Gibt es ein Recht auf Pflichten?

Gibt es ein Recht auf Pflichten?

34 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Es ist eine wunderbare Sache, dass es Kinderrechte gibt,
wenngleich das in vielen Ländern noch nicht so bekannt zu sein
scheint. Die Kinderrechte sind in unserem Land unbestritten.
Niemand würde sich wünschen Kinderarbeit wieder einzuführen.
Dennoch scheint es mir manchmal, als hätte man das Kind mit dem
Bade ausgeschüttet.


Im Buch “Erziehen im Vertrauen” gibt es schon seit der
ersten Auflage ein Kapitel: “Die gleichwürdige Gemeinschaft”, das
in den Jahren seit dem Erscheinen eher noch an Brisanz gewonnen
hat: Viele Kinder in unserem Land wachsen auf, werden erwachsen
oder mindestens volljährig, ohne dass sie je das Gefühl gehabt
hätten, einen substanziellen Beitrag für die Gemeinschaft zu
leisten. Viele sind dazu verdammt, eine Art Gast-Dasein zu
fristen. Ich nehme nicht an, dass solche jungen Menschen sich
bewusst sind, dass ihnen etwas fehlt - im Gegenteil, die meisten
wären vielleicht sogar empört, wenn sie darauf angesprochen
würden. Es geht darum, dass Kinder nicht nur Rechte brauchen,
sondern auch die Gelegenheit, sich nützlich zu machen, einen
wirklichen Impact zu haben.


“Wir gehen in die Schule, das ist unsere Arbeit” habe ich
auch schon gehört. Ich denke, Kinder spüren, dass das nur die
halbe Wahrheit ist.


Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, als ich zum
ersten Mal einen Traktor fahren durfte. Endlich konnte ich mit
den Füssen das Gaspedal erreichen und hatte gleichzeitig den Kopf
über dem Lenkrad. Ich schwelgte in der Erkenntnis, dass ich jetzt
eine erwachsene Person ersetzte, die stattdessen hinten Heu auf
den Wagen lud oder den Rechen zog. Es war ein so erhebendes
Gefühl, ein richtiger Arbeiter zu sein. Später erlebte ich
Ähnliches, als mir der Grossvater das Melken beibrachte, obwohl
wegen der Melkmaschinen nur noch das Anmelken nötig war, dazu
aber taugten meine kleinen Hände wunderbar. Im eigenen Haushalt
litt ich unter der Konkurrenz meiner grösseren Geschwister, die
alle Arbeiten im Haushalt übernahmen, die von Wert waren und mir
nur noch jene Arbeiten liessen, die mir minderwertig vorkamen:
Sie lasen Äpfel ab, ich -auf. Konnte das eine erfüllende
Tätigkeit sein? Die Grossen pflanzten - ich jätete. Diese
missliche Lage - in unheiliger Allianz mit meiner Bequemlichkeit
- hinterliess in mir ein Gefühl von Minderwert, das durch gute
Schulleistungen nur zum kleinen Teil aufgehoben wurde.Darüber
hinaus lernte ich auch vieles nicht, traute mir immer weniger zu,
sodass ich erwachsen werden musste um wirklich zu glauben, dass
ich nicht zwei linke Hände habe. Noch heute aber muss ich mir
immer gut zureden, wenn es darum geht praktische Arbeiten
anzupacken.


Also: Gib deinen Kindern die Chance nützlich zu sein.
Spanne sie ein, auch wenn deren Bequemlichkeit manchmal dagegen
spricht und du manchmal schneller wärest ohne ihre Hilfe. Es
lohnt sich. Im Kapitel “Die gleichwürdige Gemeinschaft” findest
du hilfreiche Gedanken zum Thema.


Ich lade dich ein, im Podcast das Interview mit Claudia
Feierabend zu hören, die nicht nur eine tüchtige Sekretärin ist,
sondern auch engagiert im Team mitarbeitet.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: