#031 - Das neue Normal - Text von Matthias Horx über unseren Weg in die Post-Corona-Zukunft

#031 - Das neue Normal - Text von Matthias Horx über unseren Weg in die Post-Corona-Zukunft

Mit freundlicher Erlaubnis von Matthias Horx  und  gebe ich einen weiteren Text wieder. Wenn Dir die Texte von Matthias Horx gefallen, könnte sein neues Buch  etwas für Dich sein. Es erscheint am 29. Mai 2020 sein. Hier findest du den...
19 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren
Mit freundlicher Erlaubnis von Matthias Horx
horx.com und zukunftsinstitut.de gebe ich einen weiteren
Text wieder. Wenn Dir die Texte von Matthias Horx gefallen, könnte
sein neues Buch "Die Zukunft nach Corona"
etwas für Dich sein. Es erscheint am 29. Mai 2020 sein.

Hier findest du den Blogbeitrag:
ms-perspektive.de/podcast-031-das-neue-normal-text-von-matthias-horx/


Los geht's:
Über unseren Weg in die Post-Corona-Zukunft

Womöglich sind Sie derzeit voll und ganz damit beschäftigt,
zurück ins NORMAL zu gehen. Das ist mehr als verständlich. Es ist
vollkommen verständlich, dass man will, dass alles so wird wie
früher. Dass alles endlich wieder NORMAL wird, verdammt!
Aber geht das überhaupt?
Und was ist das überhaupt – NORMAL?


Beschreiben wir einmal die Welt vor
Corona. Oft erkennt man man einen Ort ja erst dann,
wenn man ihn verlassen hat und zurückschaut. Dasselbe gilt für
eine bestimmte Zeit, eine Ära – wir verstehen sie manchmal nur
rückwärts. Die Flugzeuge waren voll, übervoll. Man stand in
langen Schlangen und war genervt. Im ICE telefonierten Leute laut
und ignorant. Die Container fuhren über die Meere und brachten
immer mehr neue Waren, Waren, Waren. Alles war voller Werbung,
die unentwegt auf den Bildschirmen aufpoppte. Alle hatten Spaß,
viel Spaß. Alles wurde immer schneller, billiger, aber auch
nerviger. In den Firmen wurden ständig neue Absatzrekorde
verkündet, neue Ziele gesetzt.


Auf Managementkongressen war die Siegespose das Normale.
Das heißt, nicht ganz. Im Januar, einen Monat vor dem
Virus-Ausbruch, kam Greta Thunberg mit dem Zug nach Davos. Sie
stand etwas verloren zwischen lauter Herren in Anzug und Schlips,
die irgendwie schuldbewusst aussahen, und beteuerten, jetzt,
demnächst, alles besser machen zu wollen. Immer größere
Kreuzfahrtschiffe fuhren auf den Weltmeeren und legten – zum
Beispiel – mitten in Venedig an. Dort am Kai saß ein unerkannter
Straßenkünstler namens Banksy und verkaufte Gemälde von
überfetten Kreuzfahrtschiffen an der Pier von Venedig. Einige
kauften Bilder, weil sie dachten, es seinen Touristen-Bilder vom
schönen Venedig.


Das ALTE NORMAL war eine hektische
Zeit. Eine Zeit der Ängste und rasenden
Befürchtungen. Im Internet, und nicht nur dort, blühte der Hass,
der Shitstorm und die Bösartigkeit. In den Talkshows wurde alles
zerlegt, fragmentiert, polarisiert, polemisiert. In dieser Kultur
der Bezichtigung ging es vor allem darum, das letzte Wort zu
behalten.
Wir waren süchtig nach immer mehr Verwertungen. Auch von Ängsten
und Befürchtungen. Nach Steigerungen. Nach unendlichem
Spaß.
Aber gleichzeitig waren wir völlig verwirrt. Konfus.
Orientierungslos.
Es war eine Normalität, die nicht an ihre Zukunft glaubte.
Die auf eine seltsame Weise in ihren eigenen Untergang verliebt
war.


Und dann plötzlich: Stille. Am Flughafen. Im Bahnhof. In der
Innenstadt. Im Stadion. An den Piers.


Mal ehrlich: Wollen Sie wirklich dorthin zurück? Ins ALTE NORMAL?


