Gedanken am frühen Morgen - Eitle Ehre

Gedanken am frühen Morgen - Eitle Ehre

4 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Nicht bloß auf Reichtum ist man stolz, nicht bloß mit prunkender
Lebensart und Kleidung, die der Reichtum erlaubt, prahlen die
Menschen — sie leisten sich nämlich unnötig kostspielige,
luxuriöse Mahlzeiten, machen unnötigen Kleideraufwand, bauen
mächtige Häuser und schmücken sie herrlich aus, halten viele
Diener und schleppen Scharen zahlloser Schmeichler nach sich —,
sondern sie fühlen sie auch ungemein wegen der Würden, zu denen
sie berufen worden. Wenn das Volk ihnen ein Amt verleiht oder sie
mit einem Vorsitze beehrt oder für sie eine ganz besondere
Auszeichnung beschließt, dann glauben sie dadurch über die
menschliche Natur hinauszuragen, fast auf den Wolken zu thronen,
halten ihre Untergebenen für eine Art Fußschemel, erheben sich
gegen die, welche ihnen die Würde gegeben haben und lassen die
ihren Übermut fühlen, denen sie ihren Scheinglanz danken.
Freilich ist das ein höchst törichtes Handeln; denn ihre Ehre ist
nichtiger als ein Traum, und der Glanz, der sie umgibt, ist
eitler als nächtliche Erscheinungen, da er ja mit einem Winke des
Volkes da ist und auf einen Wink hin verschwindet.

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