Der doppelte Jesus und das Archiv des Schauens

Der doppelte Jesus und das Archiv des Schauens

Besprechung von "Deconstruction of fallen Stars" / "In 10 Jahren, in 100 Jahren, in 1000 Jahren"
1 Stunde 4 Minuten
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Beschreibung

vor 5 Jahren
Was macht man, wenn man sich eigentlich drauf eingestellt hat, dass
der Sender die eigene Serie abgesetzt hat, das Finale bereits im
Kasten ist und plötzlich ein anderer Sender mit einem Vertrag für
eine weitere Staffel an die Tür klopft? Richtig: Dem alten Sender
mal so richtig den Stinkefinger zeigen. Blöd nur: Gabs schon vorher
kein Geld für die Serie, gibts jetzt mal so richtig kein Geld. Mit
dreimarkfuffzig und 4 Seiten Drehbuch in der Tasche muss halt was
gezaubert werden. Aber wir wissen ja schon aus Erfahrung: Not macht
manchmal sehr erfinderisch und meine Güte, hat der gute JMS da weit
ausgeholt und erzählt den episch...äh...minimalistischen
Handlungsbogen von der Hochzeit der Sheridans (Heißt Delenn jetzt
eigentlich Sheridan mit Nachnamen? Und welches Familiengericht ist
für eventuelle Sorgerechtstreitigkeiten zuständig?) bis zum Ende
des Univer....unserer Sonne. Und während man in der Hochzeitsnacht
darüber sinniert, ob das tausendjährige Reich wenigstens dieses Mal
länger hält als 12 Jahre bekommen wir auch schon die Auflösung: Ja.
100 Jahre Frieden (abgesehen von irgendwelchen Drakh-Seuchen,
Telepathenkriegen und einem Kampf um Centauri Prime) liegen hinter
uns. In nicht vorhanden Kulissen diskutieren also Studierende des
soundsovielten Jahrhunderts bedeutungsschwanger über Sheridan und
Delenn, als selbige höchstpersönlich erscheint, um das Mikro zu
greifen und selbiges nach ein paar nichtssagenden Worten
demonstratitv zu droppen. Und weiter geht die wilde Fahrt durch
Zeit und Raum. Und zwar zu künftigen Space-Nazis. Der
Dackelkrawattenträgernachfolger besinnt sich auf Tradition und will
für den bösen Zweck ein paar gute Fakten schaffen. Unter
zuhilfenahme modernster Holo-Videoschnitttechnik. Garibaldi
beobachtet das Ganze von der Bande und lässt sich vom
Standartenführer (Ja, er wurde zwischenzeitlich befördert. Und
nein, wir mussten die Dienstgrade erstmal nachlesen und haben die
nicht im Kopf) der Space-SS erst in seine Pläne einweihen um den
Rechten dann zu linken. Treppenwitz der Menscheitsgeschichte ist
quasi, dass Garibaldi damit den Krieg ausgelöst hat, der die Erde
fast vollständig vernichtet. Insofern passts wieder. 500 Jahre
später sehen wir das Ergebnis von Garibaldis Verhandlungskunst:
Glühende Landschaften und eine Infrastruktur, als hätten die
Verantwortllichen der deutschen Bahn das Kommando gehabt. Nämlich
nicht vorhanden. Bis auf ein kleines unbeugsames Kloster. Und das
Leben ist nicht leicht für die römischen Missionare, die als
Besetzung in den befestigten Lagern Blablarum, Aqualium, Laberium
und Kleinbudgetum liegen. Am Ende stellt sich sogar die komplette
Folge als einziger Dia-Abend heraus. Der Mensch als Proto-Vorlone
hat offenbar (genau wie Raphael während der Folge) Probleme mit der
DSL Leitung und muss deshalb persönlich (oder besser: Energetisch)
zur alten Heimat rollern, um dem Backup-Rechner einen Tritt zu
verpassen. Quasi so wie 90% unserer Generation zu Weihnachten zur
Geburtsstätte zurückkehert, um die heimischen IT-Probleme der
Eltern zu lösen. Apropos. Dem Rechner, der den Menschen 3.0
gerendet hat, hätte man vielleicht einen RAM-Riegel mehr spendieren
können. Denn da war offenbar wieder kein Geld da und wir fühlen uns
bei dem Anblick an Musik-Videos der 90er Jahre erinnert. Die Folge
schreit quasi aus jeder Faser "Geldmangel!" und die vom neuen
Sender gekürzte Drehzeit tut auch ihr Übriges. Sie ist schon im
Rahmen der 5ten Staffel entstanden und irgendein zwischending aus
nix halbem und nix ganzem. So wie ein Doctor Who Neujahrsspecial
nur mit einem 100tel des Budgets. Aber obwohl die Folge
größtenteils aus Leuten besteht, die in mäßig belichteten Kulissen
mäßig sinnstiftende Dinge sagen (Kleiner Tipp: Hör Dir auf der DVD
mal den Audiokommentar zur Folge an. Da stellen die Produzenten
mehrfach selber fest, dass jetzt wieder geredet wird) bewundern wir
doch die Selbstsicherheit, in der das Ganze präsentiert wird. Und
man sieht den Mangel rechts und links der Straße so sehr, dass man
das ein oder andere Schlagloch verzeiht und unter "rustikaler
Charme" verbucht. Raphael vergibt sogar seinen "Fetisch-Penis",
sein "ganz eigenes Ding" wie er sagt. Und was immer er damit meint.
Wir wissen, dass sich an dieser Folge die Geister scheiden, aber
wir können nicht anders, als 4,5 von 6 Penissen zu vergeben.

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