Von Wollen kann keine Rede sein, sagen Sie
jetzt. Aber wo sollen wir den hin? Es muss ja
weitergehen mit unserem gewohnten Leben. Die Wirtschaft. Der
Wohlstand. Es muss alles wieder hochfahren. Ganz schnell. Ganz
dringend. Sonst bricht tatsächlich alles zusammen.
Wirklich?
Wie wir die Welt konstruieren

Die meisten Menschen glauben, dass die Welt etwas Feststehendes
ist, das wir von außen betrachten und bewerten können. Aber in
Wahrheit findet die Welt in unserem Kopf statt. Unser Hirn ist so
etwas wie eine Simulationsmaschine, in der ununterbrochen
Wirklichkeiten konstruiert werden.
Unsere Wahrnehmung der Welt ist von Erwartungs-Routinen geprägt,
die in uns wie eine ratternde Maschine laufen. Am laufenden Band
schaffen wir uns Bilder, Konstruktionen, Ideologien, die wir auf
die Welt projizieren. Dadurch erscheint die kontrollierbar. Diese
Konstrukte, die unsere Erwartungen repräsentieren, sind reine
Fiktionen. Aber wir halten sie für real. Wir beharren auf ihnen,
um jeden Preis. So lange, bis wir uns selbst mit ihnen
verwechseln.


Im Grunde ist das eine Art Drogenabhängigkeit. Wenn wir unsere
Erwartungen und Vorurteile bestätigt fühlen, erleben wir einen
kleinen Euphorie-Kick. In unserem Hirn wird eine Dosis
Glückshormon ausgeschüttet: Ich habe es doch gewusst! Dieses
angenehme Gefühl hat die Evolution in uns eingebaut, damit wir
uns mit den Zusammenhängen der Welt beschäftigen. Das dient zum
besseren Überleben.


Viele unserer Vor-Urteile und Ansprüche darüber, wie die Welt zu
sein hat, haben mit dem Reminescence Bump (Rückerinnerungs-Hügel)
zu tun.


Damit bezeichnen die Kognitionspsychologen die intensive
Formungsphase, in der sich unsere Vorstellung der Welt bilden,
meistens in der Jugend. Das ist der “set point” unserer
Erwartungen an die Welt. Diese Auffassung, wie die Welt zu sein
hat, tragen wir dann durch unser ganzes Leben.
Genau diese inneren Routinen sind es aber auch, die uns quälen.
Sie machen uns fragil. Sie halten uns in einem Zustand ständiger
Gereiztheit, ewiger Unzufriedenheit. Denn irgendwas kommt immer
dazwischen. Die Welt funktioniert ja nie ganz, wie wir wollen.
Wir werden immer nervöser, wenn die Welt nicht mit unseren
Erwartungen zusammenpasst. Wir finden dann irgendwann sogar das
Schlechte gut – weil wir uns dadurch bestätigt fühlen (der kleine
Kick). Oder wir starren nur noch auf das Schlechte und fühlen uns
dadurch in unseren Ängsten und Verletztheiten bestätigt. Das ist
die Negativity Bias, die Negativ-Verzerrung. Wir neigen dann zur
Häme. Zur Abwertung der Welt, auch unserer inneren Welt.


Unsere größte Sorge gilt dabei der Frage, ob wir genug
Bedeutung haben. Für Bedeutung tun wir alles.
Deshalb stellen wir uns ins Internet und gieren nach “likes”. Wir
schütten unsere Mitmenschen mit unseren Meinungen, Ängsten und
Aggressionen zu. Oder posieren mit unseren Smartphones am den
“besten Plätzen der Welt”, um uns zu vergewissern, dass wir „da”
sind.
Wir sind aber gar nicht dort, nicht wirklich.
Auch Verschwörungstheorien haben mit dieser Selbstvergewisserung
zu tun. Verschwörungsfreunde fühlen sich ja sehr mutig und
äußerst bedeutsam. Sie sind ja ganz anders als alle anderen, als
der blöde mainstream! Das weist aber darauf hin, dass sie sich in
Wahrheit völlig verunsichert fühlen.
Man kann das besonders gut an Donald Trump beobachten. Aber
bisweilen auch an sich selbst.


In der Krise ist diese ständig ratternde Anspruchs- und
Erwartungsmaschine plötzlich zu einem knirschenden Halt gekommen.
Sie wurde plötzlich sinnlos. Viele von uns haben in dieser Zeit
eine Art innere Inventur gemacht. Wer die Krise derart zu nutzen
wusste, der lernte seine inneren Gespenster und Dämonen ein
bisschen besser kennen. Er trat sozusagen mit ihnen in
Verhandlung. Er geriet in den Wandel.
Damit segelte er/sie der alten Welt, der Prä-Corona-Welt, davon.
Wo aber segeln wir hin?
Wie Wandel geschieht

