Sehnsucht

Ein Beitrag zur Serie "Der Pfad zum Selbst". Texte und
Sprachnotizen, die ich in den Jahren meiner "Suche" spontan
aufgezeichnet habe.


Sehnsucht. Sehnsucht. Ich halte sie. Ich lass sie einfach zu.


Ich umarme sie, halte sie achtsam, ohne sie auflösen zu wollen,
ohne sie zum Ziel führen zu wollen. Ich lass sie von selber ganz
langsam fließen.


Die Sehnsucht nach dem Ziel, die Sehnsucht nach dem Ankommen, die
Sehnsucht nach der Vereinigung, nach der Sicherheit, nach dem
Abschluss.


Dabei ist das Ziel nur das Ende.


Das Ziel ist nur ein ganz kurzer Punkt am Ende des Weges. Aber
jeder Schritt vom ersten bis zum letzten, ist ein Teil des Ziels.
Ist laufen im Ziel, ist sich bewegen durch das Ziel im Ziel.


Das Ziel fängt mit dem ersten Schritt an und endet mit dem
letzten. Was gibt es schöneres als jeden Schritt als Ziel
wahrzunehmen, achtsam zu feiern, zu genießen und genauso die
Sehnsucht auf dem Weg zu genießen.


Die Sehnsucht, die nicht weiß, ob das Ziel jemals überhaupt
erreicht werden kann, ob das Ziel jemals so wie man es sich
vorstellt, wie ich es mir vorstelle, ob das überhaupt jemals so
aussehen wird. Die Sehnsucht nach einem Ziel, was ich nicht
kenne, was ich mir wünsche, was ich mir vorstelle aufgrund von
meinen Erfahrungen in meinem Leben, aufgrund von meinen
bisherigen Zielen, die ich erreicht habe.


Ein Ziel, das ich mir als Erlösung, als Ort der Freiheit des
Wohlseins vorstelle. Und diese Sehnsucht nach diesem Ziel, halte
ich einfach, achtsam, ohne Angst vom Weg abzukommen, ohne Angst
vor der Sehnsucht selbst, ohne Angst dieses Gefühl nicht ertragen
zu können.


Ich nehme an, ich nehme es einfach an, die Sehnsucht ist die
Bewegung auf das Ziel zu, die Sehnsucht ist die Bewegung im Ziel,
denn das Ziel ist nicht das Ende, sondern das Ziel ist der erste
Schritt, der Weg zwischen dem ersten Schritt und dem letzten
Schritt. Ich bewege mich bereits im Ziel. Die Sehnsucht ist das
Ziel.


In jedem Moment ist Sehnsucht nach Leben. Die Sehnsucht ist ein
Kreislauf, der Kreis des Lebens. Sie beginnt immer wieder von
Neuem. Ich halte sie. Und bleibe bei ihr.