#123 - Ausbildung Studium und Beruf – meine Karriere mit MS

#123 - Ausbildung Studium und Beruf – meine Karriere mit MS

In Folge #123 berichte ich Dir, was mir geholfen hat, erfolgreich meinen Ausbildungs- und Berufsweg mit Multipler Sklerose zu gehen. Welche Etappen gab es bei mir? Welche Eigenschaften haben mir geholfen, immer wieder ein Stück voran zukommen? Und...
54 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren



In Folge #123 berichte ich Dir, was mir geholfen hat,
erfolgreich meinen Ausbildungs- und Berufsweg mit Multipler
Sklerose zu gehen. Welche Etappen gab es bei mir? Welche
Eigenschaften haben mir geholfen, immer wieder ein Stück
voran zukommen? Und wie hat die MS meinen Weg beeinflusst?

Hier geht es zum Blogbeitrag:
https://ms-perspektive.de/meine-karriere-mit-ms


Vielleicht hilft Dir der ein oder andere Impuls auf Deinem
Weg. Mir ging es immer darum, Neues zu lernen, mit tollen
Menschen zusammen zu sein, mich einzubringen und davon gut
leben zu können. Meine Route beinhaltete auch Hürden und
verlief eher gewunden. Ich habe unterwegs herausgefunden,
was mein nächster Meilenstein werden soll. Und dort
angekommen, verweilte ich eine Weile, bis ich zur nächsten
Station aufbrach. Vermeintliche Sackgassen eröffneten mir
neue Möglichkeiten, an die ich vorher gar nicht gedacht
hatte. Darum, bleib offen, interessiert, flexibel und
lernbereit, dann wird gewiss auch Dein Weg spannend und
erfolgreich.
















Ist Karriere mit MS überhaupt möglich?
















Natürlich. Du kannst so ziemlich jeden
Beruf ausüben, der Dir vorschwebt.
Berufe im medizinischen Bereich von
Krankenpfleger über Ärztin bis hin zu
Wissenschaftler. Du kannst Künstler
werden, Anwalt, Polizist, Handwerker,
Sekretärin, Techniker, Bürokaufmann,
Erzieherin, was auch immer. Es gibt
auch den riesigen Bereich des
Ehrenamtes, falls das eher zu Dir
passt. Dabei erhältst Du zwar maximal
eine geringe Aufwandsentschädigung,
aber Anerkennung, das Gefühl gebraucht
zu werden, und bist eingebunden in ein
soziales Gefüge.


Je nachdem, wie es Dir persönlich geht,
ist es vielleicht erforderlich, gewisse
Anpassungen vorzunehmen, wie eine
reduzierte Stundenanzahl oder
irgendwelche Unterstützungen.


Ich selbst hatte immer das Glück
Vollzeit arbeiten zu können und wenig
bis keine Einschränkungen durch die MS
hinnehmen zu müssen. Das verdanke ich
gewiss auch meiner funktionierenden
verlaufsmodifizierenden Therapie, die
mich davor schützt, dass die MS weiter
voranschreiten kann.






Berühmte Menschen mit MS






Es gibt einige berühmte MS-Patienten
mit ganz unterschiedliche
Karrieren. Malu
Dreyer ist seit Januar
2013 Ministerpräsidentin von
Rheinland-Pfalz. Ihre Diagnose erhielt
sie bereits 1995. Teilweise nutzt sie
einen Rollstuhl für längere Strecken,
das hindert sie aber nicht daran eine
hohe und verantwortungsvolle Position
auszuüben.


Selma Blair ist
Schauspielerin. Sie erhielt ihre
Diagnose 2018 und hat ihren Kampf gegen
die Erkrankung offiziell geführt.
Aufgrund einer hochaktiven MS entschied
sie sich für
eine Stammzelltherapie,
die offenbar erfolgreich bei ihr
verlief.


Es gibt mehrere Profisportler, die die
Diagnose während ihrer aktiven Laufbahn
erhielten.


Stan Belinda, spielte
in der Major League Baseball als
Werfer. 


Josh
Harding spielte nach
seiner Diagnose 2012 noch mehrere Jahre
als Eishockey-Torhüter bei den
Minnesota Wild und schloss ein Jahr
sogar als bester Torhüter der gesamten
NHL ab.


Lori
Schneider ist
Bergsteigerin. Sie erhielt ihre
Diagnose 1999 und bestieg 2009
als erste Person mit MS
den Mount-Everest. Außerdem
organisierte sie eine Besteigung des
Kilimandscharo, des höchsten Berges von
Afrika mit weiteren MS-Betroffen und
Parkinson-Betroffenen.


Joan Didion war
eine mehrfach ausgezeichnete Autorin.
Sie wurde 87 Jahre alt und
veröffentliche bis zu ihrem Lebensende
neue Werke.






Interviewgäste mit MS






Selbstverständlich gibt es jede Menge
normale Menschen mit MS, einige durfte
ich bereits für den Podcast
interviewen. Im medizinischen Sektor
arbeiten:



Krankenschwester Regina
Rikowski,


Physiotherapeutin
Corinna und


Altenpflegerin Michaela
Neuschwander.



Bei den selbstständig Kreativen gibt
es:



Autorin und Verlegerin Sarah
Roller,


Cartoonist und Karikaturist
Phil Hubbe sowie


Schauspieler,
Synchronsprecher, Autor und Moderator
Frank Sandmann.



Doch das Feld ist noch um einiges
weiter und umfasst:



Medizininformatiker
Martin,


Risk-Managerin Corinna
Franz,


Stadtverordneten Frank F.
König,


Yogalehrerin und Coach
Andrea,


Disponent Can Erten,

und Erzieherin und
nebenberuflich selbstständige
Dana.



Vermutlich habe ich nicht alle
aufgezählt und entschuldige mich
hiermit bei denen, die aktiv sind, ich
bereits interviewt habe und hier nicht
gelistet wurden.






Die Basis meines beruflichen Erfolges mit
MS






Wenn ich mein bisheriges Arbeitsleben
überdenke, dann sind zwei Punkte
besonders wichtig. Das ich mich dem
lebenslangen Lernen verschrieben habe
und auf mein Bauchgefühl höre.
Bauchgefühl definiere ich so, dass es
die Mischung zwischen den logischen
Fakten und meinen Emotionen bildet.






Meine Ausbildungsstationen im Überblick






1999: Abitur in Dresden
2001: staatlich anerkannte
gestaltungstechnische Assistentin für
Medien und Kommunikation
2008: Diplom Medienmanagerin
2015 – 2018: Ehrenamt –
Vorlesepatin
Seit 2016: Autorin und Bloggerin
Seit 2020: Podcasterin
Seit 2022: Volle Selbstständigkeit






Mit der Ausbildung fit fürs Berufsleben (4
Jahre vor MS-Diagnose)






Nach dem Abitur hatte ich zunächst
keine Lust auf ein Studium und begann
im Herbst 1999 eine kreative schulische
Ausbildung, die zwei Jahre dauerte und
jeweils Praktika im Sommer beinhaltet.
Ich lernte viel über Darstellung und
Gestaltung, Webdesign, Marketing,
Video, Audio, Animation, Fotografie und
Wirtschaftslehre. Die Praktika im
Sommer fanden in Unternehmen statt. Ich
musste sie mir selbst suchen und bekam
einen ersten Eindruck, wie ich
anschließend mein Geld verdienen
konnte.


Ich lernte viel praktisches und erhielt
eine generalistische Ausbildung, die
zwar nicht in die Tiefe ging, dafür
aber eine große Bandbreite an
Möglichkeiten eröffnete. An der Stelle
möchte ich mich noch mal bei meinen
Eltern bedanken, die mir geholfen haben
mich zu orientieren und die Ausbildung
bezahlt haben. Das ist nicht
selbstverständlich und stellt bis heute
eine solide Basis für mein kreatives
Können dar.






