#06 - Digital Leadership - So führst du dein remote Team zu exzellentem Service | Anika Tannebaum bei Better Call Service
Verteilte Teams erfolgreich führen
45 Minuten
Podcast
Podcaster
Wenn du deinen Kundenservice verbessern und deine jetzigen Kunden behalten willst, hör dir den Better Call Service Podcast an!
Beschreibung
vor 3 Jahren
Das Team ist überall verteilt. Das macht es schwieriger die
Teamkultur aufrecht zu erhalten. Es stellt sich die Frage: Was
können wir als Führungskräfte besser machen, um unsere digitalen
Teams noch effektiver zu führen?
Um das zu besprechen ist heute Anika Tannebaum zu Gast im “Better
Call Service” Podcast. Anika hat Kundenservice Teams bei Audi,
Bentley, Booking und Ebay aufgebaut und dabei mit ihren Teams
Preise gewonnen wie “Bester Service in DE”, “Bestes
Kundenservice-Team” oder “Höchste Kundenzufriedenheit.”
Du erfährst...
1) …Was jeder über Leadership wissen sollte.
2) …Die “2 P + E” Formel für überragendes Leadership.
3) …Der neue Weg remote Teams zu führen.
4) …Warum einige Leader scheitern und andere nicht.
5) …Ein einfacher Schritt, um eine Feedback-Kultur
aufzubauen.
6) …So wirst du zum Gestalter der Unternehmenskultur.
„Better Call Service“ ist ein Podcast der DuMont Process GmbH:
Unsere Mission ist es, Unternehmern und Customer Service
Führungskräften zu helfen, den Kundenservice zu verbessern, damit
Kunden zu loyalen Fans werden, mehr Geld ausgeben, länger bleiben
und so, den Customer Lifetime Value zu erhöhen.
Wenn du deinen Kundenservice verbessern und deine Kunden
nicht verlieren willst, hör dir den Better Call Service Podcast
an!
Lerne die besten Taktiken, Tipps und Tricks von
führenden Customer Service Experten und wie du sie in deinem
Unternehmen anwendest.
Die DuMont Process GmbH ist ein Call- und Contact Center aus
Berlin Mitte, das verschiedene Projekte im Customer Service und
Vertrieb im In- und Outbound abbildet. Wir helfen Unternehmen die
Customer Experience zu verbessern, indem wir die Qualität im
Kundenservice überprüfen, Verbesserungsvorschläge machen,
Softwarelösungen entwickeln und Weiterbildungen für Mitarbeiter
anbieten oder den kompletten Kundenservice als Outsourcing
Dienstleister übernehmen.
Website: https://dumont-process.de/
__________________________
PERSONEN
Moderation: Michael Kästner, Marketing & Sales, DuMont
Process GmbH —
https://www.linkedin.com/in/michael-k%C3%A4stner-42437b194/
Gast:Anika Tannebaum, Top 100 Customer Service & Leadership
Coach
https://www.linkedin.com/in/customer-service-expert-digital-leader-business-coach/
__________________________
WICHTIGE LINKS
Kunden für das Leben gewinnen:
https://anika-tannebaum.de/
Angst vor Kontrollverlust? 5 Tipps wie Du Dein Team im Homeoffice
erfolgreich führst:
https://www.youtube.com/watch?v=qeFVPm2TowQ
__________________________
KAPITEL
[00:02:14] Aus der Hotellerie in London zum
“Service Champion” bei Audi, Booking und Ebay.
[00:09:01] Was jeder über Leadership wissen sollte.
[00:11:25] Die “2 P + E” Formel für überragendes
Leadership.
[00:15:10] Hast du den Mut ein Leader zu sein?
[00:20:12] Der neue Weg remote Teams zu führen.
[00:24:28] Das macht einen hervorragenden digitalen Leader
aus.
[00:27:42] Warum einige Leader scheitern und andere nicht.
[00:29:26] Ein einfacher Schritt, um eine Feedback-Kultur
aufzubauen.
[00:35:43] Wenn du deinem Team nicht vertrauen kannst, mache
das.
[00:43:07] So wirst du zum Gestalter der
Unternehmenskultur.
__________________________
TRANSKRIPT
Michael Kästner: Mein Name ist Michael Kästner und ich
hoste den Podcast für die DuMont Process GmbH. Die DuMont Process
GmbH ist ein Call- und Contact Center aus Berlin-Mitte, das
verschiedene Projekte im Customer Service und Vertrieb im In- und
Outbound abbildet. Wir helfen Unternehmen, die Costumer
Experience zu verbessern, indem wir die Qualität im Kundenservice
überprüfen, Verbesserungsvorschläge machen, Software-Lösungen
entwickeln und Weiterbildungen für Mitarbeiter anbieten oder den
kompletten Kundenservice als Outsourcing-Dienstleister
übernehmen. In unserem Podcast "Better Call Service" helfen wir
Unternehmern und Customer Service Führungskräften, den
Kundenservice zu verbessern, damit Kunden länger bleiben und zu
loyalen Fans werden, um so den Customer Lifetime Value zu
erhöhen. In Experteninterviews lernst du die Denkweisen, besten
Strategien, Taktiken und Tipps von erfolgreichen Customer Service
Führungskräften und wie du sie in deinem Unternehmen anwendest.
