«Best of»: Was der Irak mit dem Exodus seiner Juden verlor

«Best of»: Was der Irak mit dem Exodus seiner Juden verlor

2500 Jahre lang lebten Jüdinnen und Juden im Irak. In Bagdad war einst gar ein Viertel der Bevölkerung jüdisch. Dann: Der Holocaust, der Zweite Weltkrieg und die Staatsgründung Israels. Heute gibt es kaum mehr Juden im Irak, und auch immer weniger Chr ...
31 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
2500 Jahre lang lebten Jüdinnen und Juden im Irak. In Bagdad war
einst gar ein Viertel der Bevölkerung jüdisch. Dann: Der Holocaust,
der Zweite Weltkrieg und die Staatsgründung Israels. Heute gibt es
kaum mehr Juden im Irak, und auch immer weniger Christen. Das macht
auch vielen Muslimen Angst. Der Schriftsteller Eli Amir, 85, lebt
in Jerusalem. Bis heute sehnt er sich nach seiner Geburtsstadt
Bagdad, obwohl seine jüdische Familie dort auch schreckliche
Erfahrungen gemacht hat. Sie überlebte den «Farhud» von 1941, den
zweitägigen Pogrom in Bagdad. Danach begann der grosse – zum Teil
auch erzwungene – Exodus der jüdischen Bevölkerung aus dem Irak. In
Bagdad erinnern sich viele mit Nostalgie an ihre jüdischen Nachbarn
von einst. Musliminnen und Muslime schwelgen auf dem ehemaligen
jüdischen Hanun-Markt in den Erinnerungen an alte Zeiten, erzählen,
wie Religion im Alltag kaum eine Rolle gespielt habe, und wie eng
die nachbarlichen Beziehungen einst waren. Auch sie sehnen sich
nach dem Bagdad, an das Eli Amir noch jeden Tag denkt, und an einen
Irak, den man einst «Vater der Religionen» nannte, weil so viele
religiöse Minderheiten dort lebten. «Der Irak ist wie ein
Blumenstrauss: entfernt man eine Blume nach der anderen, dann ist
es nicht mehr der Irak», sagt Lara Yussif Zara, die christliche
Bürgermeisterin von Alqosh. Sie weiss, wovon sie spricht: Der Irak
hat nicht nur seine Juden, sondern auch achtzig Prozent seiner
Christinnen und Christen verloren. Der Verlust der religiösen
Minderheiten wurde mit dem US-Einmarsch in den Irak 2003
beschleunigt. Auch, weil der schiitische Mullah-Staat Iran das
Chaos nach den Kriegen, die auf den Sturz Saddam Husseins folgten,
nutzte, um den Irak zu kontrollieren. Den alten Irak, nach dem sich
heute viele Menschen sehnen, gibt es noch im Kleinen: zum Beispiel
in einer versteckten Synagoge in Bagdad. (Erstausstrahlung: 10.
September 2022)

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