Trafostation 15: Wer kopiert, verachtet Innovation
mit Wolf Lotter und Christoph Pause
17 Minuten
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Lohnt sich Innovation heute noch? Über unser gestörtes Verhältnis
zum Original und Nachahmung in Zeiten der Wissensökonomie sprechen
Wolf Lotter und Christoph Pause in der „Trafostation“. Früher
wurden Künstler und ihre Verleger beklaut, Bücher im Copyshop
reproduziert und Musik auf Kassetten mitgeschnitten. Konnte man
damals eine Fälschung ohne Aufwand erkennen – weil die Buchseite
einen starken Druckrand hatte oder die Musik beim Abspielen
rauschte – ist es heute nicht mehr so einfach. Der Computer, die
digitale Universal-Maschine, schafft Kopien, die vom Original nicht
mehr unterscheidbar sind. „Was digital perfektioniert wurde, ist
ein Merkmal der Industriegesellschaft und ihres Betriebssystems“,
meint Wolf Lotter. Die Fabrik sei demnach nichts anderes als eine
riesige Kopiermaschine, die außer der sogenannten Form viele
einzelne Abzüge herstellt. Wir leben in einer Welt der Kopien. Die
Ideologie heute wie früher: Gerecht ist, was gleich ist. Und nichts
ist gleicher als die Kopie, stellt Lotter fest: „Masse, Kopie,
Nachahmung, das Ende der Persönlichkeit und der Kampf gegen das
Original. Sie gehören zusammen.“ Wir haben ein zutiefst gestörtes
Verhältnis zum Echten, meint der Publizist und verweist auf die
Unternehmenswelt: Warum ist abweichendes Denken so verpönt und
warum ist es leichter, dem Chef eine geklaute Idee von jemand
anderem zu verkaufen, als eine eigene zu entwickeln? Ein Blick ins
Supermarktregal oder in E-Commerce-Plattformen bestätigt: Wir geben
uns damit zufrieden, dass es das Original sowie 500 Nachahmungen
gibt. Und das untergräbt auch die Motivation von Unternehmern, die
sich viel einfallen lassen. „Unsere Kultur verachtet das Neue, die
Veränderung, damit die Innovation und das Original“, sagt Lotter.
Was nicht passt, wird passend gemacht. Doch wie wird ein System so
attraktiv, dass man nach einer Innovation, die nachgeahmt wird,
wieder die Kraft, die Mittel und die Anreize hat, das nächste
Projekt anzugehen? Ob sich das lohnt, sei laut Lotter eine
Kulturfrage: in der Organisation, der Wirtschaft und der
Gesellschaft. „Wir haben Ansprüche an Menschen, dass sie mit dem,
was die Realität anbietet, realistisch umgehen. Also nicht mit dem
Ellbogen durch die Welt zu gehen, sondern auch etwas in Form von
Ideen und Problemlösungen zurückzugeben“, betont Lotter. Jeder
Handwerker mache das so, Intellektuelle aber immer weniger. Wenn
Menschen im Zeitalter der Wissensökonomie den Austausch von Wissen
so missverstehen, dass sie sich ihren Teil nehmen, aber nichts mehr
zurückgeben – dessen ist sich der Buchautor sicher – dann stimme
etwas nicht.
zum Original und Nachahmung in Zeiten der Wissensökonomie sprechen
Wolf Lotter und Christoph Pause in der „Trafostation“. Früher
wurden Künstler und ihre Verleger beklaut, Bücher im Copyshop
reproduziert und Musik auf Kassetten mitgeschnitten. Konnte man
damals eine Fälschung ohne Aufwand erkennen – weil die Buchseite
einen starken Druckrand hatte oder die Musik beim Abspielen
rauschte – ist es heute nicht mehr so einfach. Der Computer, die
digitale Universal-Maschine, schafft Kopien, die vom Original nicht
mehr unterscheidbar sind. „Was digital perfektioniert wurde, ist
ein Merkmal der Industriegesellschaft und ihres Betriebssystems“,
meint Wolf Lotter. Die Fabrik sei demnach nichts anderes als eine
riesige Kopiermaschine, die außer der sogenannten Form viele
einzelne Abzüge herstellt. Wir leben in einer Welt der Kopien. Die
Ideologie heute wie früher: Gerecht ist, was gleich ist. Und nichts
ist gleicher als die Kopie, stellt Lotter fest: „Masse, Kopie,
Nachahmung, das Ende der Persönlichkeit und der Kampf gegen das
Original. Sie gehören zusammen.“ Wir haben ein zutiefst gestörtes
Verhältnis zum Echten, meint der Publizist und verweist auf die
Unternehmenswelt: Warum ist abweichendes Denken so verpönt und
warum ist es leichter, dem Chef eine geklaute Idee von jemand
anderem zu verkaufen, als eine eigene zu entwickeln? Ein Blick ins
Supermarktregal oder in E-Commerce-Plattformen bestätigt: Wir geben
uns damit zufrieden, dass es das Original sowie 500 Nachahmungen
gibt. Und das untergräbt auch die Motivation von Unternehmern, die
sich viel einfallen lassen. „Unsere Kultur verachtet das Neue, die
Veränderung, damit die Innovation und das Original“, sagt Lotter.
Was nicht passt, wird passend gemacht. Doch wie wird ein System so
attraktiv, dass man nach einer Innovation, die nachgeahmt wird,
wieder die Kraft, die Mittel und die Anreize hat, das nächste
Projekt anzugehen? Ob sich das lohnt, sei laut Lotter eine
Kulturfrage: in der Organisation, der Wirtschaft und der
Gesellschaft. „Wir haben Ansprüche an Menschen, dass sie mit dem,
was die Realität anbietet, realistisch umgehen. Also nicht mit dem
Ellbogen durch die Welt zu gehen, sondern auch etwas in Form von
Ideen und Problemlösungen zurückzugeben“, betont Lotter. Jeder
Handwerker mache das so, Intellektuelle aber immer weniger. Wenn
Menschen im Zeitalter der Wissensökonomie den Austausch von Wissen
so missverstehen, dass sie sich ihren Teil nehmen, aber nichts mehr
zurückgeben – dessen ist sich der Buchautor sicher – dann stimme
etwas nicht.
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