Gedanken am frühen Morgen - Raub macht nicht reich.

Gedanken am frühen Morgen - Raub macht nicht reich.

6 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Sage mir doch, was sollte zwingen zu rauben? Was dazu nötigen?
Die Armut, erwidert man, bringt einen dazu und die Sorge um das
Notwendige. Aber dazu musst du noch nicht zum Raube schreiten;
ein Reichtum, auf solche Art erworben, hat keinen sicheren
Bestand. Du handelst gerade so, wie wenn einer auf die Frage:
warum denn gründest du dein Haus auf Sand? zur Antwort gäbe:
wegen der Kälte, wegen des Regens. Gerade darum durfte er es
nicht auf Sand gründen, denn Regen, Sturm und Wind bringen es in
Bälde zum Einsturz. Wenn du also reich sein willst, so hüte dich
vor Übervorteilung; wenn du deinen Kindern Reichtum hinterlassen
willst, so erwirb dir einen gerechten, falls es überhaupt einen
solchen gibt; denn ein solcher bleibt und hat dauernden Bestand;
der ungerechte dagegen zerrinnt schnell und geht verloren. Wie,
du möchtest reich sein und vergreifst dich deshalb an fremdem
Gut? Und doch besteht nicht darin der Reichtum, sondern im
Besitze rechtmäßigen Eigentums. Wer fremdes Gut in Händen hat,
kann nicht als reich gelten. Sonst müsste man auch die Verkäufer
der Seidenkleider, die fremde Ware auf Lager haben, wohlhabender
und reicher als alle nennen: gehört doch zur Stunde die Ware
ihnen. Dennoch heißen wir sie nicht reich. Warum denn wohl? Weil
das, was sie haben, fremder Besitz ist. Denn wenn auch die Stoffe
ihnen gehören, so gehört ihnen doch nicht der Preis; und wenn
auch der Preis ihnen gehört, so ist das doch nicht Reichtum. Wenn
aber das vertraglich überkommene nicht reich macht, weil wir uns
schnell wieder seiner entäußern müssen, wie sollte geraubtes Gut
reich machen können?



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