Berufseinstieg in der Werbeagentur (2 Jahre
vor Diagnose MS)






Im Herbst 2001 fing ich nahtlos nach
Ausbildungsende in einer kleinen
Dresdner Werbeagentur an. Dort erlebte
ich manch Höhen und Tiefen. Ich durfte
kreativ arbeiten, aber nach klarer
Vorgabe und manchmal ging es um
einfache Themen, wie den Satzspiegel
oder Bildbearbeitung. Also darauf
achten, dass ein Text wenig Umbrüche
und wenig Löcher auf der Seite aufweist
und stundenlang Bilder ausschneiden und
retuschieren. Die
Aufstiegsmöglichkeiten waren begrenzt
und ich saß den Großteil des Tages
allein vorm Rechner. Schnell wurde mir
klar, dass ich das nicht für den Rest
meines Lebens machen wollte.


Also schaute ich mich nach einem
Studium um. Die Plätze für
Medienmanagement waren begrenzt, es gab
einen Eignungstest und dann
glücklicherweise die Zusage. Ziemlich
zeitgleich ging die Agentur, in der ich
arbeitete, in Insolvenz. Das bedeutete
konkret, dass ich drei Monate kein Geld
bekam, aber zum Glück dann noch vom
Arbeitsamt ausbezahlt. Um mir kein Geld
von meinen Eltern leihen zu müssen,
arbeitete ich in der Zeit in der Woche
in der Agentur und am Wochenende jobbte
ich im Gastrobereich, wo ich das Geld
gleich ausgezahlt bekam. War nicht
schön, aber eine dennoch lehrreiche
Erfahrung.


Die drei Monate bis zum Studienbeginn
überbrückte ich als Leiharbeiterin. Als
der letzte Tag in der Agentur zu Ende
war, erstellte ich meine
Bewerbungsmappe, ging zu mehreren
Arbeitsvermittlern und hatte zwei
Wochen später einen Job bei Vodafone am
Empfang. Und weil ich dort motiviert
& engagiert arbeitete, bekam ich
ein paar Wochen später das Angebot vom
Finanzchef direkt von der Firma
angestellt zu werden und meine Karriere
mit einem klassischen Bürojob
weiterzuführen. Das war natürlich
wohltuend so ein Angebot zu erhalten,
aber ich entschied mich für das
Studium. Dafür hatte ich aber gleich
schon den Job als Werkstudentin bei
Vodafone gesichert, der mir einige
Jahre Geld einbrachte und ich somit
keine ganz arme Studentin war. Immer
freitags und Samstag ging ich in
Dresden arbeiten und unter der Woche
studierte ich in Mittweida.






Studienbeginn (1 Jahr vor MS-Diagnose)






Im Herbst 2002 startete ich also in
Mittweida, einer kleinen Stadt nahe
Chemnitz mein Fachholstudium des
Medienmanagements. Manche meiner
Kommilitonen kamen direkt vom Abitur,
andere hatten bereits wie ich
Ausbildung und Arbeit hinter sich. Nur
wenig Geld zu haben, bedeutete eine
Umstellung und das Leben in der
Kleinstadt ebenfalls. Aber es ging mir
gut und ich lernte viel. Die Fächer
waren auch hier vielfältig und eher
breit angelegt. Sie reichten von
Medienlehre, Medientechnik und
Medienwirtschaft jeweils über alle
Mediensparten, sprich Zeitung, Radio,
TV und beinhalteten auch Recht,
Medienpsychologie und andere.


Das eigentlich Besondere waren aber die
vielen Projekte, die neben Lehre
liefen. So war ich mal
Nebendarstellerin in Kurzfilmen,
erstellte eigene Beiträge für den
eigenen Radiosender, schrieb Artikel
für die Zeitung und half mit bei
Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit
für unser jährliches Theaterstück.


Gerade diese praktischen Erfahrungen
waren besonders wertvoll. Zu merken, wo
es schwierig wird, im Team arbeiten und
in einem relativ geschützten Rahmen
auch Rückschläge hinzunehmen, um
anschließend das Problem zu lösen.






Sehnerventzündung & Diagnose






Im Sommer 2003 fuhr ich mit einem guten
Freund nach Düsseldorf. Die Sehprobleme
hatten kurz vorher begonnen, nahmen
aber zu. Ich sah verschwommen und
blass. Also steuerten wir direkt die
Uniklinik in Düsseldorf an. Ich wurde
stationär aufgenommen, erhielt
intravenös in Cortison und bei
Entlassung stand die Diagnose KIS
(klinisch isoliertes Syndrom).


