#95: Kaffee, Soja, Ananas… Wie sehen die Stoffe der Zukunft aus?

#95: Kaffee, Soja, Ananas… Wie sehen die Stoffe der Zukunft aus?

Das Nähen begleitet die Menschheit schon sehr lange! Lange bevor die Nähmaschine ins Spiel kam. Das Nähen per Hand hat eine lange Tradition. Vor über 20.000 Jahren schon nutzten die Menschen erste Nadeln aus Fischgräten, spitzen Knochen oder...
47 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Das Nähen begleitet die Menschheit schon sehr lange! Lange bevor
die Nähmaschine ins Spiel kam. Das Nähen per Hand hat eine lange
Tradition. Vor über 20.000 Jahren schon nutzten die Menschen
erste Nadeln aus Fischgräten, spitzen Knochen oder ähnlichen
Materialien. Das Garn bestand aus Tiersehnen. Wie der Mensch halt
so ist, wurde dieses Handwerk über die Jahrtausende immer weiter
verfeinert. Als die industrielle Revolution kam, wurde das Nähen
von Hand nach und nach durch die Arbeit an der Nähmaschine
ersetzt.


Ich muss zugeben, dass ich mein geschichtliches Wissen in Grenzen
hält. Ich muss für Informationen, die ins geschichtliche gehen,
immer recherchieren. Ich verlinke in den Shownotes die
entsprechenden Beiträge, die mir da weitergeholfen haben.


Ich denke, dass wir alle irgendeine Vorstellung davon haben, wie
die Kleidung der Steinzeitmenschen aussah. Ich sehe dann immer
langhaarige kleine Menschen vor mir, die sich mit Fellen
eingekleidet haben. Diese Vorstellung wird aus Büchern und Filmen
genährt. Seitdem hat der Mensch einen weiten Weg hinter sich
gelegt, aber so weit die Technologie fortgeschritten ist,
bestimmte Grundbedürfnisse bleiben. Wir haben Hunger und Durst,
uns wird kalt, wir müssen atmen, etc.


In diesem Podcast geht es natürlich um die Kleidung. Ich möchte
auch nicht länger darauf eingehen, wie die Kleidung in der
Vergangenheit aussah, auch wenn es da sehr interessante Epochen
gab, sondern mal einen Blick in die Zukunft wagen. Die
Vergangenheit können wir nicht mehr beeinflussen, die Zukunft
schon. Lass uns mal weiter nach vorne denken… Hmmm, lass uns
sagen, in das Jahr 2050.


Vor der Jahrtausendwende klangen alle Jahreszahlen mit einer 2 an
der Tausender Stelle ganz schön futuristisch. Jetzt, im Jahr 2021
klingt 2050, die Hälfte unseres Jahrhunderts schon noch weit weg,
aber auch nicht soooo sehr. Wenn ich das Jahr erleben darf, werde
ich 73 Jahre alt sein. Vielleicht habe ich dann Enkelkinder. Ein
Grund mehr, mir Gedanken darum zu machen, was ich dafür tun kann,
dass unsere Welt dann für unsere Kinder und Enkelkinder eine
schöne ist. Und wenn ich dann noch lebe, möchte ich natürlich
auch gerne, dass sie schön ist.


Schön ist natürlich ein sehr subjektiver Begriff, aber ich denke,
dass wir uns einig sind, dass wir in Sachen Umweltverschmutzung
schnell sehr viel aktiver werden müssen, als das jetzt der Fall
ist. Wir als einzelne Personen, aber auch unsere Gesellschaft.


Das ist ein sehr weites Themenfeld, das fast alle Bereiche
unseres Lebens betrifft. Beim NDS Podcast soll es um Stoffe und
Kleidung gehen. Heute insbesondere um die Stoffe der Zukunft.


Werden sich die Fasern und Stoffe deutlich verändern zu heute?
Nochmal ein kurzer Blick in die Vergangenheit: Leder, Fell,
Leinen, Bauwolle, für die Reichen Seide, damit haben wir Menschen
Jahrtausende gelebt und überlebt. Auch die Bekleidungsformen
haben sich vom Grundprinzip nicht viel verändern. Klar, die
Details, wer darf was tragen, Frauen in Hosen, da hat sich
gesellschaftlich in vielen Ländern seitdem einiges getan. Aber an
den grundlegenden Formen: Rock, Hose, Kleid, Oberteil, Schuhe,
Taschen, hat sich ja nicht grundlegend etwas verändert. Wir
müssen uns in unserer Kleidung durch den Alltag gehen können,
dann gibt es bestimmte Anlässe, zu denen es schicker und auch mal
unbequemer sein darf.


