Folge 4: ARMY (1944)
52 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 2 Jahren
Zurecht ist ARMY (Rikugun) für sein großartiges, aufwühlendes
Finale bekannt, aber worum geht es eigentlich in Keisuke
Kinoshitas Kriegsfilm aus dem Jahr 1944? Der Film erzählt eine
Dreigenerationengeschichte – von 1866 in der Meji-Ära bis zur
damaligen Gegenwart 1944. Zu Beginn wird der Familie ein
Prachtband der „Geschichte des Großen Japan“ von einem Soldaten
geschenkt – dieses Buch steht natürlich für die große Nation und
wird über die Generationen in höchsten Ehren gehalten.
Schließlich stehen Tomohiko und seine Frau Waka im Mittelpunkt –
und ihr Sohn Shintaro. Groß ist die Angst, dass der schwächliche,
aber kluge und hilfsbereite Sohn nicht das Zeug zum richtigen
Soldaten hat. Tomohiko selbst war in seiner Jugend als Soldat nie
an der Front, sondern immer mit Fieber im Lazarett. Am Ende ist
aber aus Tomohikos Sohn Shintaro ein ganzer Mann geworden und er
zieht als Teil der Rikugun (Armee) in den Krieg.
Michael und Thomas staunen über die Bedeutung des gottgleichen
Kaisers und beobachten, dass Kinoshita mitten im Krieg in seinem
Film einen Diskurs beschreibt, was echter Patriotismus sei und
was geschehen wäre, wenn Japan das Kriegsglück verlassen hätte –
zum Beispiel im Kampf gegen die Mongolen. Protagonisten dieses
Streits sind ein Unternehmer, der eine patriotische Schule
gründet und finanziert und Tomohiko, der dort als Lehrer
angestellt ist. Aber Tomohiko ist niemand patriotisch genug, auch
nicht der eigene Sohn, dem es nicht gelingt, direkt nach der
Ausbildung sofort an die Front versetzt zu werden.
Besonders beeindruckt sind Michael und Thomas vom Finale, in dem
sich die Mutter Waka doch noch in letzter Minute aufmacht, um
sich von Sohn Shintaro zu verabschieden. Was eine kleine harmlose
Szene hätte sein können, wird durch Kinoshitas Regie und
Taketomis beeindruckende nahe und bewegliche Kamera zu einem
mitreißenden Drama, das ohne Worte, die Liebe der Mutter und die
verzweifelte Angst, das eigene Kind auf dem Schlachtfeld zu
verlieren, zeigt. Ganz großes Kino und ein oft übersehenes Stück
Filmgeschichte. Die staatliche Filmaufsicht reagierte erbost.
Oberflächlich erfüllt der Film zwar die Vorgaben der Behörde,
aber am Ende wird offensichtlich, dass er die Liebe über den
Krieg stellt. Kinoshita durfte vor der Kapitulation Japans keine
Filme mehr drehen.
Ergänzung
Unser Hörer Christoph hat uns auf ein wichtiges Detail aufmerksam
gemacht: "Ungefähr in der Hälfte des Podcasts geht es um den
jungen Tomohiko, der aus dem Zugfenster schaut. Angeblich lässt
uns Kinoshita absichtlich im Unklaren, was genau er vom Zug aus
betrachtet. Aber kurz bevor er das Fenster öffnet, erkannt man -
zwar nur schemenhaft, aber doch eindeutig - den schneebedeckten
Gipfel des Fuji als Spiegelung in der Scheibe. Somit erklärt sich
auch der erst überraschte, dann freudige und schließlich
ehrfürchtige Blick des Jungen, der dieses heilige Symbol der
Japaner gerade zum ersten Mal aus der Nähe erblickt. Folglich
könnte man mutmaßen, dass ihm dieser Moment weitaus wichtiger
erscheint, als den Kaiserpalast in Tokyo zu besuchen." Vielen
Dank für diesen Hinweis - das erklärt den Blick und das Handeln
Tomohikos!
Dieser Film ist erhältlich als Teil der Box „Kinoshita and World
War II“, Eclipse Series 41 from the Criterion Collection
Michaels sehr empfehlenswerten Blog Schneeland findet Ihr
hier.
Den Filmpodcast SchönerDenken findet Ihr hier.
Filmkritik von Hayley Scanlon für Windows on Worlds
Filmkritik von Nathan Marone für Fully Reconditioned
Vielen Dank an Sandra für das wunderbare Episodenbild! Und danke
an Michael Meier von Kompendium des Unbehagens für die
Unterstützung beim Jingle. Grüße nach Osaka!
Weitere Episoden
25 Minuten
vor 1 Jahr
1 Stunde 4 Minuten
vor 1 Jahr
56 Minuten
vor 1 Jahr
36 Minuten
vor 1 Jahr
37 Minuten
vor 1 Jahr
In Podcasts werben
Abonnenten
Frankenland
Kommentare (0)