Ich dachte mir nichts weiter, bis ich
im Sommer 2004 die Diagnose MS erhielt.
Das war zunächst ein großer Schock.
Doch vom Tief erholte ich mich recht
schnell, auch dank der Unterstützung
meiner guten Freunde, die mich bis
heute begleiten.


Ich trank nun keinen Alkohol mehr auf
Parties.






Pflichtpraktikum & Werkstudentin bei
Siemens (unmittelbar nach Diagnose)






Im Sommer 2004 folgte mein
Pflichtpraktikum in München im
Headquarter von Siemens. Das war
richtig spannend. Ein halbes Jahr
arbeiten mit einer Bezahlung, die für
ein gemietetes Zimmer und ein bisschen
private Ausgaben reichte. München war
auch damals schon teuer.


Ich durfte bei verantwortungsvollen
Projekten mitarbeiten und sogar
Teilaufgaben übernehmen, nachdem ein
Kollege nach Südafrika ging für eine
Job Rotation. Ich arbeitete am
Videoschnitt der Corporate Videos und
im Bereich globales
Konzernmarketing.
Dort wurde mein Interesse fürs Ausland
geweckt. Es gab einen englischen
Kollegen, der nach Indien ging, ein
Kollege aus Holland arbeitete im Team
und überhaupt war die Welt groß und
international.


Aufgrund meines guten Eindruckes, den
ich hinterlassen hatte, erhielt ich
kurz nach dem Ende des Praktikums die
Anfrage, ob ich nicht als
Vollzeit-Werkstudentin nach Forchheim
gehen wollte.


Das Angebot interessierte mich sehr.
Also klapperte ich meine Professoren ab
und fragte, ob ich eine Entbindung von
der Anwesenheitspflicht bekommen
könnte, um meine praktischen
Erfahrungen zu vertiefen und einen Fuß
bei Siemens in die Tür zu bekommen.
Schließlich war und ist es einer der
größten Arbeitgeber in Deutschland. Es
war möglich und so suchte ich mir
schnell ein Zimmer, was ich in Bamberg
fand. Die Studienthemen, inklusive
Hausarbeiten, arbeitete ich abends
nach, fuhr meist am Wochenende nach
Mittweida, um Hefter abzuschreiben und
nahm meine Urlaubstage für die
Prüfungen. Es war stressig, aber auch
spannend. Denn ich war in der
Medizintechnik gelandet bei der
Computertomographie. Auf dem gleichen
Gelände waren auch noch die Kollegen
vom MRT. Allerdings hatte ich da
Berührungsängste, weil ich zu dem
Zeitpunkt, alle MS-Themen lieber weit
von mir schieben wollte. Ich versuchte
zwar besonders bewusst zu leben, aber
ansonsten zu verdrängen, dass ich MS
hatte. Auch hier wusste keiner von
meiner Erkrankung. Ich blieb ein halbes
Jahr in Forchheim und lehnte das
Angebot auf Verlängerung ab, weil ich
mich für das letzte Semester an der
Hochschule noch mal voll aufs Studium
konzentrieren wollte. War doch eine
recht stressige Zeit.


Aber ich wusste nun endgültig, dass ich
in die USA gehen wollte, um mein
Englisch zu perfektionieren, und
einfach mal im Ausland zu leben. Durch
meine Kontakte wußte ich von offenen
Stellen bei Siemens Medizintechnik in
den USA, wo ich mich als Praktikantin
bewerben konnte. Drei Interviews bei
verschiedenen Chefs waren nötig, bis
ich eine Zusage erhielt. Dranbleiben
lohnt sich also und nicht entmutigen
lassen, wenn es beim ersten Mal nicht
klappt.






