Gedanken zur Authentizität von Oberflächen

Gedanken zur Authentizität von Oberflächen

vom Zeigen und Verkleiden
16 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren
Nicht alle Bauteile sind aus dem Material, das ihre
Oberflächenerscheinung vorgibt. Zahlreiche Beispiele belegen den
naheliegenden Gedanken, einem minderen Kern mit einer dünnen
Schicht höherwertigeren Materials zu überziehen, um damit wertvolle
Substanz vorzuspiegeln. In diese Gruppe fällt das furnierte Möbel
oder auch die vergoldete Skulptur. In unserem kulturellen Erbe
finden sich aber auch Beispiele wo ein, zumindest aus heutiger
Sicht wertvolles Material lediglich einen Anstrich erhalten hat,
der ein anderes Material suggeriert, wie etwa die steinfärbige
Fassung gotischer Pfeiler oder die Holztexturmalerei auf
Weichholzmöbeln. Die Baustoffindustrie des 21 Jahrhunderts liefert
Imitate, die auf den ersten Blick immer täuschender vorgeben etwas
Anderes zu sein. So übernehmen großformatige Feinsteinzeugfliesen
nicht nur Textur und Farbigkeit von Holz, sondern bilden auch die
Strukturmuster der Oberflächen genau nach. Ganz anders stellt sich
in diesem Zusammenhang "beton brut" dar, dessen Oberfläche zwar die
groben Bretter der Schalung widerspiegelt und dennoch auf den
ersten Blick hin als Beton zu erkennen ist. Entscheidend für die
positive oder negative Wahrnehmung solcher Hybride scheint deren
Zuordenbarkeit auf den ersten Blick zu sein. Perfekte Imitate
werden erst später entlarvt und lösen so Frustrationen aus, während
etwa die Furniermalerei auf einem bäuerlichen Möbel aus dem 18.
Jahrhundert unvermittelt als solche erkennbar ist, und so bereits
wieder Wertigkeit repräsentiert. Die Akzeptanz oder Ablehnung von
Imitaten und Surrogaten, von Naturstoffen oder Artefakten aber auch
bestimmter Materialien ist ein kultureller Prozess, dessen
Bewertungsmaßstäbe sich im Laufe der Zeit verschieben. Vom
bauphysikalischen Standpunkt aus betrachtet ist ein mehrschichtiger
Bauteilaufbau immer komplexer als ein durchgehend einheitliches
Material mit einheitlichen Materialeigenschaften. Unterschiedliches
Dehnungsverhalten führt of zu Schichtablösungen und dicht Überzüge
behindern die Dampfdiffusion. es gibt aber auch Beispiele
symbiotischen Zusammenwirkens, wie Lehmüberzüge von Holz, die für
Trockenheit sorgen und so das Holz vor Mikroorganismen schützen.
Ein Grundgedanke der Simple Smart Buildings ist in diesem
Zusammenhang Werkstoffsymbiosen aufzuspüren, die sich technisch
bewährt haben und kulturell akzeptabel geworden sind.

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