Beschreibung

vor 4 Jahren
Folge 124 Wabi-Sabi In der japanischen Zen-Tradition gibt es den
Begriff Wabi-Sabi. Wabi-Sabi ist ein ästhetisches Konzept der
Wahrnehmung von Schönheit auch in herber Schlichtheit, wie z.B. in
einer besonders knorrigen Kiefer, mit Moos bewachsenen Steinen oder
altem, blank polierten Holzboden. Somit kann uns Wabi-Sabi Mut
machen, die Schönheit im Nichtperfekten, im Zerbrochenen zu
erkennen. Im Zusammenhang mit Wabi-Sabi hat sich im alten Japan die
Kunst der "Goldreparatur", das "Kintsugi" entwickelt. Hier werden
zerbrochene Gegenstände wie Teeschalen oder Vasen manchmal über
Monate hinweg mit natürlichem Harzkleber plus beigemengtem
Goldstaub so zusammengefügt, geklebt und repariert, dass die
zerbrochenen Stellen durch die entstandenen Goldadern am Ende den
kaputten Gegenstand noch schöner erscheinen lassen als vorher.
Übertragen auf die Psychologie bedeutet das, einen Menschen mit all
seinen Narben, seinen Verletzungen und seinen Blessuren - auch
seelisch! - zu akzeptieren und darunter seine wahre Schönheit zu
erkennen. Makellose Schönheit ist langweilig, wie die
psychologische Attraktivitätforschung festgestellt hat. Die kleinen
Abweichungen von der Norm machen einen Menschen erst einprägsam,
interessant und wirklich schön. Annika hat passend zu dem Thema ein
Gedicht geschrieben, das Tilly vorträgt: Wabi-Sabi Im Verlorenen
findest Du das Offensichtliche. Und das Schöne oft im Häßlichen. Je
näher Du an etwas herangehst, umso mehr kannst Du die Blätter der
Verkleidung wegzupfen. Je länger Du etwas betrachtest, umso mehr
kannst Du es sehen. Ich liebe es, den Dingen auf den Grund zu
gehen. Ich liebe es, überall Schönheit freizulegen. Zu entdecken.
Ich liebe es, zu sehen. Annika Lohstroh, 31.10.2020

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