Gedanken am frühen Morgen - Schein trügt
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Beschreibung
vor 8 Monaten
Nicht bloß auf Reichtum ist man stolz, nicht bloß mit prunkender
Lebensart und Kleidung, die der Reichtum erlaubt, prahlen die
Menschen — sie leisten sich nämlich unnötig kostspielige,
luxuriöse Mahlzeiten, machen unnötigen Kleideraufwand, bauen
mächtige Häuser und schmücken sie herrlich aus, halten viele
Diener und schleppen Scharen zahlloser Schmeichler nach sich —,
sondern sie fühlen sie auch ungemein wegen der Würden, zu denen
sie berufen worden. Wenn das Volk ihnen ein Amt verleiht oder sie
mit einem Vorsitz beehrt oder für sie eine ganz besondere
Auszeichnung beschließt, dann glauben sie dadurch über die
menschliche Natur hinauszuragen, fast auf den Wolken zu thronen,
halten ihre Untergebenen für eine Art Fußschemel, erheben sich
gegen die, welche ihnen die Würde gegeben haben und lassen die
ihren Übermut fühlen, denen sie ihren Scheinglanz danken.
Freilich ist das ein höchst törichtes Handeln; denn ihre Ehre ist
nichtiger als ein Traum, und der Glanz, der sie umgibt, ist
eitler als nächtliche Erscheinungen, da er ja mit einem Wink des
Volkes da ist und auf einen Wink hin verschwindet. Übermütig
macht den Menschen ferner die Stärke seiner Hände, die
Schnelligkeit der Füße, des Körpers Schönheit, lauter Dinge, die
von Krankheiten verzehrt und vom Zahn der Zeit zerstört werden,
und er merkt nicht, dass „alles Fleisch Gras ist und alle
Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume; das Gras
verdorrt, und die Blume fällt ab.“
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