Gedanken am frühen Morgen - Wenn Reichtum einschränkt

Gedanken am frühen Morgen - Wenn Reichtum einschränkt

4 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Aber auch die, welche du für reich hältst, welche Triften an
Triften reihen und die armen Angrenzer aus ihrem Gebiet
verdrängen, um so ihre unermesslichen und endlosen Ländereien
immer weiter auszudehnen, welche Gold und Silber in Hülle und
Fülle besitzen und gewaltige Summen in Haufen aufgeschichtet oder
in Massen vergraben haben, auch sie zittern inmitten ihres
Reichtums, und es quält sie der Gedanke der Unsicherheit und die
Angst, es könnte ein Räuber sie berauben, ein Mörder sie
überfallen oder der feindselige Neid irgendeines noch Reicheren
durch ränkevolle Prozesse sie beunruhigen. Nicht einmal mit Ruhe
essen oder schlafen kann ein solcher Mensch, seufzen muß er beim
Mahle, mag er auch aus Gefäßen von Edelstein trinken, und wenn er
seinen vom Schwelgen entnervten Körper tief in die Kissen des
weichen Lagers vergraben hat, dann liegt der Bedauernswerte wach
auf den Daunen, ohne jedoch einzusehen, dass das alles nur
glänzende Martern für ihn sind, dass ihn das Gold in Fesseln hält
und dass der Reichtum mehr über ihn Herr ist als er über den
Reichtum. Und — welch fluchwürdige Verblendung des Geistes, welch
tiefe Nacht wahnwitziger Gier! — obwohl er sich von der schweren
Last frei und ledig machen könnte, fährt er fort, nur noch mehr
die ihn quälenden Schätze zu hüten, fährt er fort, mit größter
Hartnäckigkeit an den ihn peinigenden Haufen zu hängen. Da wird
nichts davon den Klienten gespendet, nichts unter die Armen
verteilt, und sie nennen es i h r Geld, was sie wie fremdes
Eigentum zu Hause verschlossen halten und mit ängstlicher Sorge
bewachen und wovon sie weder ihren Freunden noch ihren Kindern
oder auch nur sich selbst etwas gönnen. Sie besitzen alles nur zu
dem Zwecke, damit es ja kein anderer besitzen kann, und — welch
verkehrte Bezeichnungen! — "Güter" heißen sie das, was ihnen nur
zum Bösen dient.

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