Chicago (2 Jahre nach Diagnose)






Es wurde die Nuklearmedizin.
Diagnostische Geräte, die extrem feine
Auflösung anschauen und in den
Bereichen Kardiologie, Onkologie und
Neurologie eingesetzt wurden. Ich war
in der Marketingabteilung, lernte dort
viel Neues. Denn Marketing kann sowohl
Siemens, aber vor allem auch
Amerikaner. Mein englisch wurde
fließend, ich belegte für drei Semester
Italienisch in Abendkursen, lernte Land
und Leute kennen durch meine privaten
Kontakte und Kurzurlaube und wurde viel
selbstständiger und selbstbewusster.
Außerdem wurde mir unzählige Male vor
Augen geführt, dass es ganz
verschiedene Herangehensweisen zu einem
Thema gibt und es nur selten ein
eindeutiges richtig und falsch gibt.


Nach dem halben Jahr Praktikum erhielt
ich das Angebot für ein weiteres Jahr
richtiges Arbeiten zu bleiben mit
entsprechend mehr Verantwortung. Nach
kurzer Überlegung entschied ich mich
dafür und blieb auf mein Studentenvisum
da.


Anschließend erhielt ich die Chance,
noch ein Jahr dranzuhängen mit
richtigem Arbeitsvisum. Darüber dachte
ich einige Wochen nach und verhandelte
über meine Konditionen. Obwohl sie mir
gewährt wurden und ich eine sehr gute
Bezahlung erhalten hätte, entschied ich
mich am Ende doch wieder zurück nach
Europa zu gehen.


Das lag an mehreren Gründen. Meine
Familie nur selten sehen und im
Ernstfall nicht schnell nach
Deutschland reisen zu können. Nur zehn
Tage Urlaub und fünf Krankheitstage.
Der massive Besitz von Waffen in
Privathand. Krasse Unterschiede im
Vermögensgefälle, was zu ständigen
Spannungen führt. Und das Gefühl, dass
ich dort wohl nicht den Mann fürs Leben
finden würde und auch zu sehr
Europäerin im Herzen war, um dauerhaft
dazubleiben, aber jedes Jahr länger die
Rückkehr schwerer machen würde.


Also ging es für mich zurück nach
Dresden. Doch nach 1,5 Jahren Chicago,
waren mir sowohl meine Heimatstadt, als
auch der Großraum Nürnberg-Erlangen zu
klein, wohin ich viele Kontakte bei
Siemens hatte.






Diplomarbeit verteidigen & Jobsuche (MS
seit 4 Jahren)






Zunächst musste ich meine Diplomarbeit
abgeben und verteidigen. Ich war total
aufgeregt, obwohl ich superlange daran
gearbeitet hatte und sie sehr
ausführlich war. Ich erhielt eine eins
und mein Professor hatte nichts daran
auszusetzen, dennoch begleitete mich
einige Tage eine Magenverstimmung von
dem Stress und sicherlich auch aufgrund
der Zukunftsangst. Einen gut bezahlten
Job in Chicago abgelehnt, die Option
Siemens in Deutschland nicht nutzen,
wegen meiner persönlichen Vorliebe für
große Städte. War das zu viel gewollt?
Überspannte ich den Bogen?


Ich bewarb mich bei einigen
Unternehmen, überlegte auch, ob ich
nach Norditalien gehen sollte. Italien
war schon immer meine große Liebe als
Land in Europa und Mailand eine
attraktive Stadt.


Aber nachdem ich mich etwas genauer
darüber informiert hatte, wie Bezahlung
und Lebenshaltungskosten zueinander in
Verhältnis standen, begrub ich diese
Idee.


Ich erhielt einige Absagen, führte
mehrere Interviews und dann kam die
Zusage aus Wien für eine Stelle im
Produktmarketing für ein weltweites
Technikunternehmen mit der Ausrichtung
auf den osteuropäischen Raum. Klang
spannend. Chef war sympathisch und Wien
eine schöne Stadt. Ich startete und
erlebte mehrere Dinge, die mir nicht
gefielen. Großraumbüro und sehr laut
mit vielen verschiedenen Sprachen, die
gesprochen wurden. Die Sprachen
gefielen mir, aber nicht die
Lautstärke. In den USA gab es Cubes,
die dämpften die Geräusche, dort nicht.
Ich stand bei einem Lokaldurby der
Clubs plötzlich zwischen gewaltbereiten
Fans und Polizei. Abends musste ich
mehrfach hungrig ins Bett, weil ich
nirgendwo mehr Essen bekam, bloß weil
ich lange im Büro gearbeitet hatte. Und
auf Arbeit wurden mir ständig Meetings
abgesagt und ich alleingelassen, ohne
jede Einarbeitung und das in einem
neuen Bereich.


