Indien: Für immer nur ein Zukunftsmarkt?
43 Minuten
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vor 2 Jahren
Raus aus der Abhängigkeit: Die Bundesregierung arbeitet hart
daran, neue Energiepartner zu finden. Sich auf wenige große
Gas-Lieferanten wie Russland zu konzentrieren, war pragmatisch
und lukrativ, aber ebenso gefährlich. Diese Abhängigkeit ist eine
große Gefahr für die deutsche Wirtschaft. Denn ähnlich wie Putin
ist auch Xi Jinping bereit, im Zweifel einen Krieg mit seinem
Nachbarn zu starten. Sollte China Taiwan angreifen, müsste sich
Deutschland aufgrund transatlantischer Loyalität an Sanktionen
gegen China beteiligen, so die Einschätzung von Experten.
Sanktionen, die die deutsche Wirtschaft ebenfalls hart treffen
würden. Wirtschaftlich wäre das also ein Eigentor.
Um sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen, braucht Deutschland
mehr Handelspartner und eine größere Auswahl an
Produktionsstandorten. Eine Schlüsselrolle könnte hierbei Indien
spielen. Der Präsident der Frankfurt School of Finance &
Management, Nils Stieglitz, sieht mit Blick auf Indien jetzt eine
Zeitenwende, die er im Podcast "Wirtschaft Welt & Weit" mit
den Worten "der Aufstieg des indischen Tigers" beschreibt.
Und tatsächlich tut sich in der größten Demokratie der Welt
gerade viel: In Indien entsteht ein echter Binnenmarkt. Präsident
Narendra Modi investiert Milliardensummen in die Infrastruktur
des Landes: Laut dem Straßenbauprogramm der Zentralregierung
sollen bis Ende 2025 rund 84.000 Kilometer Land- und
Schnellstraßen fertiggestellt werden. Zudem wurde bereits 2017
die größte Steuerreform seit der Unabhängigkeit Indiens vor 75
Jahren eingeführt. Dazu gehört auch die landesweit einheitliche
Umsatzsteuer, die als wichtiger Baustein für einen indischen
Binnenmarkt gilt.
Außerdem schreitet die Privatisierung voran: Erst vor kurzem hat
die indische Regierung die Fluggesellschaft Air India an die Tata
Group verkauft. Nils Stieglitz sieht hier ein erhebliches
Bekenntnis indischer Großkonzerne: "Indische Konglomerate wie
Tata, Adani und Reliance glauben fest an einen Industriestandort
Indien und sind bereit, in den nächsten fünf bis acht Jahren mehr
als 250 Milliarden US-Dollar zu investieren." All das sind
Anzeichen für ein starkes Aufstreben der Wirtschaftsnation
Indien. Und dabei ist nicht zu vergessen: Das Land ist bereits
jetzt die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Stieglitz blickt deshalb mit besonderer Spannung auf das geplante
Freihandelsabkommen, das bis Ende 2023 finalisiert werden soll:
"Hier liegt eine sehr große Chance für die deutsche, die
europäische und die Weltwirtschaft, denn wir brauchen wieder eine
Lokomotive für den Freihandel." Rund neun Jahre pausierten die
Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Indien. Jetzt soll es
- wohl auch aufgrund der geopolitischen Veränderungen - schnell
gehen.
Dass Indien als Produktionsstandort damit auch für deutsche
Firmen immer relevanter wird, sieht auch Indien-Experte Christian
Wagner so. Im Podcast gewährt er aber auch Einblicke in die
innenpolitischen Widerstände: "Die indische Mittelschicht, kleine
Ladenbesitzer zum Beispiel, haben kein Interesse daran, dass
große europäische Großhandelsfirmen sich etablieren. Das
gefährdet ihr Geschäftsmodell."
Ein Problemlöser könnte hierbei der Ausbau Erneuerbarer Energien
sein. Eine Branche, die in Indien mittlerweile eine bedeutende
Rolle spielt und in der viele neue Jobs entstehen könnten. Das
Land investiert Milliarden in den Ausbau von Solarkraft und ist
führend bei der Nutzung von Wasserkraft als Energiequelle.
Deutschland unterstützt Indien schon heute beim Ausbau
Erneuerbarer Energien. Hier liegt mit Blick in die Zukunft sicher
noch viel Potenzial.
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