Über das Neue Normal, das jetzt entsteht, gibt es zwei
verschiedene Anschauungen. Die eine geht davon aus, dass
tatsächlich etwas Neues beginnt. Wir können vielleicht noch nicht
genau wissen, was das genau ist. Aber es deutet sich etwas an,
das der Zukunft eine andere Richtung gibt.
Die gegenteilige Denkweise wird von denjenigen vertreten, die
immer schon alles gewusst haben. Durch die Krise wird sich nicht
das Geringste verändern. Menschen, Gesellschaften, sind unfähig,
sich zu verändern. Alles geht demnächst weiter den Bach herunter,
nur schneller.
Es ist allerdings schlechterdings unmöglich, dass alles so
bleibt, wie es war. Menschen, Gesellschaften, Kulturen, wandeln
sich ja andauernd, sonst wären wir gar nicht hier. Das ist das
evolutionäre Prinzip.


Besteht unser eigenes Leben nicht aus einer wahren
Aneinanderreihung von Krisen? Geburt, Kindheit, Pubertät,
Berufsleben, Familie, Reifung. Alter – sind das nicht alles
krisenhafte Ereignisse, Übergänge, Transformationen, die immer
mit Schmerz und Verlust verbunden sind, wenn sie gelingen sollen
? Und machen wir nicht immer die Erfahrung, dass Liebeskrisen,
Berufskrisen, Orientierungskrisen dann zu einer neuen Richtung
führen, wenn wir sie annehmen?
Wenn wir IN UNS Antworten finden, statt dauernd nur Ansprüche und
Forderungen und alte Normalitäten zu formulieren?


Manchmal können auch ferne Katastrophen den Gang der
Geschichte verändern. Das schreckliche Erdbeben von
Lissabon im Jahre 1755, bei dem 60.000 Menschen ums Leben kamen,
führte zu einem Schub für die Aufklärung in Europa, der weit in
die Zukunft reichte. Damals schrieb Voltaire sein Manifest für
den Sinn des Verstandes, Architekturen, Denkweisen, Mentalitäten
veränderten sich; es begann eine Ära des Aufbruchs aus den
Unmündigkeiten.


In der Weltwirtschaftskrise von 1928, die inzwischen häufig als
Vergleich für die COVID-Krise angeführt wird, entstand in Amerika
ein neuer gesellschaftlicher Kontrakt. Im NEW DEAL wurden die
Balancen zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik neu
bestimmt. Daraus sollte schließlich Wohlstands- und
Fortschritts-Modell entstehen, dass sich mehr als ein halbes
Jahrhundert als äußerst erfolgreich erwies. Natürlich hatte auch
dieses Modell des “Westens”, seine Schattenseiten, seine
Rückfälle. Aber es erzeugte Zukunft, es veränderte die Welt.


Ist es wirklich so völlig ausgeschlossen, dass die COVID-Krise
den kommenden GREEN DEAL beschleunigt? Ich halte das für sehr
wahrscheinlich. Gerade die Wirtschaft braucht im Corona-Zeitalter
eine neue Legitimität. Eine neue Narration, die sie wieder mit
den Kunden, den Gesellschaften, den Märkten der Zukunft
verbindet.


Die Welt von morgen wird aus den Fragmenten der Vergangenheit
gemacht.
Erich Panofsky


Diese Krise wird die globalen Machtverhältnisse verändern. Sie
enthüllt, welche gesellschaftlichen Systeme Krisen gewachsen
sind, und welche nicht. Die kleinen Länder, oft von Frauen (oder
integrativ agierenden Politikern) geführt – Neuseeland mit
Jacinda Ardern, Dänemark, Portugal, Irland, Island, Finnland,
Österreich, auch Schweden mit seinem kooperativen Sonderweg –
kommen nicht nur besser durch die Krise, sie gewinnen darin auch
neue Formen gesellschaftlichen Vertrauens. In anderen Ländern,
den USA, Brasilien, Russland, wird die die Gespaltenheit, die
innere Kaputtheit, umso sichtbarer. Hier erleben die Menschen die
Seuche als Demütigung, als Niederlage. Das führt in die
Finsternis, in einen Katharsis-Prozess, der irgendwann Platz für
eine Renaissance machen wird.
Die Grenzen der Dekadenz

Was sich im NEUEN NORMAL dauerhaft verändern könnte, ist auch
unser Verhältnis zum Spaß, der nicht mehr spaßig ist.
Wir erinnern uns: Der Virus tanzte mit auf den Tischen, als in
Ischgl die After-Ski-Partys ihrem Höhepunkt zustrebten. Das
Champions-League-Fussballspiel Atalanta-Valencia am 19. Februar,
mit 44.000 frenetischen Zuschauern, verteilte das Virus über ganz
Südeuropa. Jetzt wurde sogar das OKTOBERFEST abgesagt! Das
Oktoberfest! Symbol für die Spaßgesellschaft, für die Rituale des
Rausches und der Lebensfreude!