Zeitgleich kam die Zusage für Berlin,
wo ich im Zweierbüro sitzen würde, mit
einem sympathischen Chef und Kollegen,
ähnlichen Konditionen, meiner Schwester
und Oma in der Stadt, nicht weit weg
von Dresden und gewiss mehr
Möglichkeiten abends essen zu bekommen
als in Wien am Stadtrand. Ich kündigte
am Montag in Wien, reiste nach Dresden
ab und startete am Donnerstag den Job
in Berlin. Basierend auf meinem
Bauchgefühl.






13 Jahre Berlin: 2008 - 2021






Aber nun war ich die sechsmonatige
Probezeit ziemlich angespannt, der
Winter kalt, die S-Bahn kam oft später,
und ich fror beim Warten am Gleis. Ich
verschleppte Erkältungen und die
Rechnung kam Weihnachten mit meinem
zweiten Schub.


Immerhin hatte es ein Gutes, ich begann
mit einer Basistherapie, denn die
Empfehlungen hatten sich seit 2004
geändert. Mit der Diagnose MS sollte
man eine verlaufsmodifizierende
Therapie starten. Und das MS-Zentrum
Dresden existierte seit Kurze. Bis
heute werde ich dort betreut, obwohl
ich seit Beginn meiner Betreuung dort
nie in Dresden gewohnt habe. 


Bei meinem Job in Berlin arbeitete ich
als internationale
Marketingspezialistin in einer
Spezialchemiefirma. Englisch war
Voraussetzung. Ich agierte in einem
internationalen Umfeld, reiste mehrfach
dienstlich nach Asien – vor allem
Korea, Japan und China. Über die Jahre
konnte ich an vielen exzellenten
Weiterbildungen teilnehmen und hatte
sehr gute Konditionen, was Bezahlung,
Urlaub, Überstundenregelung und
Absicherungen anging.


Neben vielen tollen Kollegen lernte ich
außerdem beim Betriebssport meinen
heutigen Ehemann kennen.


Was mir aber mit der Zeit immer mehr
fehlte, waren die Selbstverwirklichung
und das Neue. Es gab auch kaum
Entwicklungsmöglichkeiten für mich. So
machte ich den gleichen Job für viele
Jahre und immer mehr wuchs in mir das
Bedürfnis nach Abwechslung.






Ehrenamt & Erste Schreibkurse (11 Jahre
nach MS-Diagnose)






Nach einer Weile suchte ich mir in
meiner Freizeit neue Aufgabenfelder.
Ich las ehrenamtlich Kindern zwischen 4
und 8 Jahren vor bzw. half ihnen dabei,
selbst lesen zu lernen. Ich belegte
einen Kurs an der Volkshochschule zum
Thema Kinderbücher schreiben. Das
machte mir so einen Spaß, dass ich dran
blieb und mittlerweile sechs
Kinderbücher (Jahreszeitenreihe,
Bilderbuch & ABC-Tiergedichte)
veröffentlicht habe, die
Website nelehandwerker.de und
weitere Buchprojekte geplant sind.


Ich belegte einen Kurs über das
Sachbuchschreiben, der mir sehr dabei
half meinen Erfahrungsbericht über
meine erste 15 Jahre mit MS zu
schreiben „Multiple
Sklerose? Keine Angst!“.


Es folgte ein Krimischreibkurs, der in
einer bereits geplanten Krimibuchreihe
enden soll.






MS-Sachbuch & Podcast (seit 16 Jahren
MS-Diagnose)






Das MS Thema bekam zunehmend mehr
Gewicht und mit meiner Tochter änderte
ich meine Einstellung zur Erkrankung.
Statt sie vor den meisten Menschen
geheimzuhalten, wollte ich nun anderen
Mutmachen und Wissen leicht
verständlich aufbereitet weitergeben.
So startete ich die Webseite
ms-perspektive.de und den zugehörigen
MS-Perspektive-Podcast Frühjahr 2020und
veröffentlichte mein Buch. Seitdem sind
über 120 Folgen mit Experten,
Betroffenen, Solofolgen erschienen und
der Podcast wurde über 50.000 angehört.


Aufgrund meines Engagements und dem
Herzblut was ich hineinstecke,
entstanden Anfragen zu Beratung und
Beiträgen. Denn heutzutage gewinnt die
Sichtweise der Betroffenen immer mehr
an Bedeutung. So passierte etwas, womit
ich nicht gerechnet hatte. Plötzlich
erschien erst nebulös, dann immer
klarer die Möglichkeit mit dem, was mir
wichtig ist, Geld zu verdienen und
gleichzeitig einen sinnvollen Beitrag
zu leisten. Das war am Anfang nie mein
Ziel gewesen. Umso größer meine Freude.






Selbstständigkeit (18 Jahre Leben mit MS)






Und so starte ich zum Tag der
Ausstrahlung der Folge in die
vollständige Selbstständigkeit als
Patientenvertreterin, die die
Perspektive von Menschen mit MS
weitergibt, für die Bedürfnisse und
Wünsche eintritt. Und vor allem möchte
ich, dass Du aufgrund der
Informationen, die Du hier erhältst,
ein besseres Leben mit MS führen
kannst, sowohl gesundheitlich als auch
emotional. Das ist mein persönlicher
Antrieb.


Die Vielfalt, die es mir ermöglicht ist
ein weiterer Punkt, den ich liebe. Denn
ich bin Podcasterin, Autorin,
Bloggerin, Speakerin, Mutmacherin und
bemühe mich täglich, um einen
verständlichen und fundierten
Wissenstransfer und darum Menschen und
Organisationen zusammenzubringen.


Es gibt so viele engagierte und
großartige Menschen, die daran
arbeiten, unser Leben besser zu machen,
sie verdienen es gehört zu werden und
Anerkennung für ihre Leistungen zu
bekommen.






Resümee – kann ich mit MS überhaupt
arbeiten?






Auf jeden Fall! Definiere Dein Ziel und
überlege Dir dann wie Du es erreichst!
Normalerweise gehören dazu Wissen,
Kontakte, praktische Erfahrungen und
Unterstützung verschiedenster Art.


Und Du darfst nicht beim ersten
Scheitern aufgeben, sondern es immer
wieder versuchen bis es klappt und am
besten analysieren, woran es hapert.
Denn dann kannst Du schneller Dein Ziel
erreichen.






Meine Tipps für eine erfolgreiche
Berufslaufbahn






Lernen immer wieder Neues hinzu und
höre nie damit auf. Sei und bleibe
offen für Menschen und Neuerungen in
jeglicher Hinsicht.


Wenn du interessiert und engagiert
bist, wird das irgendwann gesehen und
honoriert. Probiere im Privaten Neues
aus, manches wird Dich länger
begleiten, anderes nicht und vielleicht
ist eine entscheidende Weggabelung mit
dabei.


Lebe jetzt Deine Träume nicht später.
Ich würde heute wohl nicht mehr so
einfach in die USA gehen, wegen meiner
Familie.


Höre anderen Menschen gut zu und stelle
Fragen. Wer fragt, zeigt Interesse und
versteht besser.


Bilde Dich im Job und außerhalb weiter.
So wirst Du immer geschätzt bleiben und
kannst besser über Deinen Weg
mitbestimmen.


Wäge genau ab, ob ein offener Umgang
mit MS sinnvoll ist oder eher nicht
bzw. welcher Personenkreis davon wissen
soll oder darf.


Und hör auf Dein Bauchgefühl. Mir war
es immer ein guter Wegweiser.








Bestmögliche Gesundheit wünscht
Dir,
Nele


Mehr Informationen und positive
Gedanken erhältst Du in
meinem kostenlosen
Newsletter.


Hier findest Du
eine Übersicht aller
Podcastfolgen.













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