Saudi-Arabien: Wie "Neom" deutsche Firmen anlockt
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vor 2 Jahren
Mitten in der Wüste von Saudi-Arabien soll eine riesige, grüne
Stadt entstehen. Die ersten Baumaßnahmen haben begonnen: Bagger
und Planierraupen sind eingetroffen, an einigen Stellen wird
betoniert, an anderen Stellen steht schon Stahl. Planungsteams
mit Tausenden von Menschen arbeiten an "Neom". So schildert es
Alexander Rieck im Podcast "Wirtschaft Welt & Weit". Er ist
als Direktor und Gründer des internationalen Architekturbüros
Lava aktiv an der Errichtung der Megacity beteiligt.
Was im Nordwesten von Saudi-Arabien geplant ist, klingt auf den
ersten Blick utopisch: Auf einem Gelände etwa so groß wie Belgien
soll Neom entstehen. Architektonisch neu ist vor allem der Teil
des Projekts, der als "The Line" bezeichnet wird: Wie mit dem
Lineal gezogen soll ein riesiger Gebäudekomplex von 170
Kilometern Länge entstehen. Nur 200 Meter breit soll das Bauwerk
werden, aber mit 500 Metern Höhe Wolkenkratzer-Niveau haben. Neun
Millionen Menschen sollen in Neom leben - der weltweit ersten
Stadt, die komplett auf erneuerbare Energien setzt und keine
CO2-Emissionen produziert.
Alexander Rieck vergleicht das Wüstenprojekt mit der
amerikanischen Mond-Mission: Wie bei Apollo würden Energien und
Expertisen zusammengezogen, um das Projekt wahr werden zu lassen.
Und Nahostforscher Sebastian Sons sagt: "Selbst wenn nur zehn
oder zwanzig Prozent von Neom umgesetzt werden, ist das noch
immer historisch für Saudi-Arabien."
Doch will Kronprinz Mohammed bin Salman dem Klimawandel mit Neom
wirklich den Kampf ansagen oder geht es hier schlicht um
Greenwashing, wie manche Experten behaupten? Die 500 Milliarden
US-Dollar, die Saudi-Arabien für die Finanzierung garantiert,
stammen in erster Linie aus dem Geschäft mit dem Öl.
Nahostforscher Sons glaubt durchaus an ein Umdenken im Land: Man
habe verstanden, dass die Ölquellen nicht für immer sprudeln.
Deshalb setze Saudi-Arabien nun vor allem auf Solarenergie und
Wasserstoff.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei seinem Besuch im September
bereits sein Interesse an einer Intensivierung der
wirtschaftlichen Beziehungen zum Königreich bekundet, vor allem
um Energiepartnerschaften aufzutun. Bislang ist Saudi-Arabien für
deutsche Unternehmen vor allem ein wichtiger Absatzmarkt im
arabischen Raum. Doch auch als Investitionsmarkt bietet das Land
Chancen. Deutsche Unternehmen wie ThyssenKrupp und Volocopter
engagieren sich bereits bei dem Großprojekt.
Sehr günstige Solarenergie und die Nähe zum Suezkanal gehören zu
den Vorteilen. In der Megacity von morgen soll nicht mehr das
Recht der Sharia gelten, sondern eine "Freezone" eingerichtet
werden. Trotzdem sollten interessierte Unternehmer das Königreich
vor allem aus Menschenrechts-Perspektive genauestens im Blick
behalten. Schließlich zieht der Kronprinz seine Vision von der
klimaneutralen Megacity knallhart und gegen alle Widerstände
durch. So klagen Beduinen über Zwangsräumungen und Verhaftungen,
sogar von der vertuschten Ermordung eines Kritikers ist die Rede.
Und erinnern wir uns: Nach Informationen von US-Geheimdiensten
soll Mohammed bin Salman verantwortlich sein für die Ermordung
des Journalisten Jamal Khashoggi vor vier Jahren im saudischen
Generalkonsulat in Istanbul.
Nahostforscher Sons ist sich dennoch sicher, dass wir gerade den
Versuch Saudi-Arabiens erleben, seine Gesellschaft großflächig zu
transformieren. Neom steht für ihn als eine Art Symbol für ein
neues Saudi-Arabien. Eines, in dem allerdings immer noch völlig
klar ist, wer der Kurs vorgibt. "Dahinter steckt politisches
Kalkül", ist er sich sicher: "Neom soll ein Zugpferd sein, um die
Macht des Herrschers zu legitimieren und zu konsolidieren." Und
es sei ein Signal an die Welt, konstatiert Sons. Ein Signal, um
zu zeigen, wozu das saudi-arabische Königreich fähig sei.
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