Mein Freund Michael Lehofer setzt sich in seinem neuen Essay „Die
unheimliche Erleichterung” (ganzer Text
auf www.diezukunftsnachcorona.com) mit den Grenzen des
Spaßes auseinander:


„Zusätzlich erleben viele von uns insgeheim in der Krise eine
fast beschämende Erleichterung, eine Befreiung von vielem, nicht
zuletzt von einem Teil von sich selbst. Es ist wie ein verbotenes
Glück im Unglück. Dieser Teil, den wir abwerfen dürfen, ist die
Dekadenz. Die Dekadenz ist ein Zustand, der durch die
Überfeinerung von Lebensgewohnheiten und Ansprüchen definiert
ist. Kurz gesagt: Wir haben uns durch die Selbstverwöhnung
geschwächt und wissen nicht mehr, wofür wir stehen und was wir
wirklich brauchen. Wir alle versuchen ein schönes Leben zu
führen. Deshalb optimieren wir den Genuss und zerstören ihn
damit. Das kann man einfach selbst erfahren, wenn man
genusssüchtigen Menschen zuhört, die über ihre vermeintlich
tollen Erlebnisse berichten. Es sind Berichte, die sich nicht
lebendig anfühlen, als ob sie nur darüber gelesen hätten. Das
Blutleere in diesen Erzählungen erklärt sich durch die
Vorstellung vom Schönen, die sich vor das unmittelbare Erleben
gestellt hat. Was wir nicht erleben können, macht uns nicht satt.
So erklärt sich die Unersättlichkeit des Dekadenten.”


Natürlich werden auch im Neuen Normal wieder Partys gefeiert. Es
werden wieder Flieger nach Mallorca fliegen, Fußballspiele
stattfinden, Kreuzfahrtschiffe fahren. Aber wie werden diese
Kreuzfahrtschiffe aussehen? Werden wir uns wirklich wieder in
vollgestopfte Billigflieger für 25 Euro das Ticket setzen? Wird
der Fußball immer weiter in Richtung auf irrwitzig teure
Glamour-Stars und Stadion-Randale gehen?
All das hatte schon im Alten Normal seine Grenzen erreicht. Die
Kreuzfahrtbranche bereitet sich derzeit, wie die
Luftfahrtindustrie (und langsam auch die Autoindustrie und der
Fußballsport und viele andere Branchen) , auf einen völlig
anderen Zukunftsmarkt vor. Viele Boom-Märkte, so wissen heute
längst die klugen Manager, werden in Zukunft dauerhaft kleiner
sein, volatiler, gebremster. Und ja doch: Auch grüner,
nachhaltiger, vorsichtiger.


Der ECONOMIST, das wichtigste Wirtschaftsmagazin der Welt, nennt
das die 90-Prozent-Ökonomie. Nie mehr, so die These, wird die
Weltwirtschaft ihre Vor-Corona-Überhitzung erreichen. Zehn
Prozent mindestens werden immer fehlen. Turbokapitalismus ohne
diese entscheidenden zehn Prozent ist jedoch keiner mehr. Das
bedeutet nichts anderes als die Entschleunigung der
Globalisierung.
Das heißt nicht das Ende des Wachstums. Es heißt nur das Ende
DIESES Wachstums. Des ver-alteten Wachstums.
Die No-kalypse

Ohne Zweifel hat diese Krise viel Leid mit sich gebracht,
quälende Unsicherheiten, ökonomische Not. Das lässt sich nicht
kleinreden, und es ist noch nicht vorbei. Aber gleichzeitig
ermöglicht sie uns einen Blick auf das ANDERE. Sie macht die
Dinge der Zukunft klarer, transparenter. Wäre es nicht schön,
wenn wir daraus etwas machen?


Was im NEUEN NORMAL anders sein könnte, wäre zum Beispiel das
Empfinden von Dankbarkeit. Dankbar können wir sein gegenüber
denen, die die Zivilisation am Laufen hielten. Und dafür sorgten,
dass es eben keine Apokalypse wurde, sondern (wie mein Sohn
Tristan das getauft hat) eine NO-Kalypse. Die Welt ging “unter”,
aber vieles funktionierte erstaunlicherweise sogar besser als
vorher.


