Entwicklung und Evaluierung molekularbiologioscher Nachweismethoden zur Spezies- und OspA-Typ-Differenzierung von Borrelia burgdorferi sensu lato

Entwicklung und Evaluierung molekularbiologioscher Nachweismethoden zur Spezies- und OspA-Typ-Differenzierung von Borrelia burgdorferi sensu lato

Beschreibung

vor 19 Jahren
Die Lyme-Borreliose, ausgelöst durch den Erreger B. burgdorferi
s.l., ist die häufigste von Zecken übertragene Infektionserkrankung
der nördlichen Hemisphäre. Der B. burgdorferi s.l. Komplex besteht
mittlerweile aus mindestens elf definierten Spezies. In Europa ist
für die drei Spezies B. burgdorferi s.s., B. afzelii und B. garinii
eine Humanpathogenität gesichert, für B. valaisiana wird sie
zumindest vermutet. Anhand des Oberflächenproteins OspA wurden für
Europa mindestens sieben verschiedene OspA-Typen definiert. Die
Spezies B. burgdorferi s.s. und B. afzelii sind homogen in ihrem
OspA-Typ und entsprechen Typ 1 und 2. Die Spezies B. garinii
hingegen ist wesentlich heterogener und lässt sich in fünf
OspA-Typen (3 bis 7) differenzieren. Die Heterogenität der
Borrelien in Europa hat wichtige Implikationen für die
Pathogenitätsforschung (u. a. Organotropsimus), da verschiedene
Spezies bzw. OspA-Typen möglicherweise mit unterschiedlichen
klinischen Manifestationsformen der Lyme-Borreliose assoziiert
sind. Außerdem beeinflusst die Heterogenität maßgeblich die
Entwicklung von einem europäischen Impfstoff und von diagnostischen
und epidemiologischen Testsystemen. Valide Daten zur Verteilung der
Spezies und OspA-Typen sind somit Vorraussetzung für derlei
Entwicklungen. Jedoch ist das bisher vorhandene Datenmaterial,
besonders in Bezug auf die Verteilung der OspA-Typen, sehr
begrenzt, was möglicherweise auch an dem hohen Aufwand und den
Kosten bisher beschriebener Differenzierungsmethoden liegt. Im
Rahmen dieser Arbeit wurden einfache und zuverlässige OspA-PCR
basierende Methoden entwickelt die einen sensitiven Nachweis und
eine Differenzierung aller in Europa relevanten B. burgdorferi s.l.
Spezies erlauben. Im Gegensatz zu vielen bisher veröffentlichten
PCR Protokollen wurde die Sensitivität der Methoden mit einem
umfangreichen Panel von 9 B. burgdorferi s.l. Stämmen der
verschiedenen Subtypen evaluiert und die Spezifität durch Testung
von 18 verwandten Spirochäten abgesichert. Nur so kann bei der
Heterogenität der Borrelien die Sensitivität und Spezifität einer
PCR ausreichend evaluiert werden. Die hier entwickelte RFLP Analyse
erlaubt eine Differenzierung aller in Europa relevanten Spezies und
zusätzlich der fünf OspA-Typen von B. garinii. Sie stellt somit ein
ideales Werkzeug für notwendige epidemiologische Untersuchungen zur
Heterogenität von B. burgdorferi s.l. in Europa dar. Im Weiteren
ist, im Gegensatz zu vielen etablierten Typsisierungsmethoden, eine
zuverlässige Differenzierung von Doppelinfektionen möglich, wie sie
in Zecken und klinischem Material schon mehrfach beschrieben sind.
Die entwickelte Multiplex-PCR erlaubt eine schnelle und sehr
einfache Differenzierung der klinisch relevanten Spezies B.
burgdorferi s.s., B. afzelii, B. garinii und B. valaisiana in einem
Reaktionsansatz. Sie stellt das erste beschriebene
Multiplex-PCR-Protokoll zur Differenzierung von B. burgdorferi s.l
dar. Der LightCycler ist eine schnelle, moderne real-time-PCR
Methode. In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals ein
LightCycler-Protokoll entwickelt, das eine Differenzierung der in
Europa relevanten Spezies und mit Einschränkungen auch der
verschiedenen OspA-Typen von B. garinii erlaubt. In einer
Pilotstudie wurde die Verteilung von Borrelia-Spezies und
OspA-Typen in Zecken und in klinischem Material untersucht. Die
Borrelienpopulationen aus den Zecken der verschiedenen
Sammelgebiete zeigten eine ausgeprägte Mikro- und
Makroheterongenität, wobei aufgrund der Inkonstanz der
Verteilungsmuster über die Zeit keine lokalen Vorhersagen über das
Vorkommen einzelner Subtypen gemacht werden konnten. Ein
interessanter Befund war die hohe fokale Prävalenz von OspA-Typ 4
in einem Gebiet, da diesem OspA-Typ möglicherweise eine
herausragende pathogenetische Bedeutung zukommt und er bisher nur
selten in Zecken gefunden wurde. Die Differenzierung von Borrelien
aus klinischem Material erlaubt Rückschlüsse auf wichtige
pathogenetische Zusammenhänge und Assoziationen. Bei den
durchgeführten Untersuchungen konnte eine Assoziation von B.
afzelii mit kutanen Manifestationen der Lyme-Borreliose bestätigt
werden. Bei der Differenzierung von Isolaten von Patienten mit
Neuroborreliose zeigte sich wie schon in vorangegeangenen Studien
eine Dominanz der Spezies B. garinii und auf der Ebene der
OspA-Typen Verteilung interessante Unterschiede in der in Bezug auf
das Alter der untersuchten Patienten. Insgesamt wurde in dem
untersuchten Material neben B. burgdorferi s.s., B. afzelii, B.
valaisiana und allen fünf OspA-Typen von B. garinii auch die
Genospezies Borrelia A14S sowie B. bissettii detektiert. Borrelia
A14S stellt eine erst kürzlich beschriebene neue Genospezies von B.
burgdorferi s.l. dar, deren Verteilung in Europa noch weitgehend
unbekannt ist. Der Nachweis von B. bissettii aus einer Liquorprobe
ist die erste Beschreibung dieser Spezies in Deutschland und wirft
Fragen über ihre - bisher vermutete - Apathogenität auf. Die
erhaltenen Prävalenzdaten der verschiedenen Borrelien stellen einen
Schritt zur Erarbeitung einer epidemiologischen Basis für die
Entwicklung eines zuverlässigen Impfstoffs und diagnostischer und
epidemiologischer Testsysteme in Europa dar. Aufgrund der
Unterschiede der Borrelienpopulationen in verschiedenen
geographischen Regionen sind hierfür aber weitere breitgefächerte
Untersuchungen auf dem ganzen Kontinent nötig. Die in dieser Arbeit
entwickelten, breit evaluierten und einfachen durchzuführenden
Methoden stellen für derlei Untersuchungen eine praktikable
methodische Basis dar.

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