Gedanken am frühen Morgen - Gutes tun im Stillen

Gedanken am frühen Morgen - Gutes tun im Stillen

5 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Mancher, der jemandem eine Gefälligkeit erwiesen hat, ist
sogleich bei der Hand, sie ihm in Rechnung zu stellen. Ein
anderer ist zwar dazu nicht sogleich bereit, denkt sich aber doch
denselben in anderer Hinsicht als seinen Schuldner und hat den
geleisteten Dienst immer in Gedanken. Ein dritter hingegen weiß
gewissermaßen nicht einmal, was er geleistet hat; er ist dem
Weinstocke gleich, der Trauben trägt und nicht weiter will,
zufrieden, dass er seine Frucht gegeben hat. Wie ein Pferd, das
dahin rennt, ein Hund nach der Jagd und eine Biene, die ihren
Honig bereitet. So der Mensch, der Gutes getan hat. Er posaunt es
nicht aus, sondern schreitet zu einem anderen guten Werke, wie
der Weinstock sich berankt, um zu seiner Zeit wieder Trauben zu
tragen. Man soll also denjenigen sich anschließen, die hierin
gewissermaßen ohne Überlegung handeln? Allerdings! Aber, sprichst
du, man muss doch wissen, was man tut, und einem geselligen
Weisen ist es, wie’s heißt, eigentümlich zu wissen, dass es zum
Nutzen der Gesellschaft wirkt, und bei Gott! Auch zu wollen, dass
sein Mitgenosse das empfinde. Wohl wahr, was du da sagst; aber du
verstehst den Sinn meiner Worte nicht recht und wirst deshalb zur
Klasse derjenigen gehören, deren ich zuvor gedacht habe. Denn sie
lassen sich durch einen gewissen Schein von Vernunftmäßigkeit
irreführen. Willst du hingegen des wahren Sinn meiner Äußerung
erfassen, so fürchte nicht, darüber irgendeine gemeinnützige
Handlung zu unterlassen.

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