Dankbar sollten wir sein, dass wir eine Krise erleb(t)en, die
sich von den furchtbaren Katastrophen, die unsere Vorfahren
erlebten, erheblich unterscheidet. Als unsere Großeltern vor 75
Jahren aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs krochen, war es
kaum denkbar, dass jemals eine friedliche, wohlständige Zeit
anbrechen könnte.
Wer dankbar ist, stellt nicht immer sein Ego, seine Erwartungen,
Meinungen und Ansprüche in den Mittelpunkt. Er schaut, was ist.
Und was daraus werden kann mit seinem Zutun.


Im NEUEN NORMAL würden wir uns nicht mehr einreden lassen, dass
es nur EIN einziges ökonomischen Zukunftsmodell gäbe, das
Standard-Wachstums-Modell der Ökonomie. Wir würden etwa den neuen
Wohlstands-Index von Island zum Maßstab nehmen, der auch die
qualitativen Dimensionen von Prosperität misst – Umwelt,
Gesundheit, Verbundenheit, Lebensqualität, Selbsterleben.


Wir könnten gelassener werden. Wir könnten uns
entscheiden, nicht mehr jeder medial aufgeblasenen Hysterie,
jeder galoppierenden Angst hinterherzurennen.


Wir könnten freundlicher werden. Denen gegenüber, mit
denen wir verbunden sind. Aber auch mit denen, die wir erst
kennenlernen.


Wir könnten verantwortlicher werden. Für uns selbst,
für unser eigenes Denken, unsere Gefühle.


Denken lernen meint, dass wir zumindest etwas Kontrolle über das
WIE und WAS unseres Denkens erlernen. Es meint, bewusst genug zu
sein, um zu entscheiden, wohin wir unsere Aufmerksamkeit richten.
Und zu verstehen, wie wir Sinn aus Erfahrungen generieren.
David Foster Wallace


Das interessante am NEUEN NORMAL ist ja, dass es mit den
Kriterien der Vergangenheit nicht mehr zu verstehen ist.
Das sollten wir bedenken, wenn wir uns vorsichtig ins NORMAL
zurücktasten. Die Zukunft beginnt, wenn wir anfangen, uns zu
WUNDERN. Und damit aufhören, die Zukunft zu verhindern, indem wir
nicht an sie glauben.
Der Weg der Re-gnose

Begeben wir uns zum Schluss noch einmal auf den Zukunfts-Stuhl
auf dem wir uns sozusagen selbst voraussagen. Es ist Ende Oktober
2020. Sie sitzen in einem Straßencafé in Venedig, auf dem
Markusplatz. Bald wird es hier wieder acqua alta geben, das
Herbst-Hochwasser.
Wie hoch wird es dieses Jahr?
Was ist anders geworden – womöglich für immer?
Gehen Menschen über den Platz? Tragen sie alle Masken?
Hören Sie das typische Klackern der Rollkoffer?
Sehen Sie den Kellner? Ein cooler italienischer Typ, Mitte 50.
Trägt er eine Maske? Ja, eine Maske in den italienischen
Farben.
Gibt es Tauben? Wo sind eigentlich all die Tauben hin?
Was hat dieser Platz alles schon gesehen? Kaufmannsaufzüge und
Gauklerzüge, Pomp und Kommerz, Aufstände, Reformen, Revolutionen.
Und immer wieder Epidemien. Seuchen haben Venedig in jedem
Jahrhundert verändert. Auf diese Weise, durch den Wandel in
Krisen, ist die unvergleichliche Schönheit dieser Stadt erst
entstanden.


Von hier aus reicht alles in die tiefe Vergangenheit, und in die
weite Zukunft.


Gibt es Flugzeugstreifen am Himmel?
Liegt da draußen am Kai schon wieder ein riesiges
Kreuzfahrtschiff, mit 3500 Passagieren und diesem typischen
Rußspuren am Schornstein?
Spüren Sie, wie die Welt sich neu zusammensetzt. Sie setzt sich
immer neu zusammen, darauf können wir vertrauen.
Schauen Sie zurück, auf sich selbst, wie sie in der Lockdown-Zeit
waren. Blicken Sie dann nach vorne, in eine Welt, die einen
anderen Ton anschlägt, eine andere Melodie spielt. Können sie
sich dort vergegenwärtigen?


Re-Gnose bedeutet, dass wir verstehen, dass wir selbst Teil der
Zukunft sind. WIR sind der Wandel, den wir von der Welt
erhoffen.
Wenn SIE selbst neu werden, wird die Welt neu.
Sie sehen dann, dass die Zukunft längst da ist.
So geht Wandel, nicht anders.


ENDE


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