Ein Blick auf die Materialien zeigt, dass wir heute ein viel
breiteres Angebot an Fasern und Materialien haben. Durch die
Fortschritte in der Chemie und Fertigung von Fasern und Stoffen
ist viel passiert, was man sich vor Hundert Jahren noch nicht
hätte vorstellen können. Und vor allem nicht in der
Massenproduktion, die wir heute erreichen können. Künstliche
Fasern, Leder und Felle, vom Menschen hergestellt, gestrickte
Stoffe, verrückte Farben wie neon, Drucke in allen Größen und
Auflagen, und allem voran, ganz viele Fasern, die nicht verrotten
und so wieder in den natürlichen Kreislauf gehen.


Wie lange werden wir noch auf die Ressourcen zugreifen können,
die wir momentan noch haben? Werden wir mit einer ansteigenden
Weltbevölkerung, vermutlich immer weniger bewohnbarer und
bewirtschaftbarer Fläche, immer noch genügend Ressourcen an
natürlichen Fasern wie Baumwolle und Leinen haben oder können wir
dann gar nicht anders, als auf künstliche Fasern zurückzugreifen?


Das Thema geht mir seit Anfang des Jahres im Kopf herum und ich
habe mir einige Artikel dazu durchgelesen. Ich fasse jetzt
einfach mal die Punkte zusammen, die mir am interessantesten
erscheinen.


Wertigkeit für längere Nutzungszyklen. Wir werden es uns
nicht mehr erlauben können, Energie und weitere Ressourcen dafür
aufzuwenden, etwas herzustellen, dass nur 3 Monate hält. Sehr,
sehr viele Menschen werden Wasser und Kleidung brauchen. Wir
werden kein Wasser mehr dafür verschwenden können, dass eine
Jeans irgendwie cool aussieht und es kann auch nicht mehr sein,
dass die Jeans dann nach 10 mal tragen auseinander fällt.

Kreativität im Umgang mit den Ressourcen

Die Verantwortung liegt beim Verbraucher: (Zitat Men´s
Health) "Buy less, choose well, make it last"

So wandelt sich die Mode von morgen zu einem holistischen
Statement. Das berühmte Zitat von Vivienne Westwood ist aktueller
denn je und zeigt, dass wir als Verbraucher ebenso zur
Verantwortung gezogen werden dürfen. Letztendlich geben wir mit
jedem Kauf eine Stimme ab. "Bevor ich früher einen Krimi
aufgeschlagen habe, griff ich lieber zum Telefon und rief bei
einem großen Modelabel an, um nachzuforschen, woher das gewählte
Produkt eigentlich genau kam", verrät Professor Karin-Simone
Fuhs. "Ich bin der Meinung, dass nichts unversucht bleiben
sollte, um für fairere Verhältnisse zu sorgen und jeder noch so
kleine Schritt etwas bewirken kann. Wann es also tatsächlich
soweit sein wird, liegt wohl an jedem von uns."

Hybride Materialien: Wir werden je nach Einsatzbereich Stoffe
aus Fasern tragen, die bald natürlich, bald synthetisch sind, im
optimalen Fall aber die besten Eigenschaften beider Welten
vereinen, also hybrid sind. Und wo möglich, werden diese Stoffe
auch umweltneutral wiederverwertbar sein. So zumindest das Ziel.
Es wurden ja in den letzten Jahrzehnten schon viele funktionale
Stoffe entwickelt. Hier wird noch viel mehr passieren. Stoffe
sollen schützen, kühlen, wärmen, Schmutz abweisen, Gerüche
neutralisieren. Smart Materials werden sich an ihre Form erinnern
oder sich selbst reparieren. Gerade die letzten Punkte fände ich
sehr begrüßenswert: Gerüche neutralisieren, Schmutz abweisen und
sich selbst reparieren! Wow. Ganz ehrlich, unsere Nasen würden
sich in der Ubahn drüber freuen. Und dann müsste die
Waschmaschine nicht mehr so oft laufen. Auch das wäre ja
nachhaltig gedacht. Ihr lieben Textilingenieure, dann mal ran an
die Arbeit!

Werden denn unsere Kleidungsstück auch zukünftig genäht
werden? Oder noch viel mehr geschweißt, wie das ja schon immer
mal wieder zu sehen ist. Ich habe letztens nahtlose Unterwäsche
gekauft, deren Nähte geschweißt waren. Vielleicht waren sie aber
auch geklebt. Das kann ich nicht sagen. Jedenfalls stellt sich
mir gerade die Frage, ob wir dann überhaupt noch von Nähten
sprechen, wenn sie nicht mehr genäht werden. Egal, jedenfalls
finde ich die Frage spannend, ob wir im Jahr 2050 vielleicht
neben der Nähmaschine noch eine Schweißmaschine stehen haben
werden. Wobei ich es mich nicht vorstellen kann, dass die
Nähmaschine mal komplett verschwindet, aber andererseits konnte
sich vor 30 Jahren auch niemand vorstellen, dass das Kabeltelefon
mal hinfällig werden sollte. Es bleibt also spannend.


