Gedanken am frühen Morgen - Das Rechte üben

Gedanken am frühen Morgen - Das Rechte üben

5 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Wer im Kriegsfach sich ausbilden will, der übt sich täglich in
den Waffen, tritt in voller Rüstung gleichsam in das Vorspiel des
Kampfes ein, sucht Deckung, als stünde der Feind schon vor ihm,
und erprobt seine Arme im gewandten und kräftigen Speerwerfen
oder weicht dem Geschosse des Gegners aus und entgeht ihm
wachsamen Auges. Wer ein Schiff auf dem Meere durch Steuer zu
lenken oder durch Ruder zu leiten begehrt, übt sich zuvor auf
einem Flusse. Wer einen lieblichen Sang und eine schöne Stimme
erstrebt, bildet erst nach und nach die Stimme im Singen aus. Und
wer durch Körperkraft und regelrechten Wettkampf nach der
Siegeskrone auslangt, übt sich täglich in der Ringkunst, stählt
seine Glieder, nährt seine Ausdauer, um sich erst mühsam daran zu
gewöhnen. Das lehrt uns die Natur schon am kleinen Kinde. Es
bemüht sich zunächst um die Sprachlaute, um das Sprechen zu
lernen; der Laut ist gleichsam die Schule und der Ringplatz für
die Stimme. So sollen denn auch die, welche Behutsamkeit im Reden
lernen wollen, die Gabe der Natur nicht verleugnen, das Gebot der
Wachsamkeit hingegen üben gleich wachestehenden Posten, die
wachend, nicht schlafend auslugen. Jedes Ding findet nämlich
durch Schulung, die seiner Eigenart und natürlichen
Beschaffenheit entspricht, Förderung.

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