nur verschiedene Grade von
Unsicherheit. Das gilt auch für Beziehungen. Und obwohl mir das
auch nicht immer gefällt, ist das nun einmal eine Realität des
Lebens. Die vielen Trennungen von Paaren und die qualvollen
Dramen die dabei entstehen können, zeigen: auch ein Versprechen
wie die Ehe ist keine Garantie für eine gelingende Beziehung.
Die beste Voraussetzung für Beziehungsfähigkeit ist die
Entwicklung einer gesunden Selbstbeziehung, der Fähigkeit mich
anzunehmen und zu akzeptieren, wie ich bin, mich selbst zu
regulieren und selbstbestimmt handeln zu können. Es geht dabei
nicht darum, ein Egoist oder Einsiedler zu werden. Keine Angst!
Es geht um ein ICH durch MICH. Ich bin durch mich selbst. Es geht
genaugenommen um die Fähigkeit zur Autonomie. Und die gehört zu
den menschlichen Grundbedürfnissen genauso wie das Bedürfnis nach
Bindung. Es sind zwei Pole, zwischen denen eine erfüllte
Beziehung balanciert in einem Verhältnis von Distanz und Nähe.
Daraus wächst Anziehungskraft, Leidenschaft, der Wunsch nach
einem freiwilligen WIR.
Menschen, die es als Kind schwer hatten ein gesundes
Selbstwertempfinden zu erlernen, fällt es auch in Beziehungen oft
schwer, Sie selbst zu bleiben. Sie wünschen sich mit dem Partner
zu verschmelzen, sie klammern oder manipulieren. Sie machen sich
selbst klein. Das alles ist eine unbewusst Strategie, um das
verlorene Paradies der Kindheit von Sicherheit, Geborgenheit,
Schutz und Annahme zu erreichen.
Oft haben Sie ein schlechtes Selbstbild, dass durch den Partner
Ganzheit und Stabilität erfahren soll. Weil Sie schwer vertrauen
können, brauchen Sie immer neue Beweise, dass Sie von Ihrem
Partner oder Ihrer Partnerin geliebt werden. Und dennoch reicht
es nie. Denn das Loch des mangelnden Selbstwertes ist wie ein
Fass ohne Boden .Es kann niemals durch jemand anderen dauerhaft
gefüllt werden.
Das klingt erst einmal wie eine Enttäuschung, aber es gibt einem
auch die Macht zurück. Denn es bedeutetet, dass ich selbst etwas
tun kann, um mein Selbstwertempfinden aus mir heraus zu
entwickeln. Dafür ist es nie zu spät und ich möchte Dir gerne
dafür Mut machen.
Es ist der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben und
glückliche Beziehungen.
Wenn Du das Gefühl hast, das dieser Artikel etwas mit Dir und
Deiner Beziehung zu tun hat, dann kannst Du Dir zuerst ganz für
Dich folgende Fragen ehrlich beantworten. Aber Achtung! Die
Wahrheit kann manchmal wirklich weh tun.
1) Bin ich in dieser Beziehung aus Angst, aus Liebe oder aus
Hoffnung?
2) Wenn ich keine Angst hätte und mir sicher sein könnte, dass
alles richtig ist und ich von allen dafür Zustimmung bekommen-
was würde ich dann am liebsten in Bezug auf meine Beziehung tun?
3) Wann war ich das letzte Mal in dieser Beziehung wirklich
glücklich?
Ich bin gespannt, was Du für Dich herausfindest und ich freue
mich natürlich wie immer, wenn Du Deine Erfahrungen mit mir und
anderen Bloglesern teilen möchtest.
Alles Gute, bis zum nächsten Mal, Deine Claudia
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