https://www.criteo.com/de/blog/mode-nach-dem-lockdown-die-zukunft-der-fashion-branche/
Heutzutage dreht sich alles um Kleidungsstücke, die
saisonübergreifend getragen werden können, sowie kleinere
Bekleidungsserien, die die Anzahl der Stile begrenzen und so für
zeitlosere Garderoben sorgen. Kleidungsstücke, die nicht zu
schnell aus der Mode kommen, sind eine große Errungenschaft, wenn
es um Nachhaltigkeit geht, prognostiziert Broome. Die Generation
Z und die Millenials legen schon heute bei Marken großen wert auf
nachhaltige Produktion und Materialien, sowie Langlebigkeit bei
den Kleidungsstücken. Vielleicht mögen viele Firmen heute noch
großen Profit machen mit Ware, die eine schlechte Qualität hat,
aber man sieht immer mehr auch bei großen Marken wie H&M,
zara, Uniqlo, dass sie sich der Frage der Nachhaltigkeit auf
vielen Ebenen stellen müssen, um auch in 10, 20, 30 Jahren noch
erfolgreich am Markt sein zu können. Mich freut es aber auf jeden
Fall, dass kleinere Nischenmarken immer mehr Aufmerksamkeit
bekommen.


https://www.welt.de/icon/mode/article204581442/The-State-of-Fashion-2020-Wie-die-Zukunft-der-Mode-aussehen-kann.html
Zitat Welt.de: “So sei Nachhaltigkeit kein Modewort mehr.
Glaubwürdige Konzepte seien gefragt und würden sich auszahlen.
Die Zeit von „Plattitüden und Marketingsprech“ sei jedoch vorbei.
In der Tat hat sich Zara auferlegt, bis 2025 zu 100 Prozent
nachhaltige Materialien zu verwenden, Konkurrent H&M will
immerhin bis 2030 nur noch nachhaltige oder recycelte Stoffe
verwenden. Auch der Wille zum umweltbewussten Konsum ist da: Je
jünger die Kundschaft, desto höher die Bereitschaft, mehr Geld
für entsprechende Kleidung und Accessoires auszugeben. Der Mode
hat es stets genützt, etwas auf die Meinung der jungen Kunden zu
geben.” Hmmmm. Wenn ich das so lese, müssen wir, also die älteren
Generationen uns wohl an die Nase fassen und die jüngere
Generation als Vorbild nehmen.

Intelligente Mode: “Doch was im klassischen Design inzwischen
undenkbar scheint, schaffen beispielsweise Innovationen wie
sogenannte Smart Textiles, Wearables oder eCouture, kurzum
intelligente Mode. Eine Handvoll Jungdesigner und visionäre
Modemarken kreieren und kombinieren bereits jetzt schon virtuos
Design mit Technologie, neuen Materialien sowie neuen
Produktionstechniken und lassen damit wieder auf goldene Zeiten
mit innovativen Mode Kreationen hoffen. Die Forschung auf diesem
Gebiet hat zwar erst begonnen, aber wird in den nächsten Jahren
unser Bewusstsein von Kleidung und Accessoires grundlegend
verändern. Zudem werden Trends und Lebenseinstellungen wie
Minimalismus, Rückbesinnung auf alte Werte oder auch ein
nachhaltiger bewusster Umgang mit Konsum eine zentrale soziale
Rolle spielen und damit die Gesellschaft sowie die Industrie zu
einem Umdenken zwingen. Denn statt kurzlebiger Trends wird der
persönliche Nutzen, die Qualität sowie Produktionsweise von
Kleidung wieder in den Fokus treten. Man kann also durchaus in
den nächsten Jahrzehnten eine neue Moderevolution erwarten,
allerdings auf einer bisher unbekannten Ebene.”

Kommt nach Carsharing nun Fashionsharing?
https://luxiders.com/de/die-zukunft-der-mode-interview-mit-francesca-romana-ronaldi/
Ich zitiere aus diesem Interview mit Francesca Romana Ronaldi:
“Kollaborativer Konsum bedeutet, dass Mode zum Service wird. Es
geht weniger um Besitzen als um Tauschen, Mieten und
Wiederverkaufen. Insbesondere das Mieten von Kleidung wird in der
Zukunft eine große Rolle spielen, vor allem in der Luxusmode.
Heute gibt es schon vereinzelt Drittanbieter, die solche
Dienstleistungen anbieten, und auch Marken wie Stella McCartney
und Burberry fangen an, das Thema zu untersuchen. Damit
Vermietung funktioniert, muss Mode langlebig und hochwertig sein,
um möglichst lange genutzt werden zu können.”

Neue Fasern aus Abfällen: (Mens Health) Hanf, Ananas, Algen
und Co. Das Materialangebot wird immer kreativer: Auf der einen
Seite gibt es einen Trend zu nachhaltigeren, pflanzlichen Fasern
- beispielsweise aus Hanf, Bambus oder Holz - die allesamt mit
weniger Wasser und Pestiziden angebaut werden können. Und auf der
anderen Seite finden Materialien aus exotischen Zutaten wie
Zitrusfasern, Ananasblättern, Algen, Soja oder Kaffee immer mehr
Einsatz. Oftmals werden diese aus Nebenprodukten der
Landwirtschaft oder Lebensmittelindustrie hergestellt. Ein
Beispiel ist das erste Testkleidungsstück aus der sogenannten
Nullarbor-Faser (lateinisch: "nullus arbor", was "kein Baum"
bedeutet). "Das ist eine nachhaltige Alternative zu Rayon und
Baumwolle", erklärt David Tyler, Professor für Modetechnologie am
Institut für Mode der Manchester Metropolitan University.
"Hierbei wird die Fermentation auf Mikrobenbasis genutzt, um
Biomasseabfälle aus der Bier-, Wein- und
Flüssiglebensmittelindustrie in mikrobielle Zellulose
umzuwandeln." Na dann, Prost! Auch wenn die Faser aus Abfällen
hergestellt wird, heißt das nicht gleich, dass der ganze
Herstellungsprozess nachhaltig ist. Welcher Stoff von welchem
Hersteller welche Ökobilanz hat, ist nicht immer klar.

Was mich zum nächsten Punkt der heutigen Folge führt: zu dir,
zu mir, zu uns als Konsumenten. Wenn wir bei jedem Stoffkauf nach
nachhaltig hergestellten Stoffen fragen, nach Neuentwicklungen,
werden die Verkäufer, die Großhändler, die Hersteller sich danach
richten. Das muss sich natürlich vor allem in unserem
Kaufverhalten widerspiegeln.

Recycelte Fasern: Kreislaufwirtschaft ZItat Deutschlandfunk
“Erst Mode, dann Müll: Für immer mehr Kleidungsstücke ist das ein
typisches Schicksal. Viele Hersteller und Kunden setzen auf Mode,
die wenig kostet, wenige Waschgänge übersteht und massenhaft
verfügbar ist. Fast Fashion nennen Experten das. Diese Lust auf
neue Looks lässt die Altkleiderberge weltweit wachsen – und den
Müll. Denn Kleidung hochwertig zu recyceln, ist bisher technisch
kaum möglich. Aus alten Blusen oder Hosen die Fasern
zurückzugewinnen, um daraus neue Kleidung zu produzieren, geht
also kaum: „Man schätzt, dass weltweit gesehen, weniger als ein
Prozent der Alttextilien tatsächlich wieder in eine neue Kleidung
reinkommt. Also insofern findet Faserrecycling in der
Textilindustrie, also: für die Bekleidungsindustrie, nicht
statt.“

Das heißt: Kleidungsstücke müssten an sich anders – sprich:
recycelbarer – designt werden. Auch daran wird gearbeitet: Das
Berliner Start.up circular.fashion zum Beispiel hat dafür, neben
dem Info-Chip für Sortierbetriebe, ein zweites Produkt
entwickelt: eine Designsoftware für Modehersteller. Diese könnten
Hersteller nutzen, um nach besser recycelbaren
Material-Kombinationen zu suchen, erklärt Gründerin Ina Budde:
„Da würde ich erstmal das Grundmaterial von meinem Produkt
auswählen und dann wird die Design-Software mir eben auch gute
Alternativen, die eben auch genau für diesen Kreislauf
zusammenpassen, vorschlagen.“

Das Beste für die Umwelt: gar nicht erst etwas Neues in den
Kreislauf bringen, sondern Kleidung und Stoffe, die bereits im
Kreislauf sind, nutzen.

Fazit

Es ist keine leichte Aufgabe wirkliche Innovationen zu
entwickeln, die gleichzeitig auch an allen Punkten der
Herstellung nachhaltig zu sein. Und was genau bedeutet nachhaltig
eigentlich? Aber diese Frage hier zu erörtern, würde für diese
Episode zu weit führen.



--


Wenn dir diese Episode des Näh deinen Stil Podcasts gefallen
hat, würde ich mich sehr über eine positive Bewertung
freuen. 


ALLGEMEIN


Elle Puls Schnittmustershop und Nähblog


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Dein Erfolg beim Nähen soll lange anhalten. Nicht nur an der
Nähmaschine, sondern auch beim Tragen deiner selbst genähten
Garderobe. 


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