Herzlich willkommen bei "Better Call Service". Heute habe ich
Anika Tannebaum zu Gast. Anika hat unter anderem
Kundenservice-Teams für Booking, Bentley, Ebay und Audi aufgebaut
und mit ihren Teams Preise gewonnen wie: Bester Service in
Deutschland, Bestes Kundenservice-Team oder Höchste
Kundenzufriedenheit, doch dazu erzählt sie gleich mehr. Sie ist
deswegen genau die Richtige, um darüber zu sprechen was notwendig
ist, um effektiv und erfolgreich Teams zu führen, wie ich als
Leader den Anforderungen von digitaler Führung gerecht werde und
welche Fähigkeiten ich überhaupt dazu brauche. Los geht's!
Herzlich willkommen, Anika! Freut mich, dass du heute hier
bist.
Anika Tannebaum: Ja, ganz meinerseits. Vielen
Dank für die Einladung, lieber Michael, ich freue mich.
Michael Kästner: Sehr gerne. In unserem
Vorgespräch, da muss ich jetzt einmal direkt mit unseren Zuhörern
reden, da war Anika so begeistert vom Thema Customer Service,
dass sie mich echt mitgenommen hat. Sie lebt das wirklich mit
Leidenschaft und ist da voller Begeisterung, etwas zu verändern.
Deswegen würde ich einmal in deine Story einsteigen, was zu
dieser Begeisterung geführt hat. Du bist jetzt schon seit 20
Jahren im Aufbau von Customer Service Teams in den größten
Unternehmen, Weltklasse-Unternehmen, tätig. Führ uns doch einmal
kurz durch deine Geschichte, die du bisher im Customer Service in
diesen Unternehmen erlebt hast.
Anika Tannebaum: Das mache ich sehr gerne. Das
Thema Leidenschaft ist auf jeden Fall ein Key-Aspekt. Ich denke,
ohne Leidenschaft im Customer Service oder im
Dienstleistungsunternehmen tätig zu sein, wird extrem
anstrengend, denn man muss es mögen, mit Menschen zu arbeiten und
Menschen eine Freude zu bereiten. So habe ich auch meinen Weg
gestartet, das ist jetzt tatsächlich mehr als 20 Jahre her. Und
zwar bin ich da als junges Mädchen nach London gegangen, um dort
einen Job in der Hotellerie zu finden und war dann auch relativ
erfolgreich in London, hatte die Verantwortung für alle Front of
House-Abteilungen in wirklich großen Fünf-Sterne-Hotels und daher
kommt auch mein Service-Gen, ich sag mal so, Service ist in
meiner DNA. Als ich dann wieder zurückgekommen bin nach Berlin,
war ich hier auch noch im Interconti in Berlin, damals habe ich
zum Beispiel auch den Staatsbesuch von Präsident Bill Clinton
organisiert, das war auch ein schönes Erlebnis, aber nichts für
diesen Podcast heute. Ich bin dann nach acht Jahren aus der
Hotellerie ausgestiegen und bin in die Customer Service
Center-Branche eingestiegen, weil ich mir sage: Der Service am
Gast ist genauso wichtig und gut wie der Service am Kunden, denn
letztendlich sind alle Gäste auch Kunden und umgekehrt. Da hatte
ich die große Möglichkeit, bei Audi, in einem großen Konzern den
nationalen und den internationalen Customer Service aufzubauen.
Meine Intention ist es natürlich, begeisterte Kunden und loyale
Kunden herbeizuführen, die sich auch mit der Marke
identifizieren. Es geht schon ein bisschen in die Richtung: Mach
aus Kunden auch Fans. Gerade in der Automobilindustrie ist das
Thema Autokauf sehr, sehr emotional. Da kommt es wirklich auf
sehr viel Geschick an: Wie binde ich die die Kunden an die Marke?
Als ich dann aus dem Konzern ausgetreten bin, weil ich mir gesagt
habe: Ich möchte ganz gerne noch eine andere Welt kennenlernen
und ein bisschen zurück zu meinen Wurzeln, habe ich dann die
einmalige Möglichkeit gehabt, den Customer Service in einem
Milliarden-Unternehmen aufzubauen, das war damals bei
Booking.com. Mein damaliger Chef, darauf kommen wir vielleicht
gleich nochmal zurück, war in Amsterdam und ich war in Berlin,
also das Thema Remote Leadership, virtuelle Führung, begleitet
mich schon seit über zehn Jahren. Er hatte mir die großartige
Möglichkeit gegeben, aus dreieinhalbtausend Quadratmetern den
Customer Service für Booking aufzubauen, von null auf 450
Mitarbeiter. Ich hatte, glaube ich, letztendlich Mitarbeiter aus
über 42 Nationen. Das war eine riesengroße Herausforderung für
mich, die ich nur meistern konnte, indem mein Chef auch heute
noch gültige Remote Leadership Key-Facts bei mir eingesetzt
hatte, die mich dazu befähigt haben, diesen Job auszuführen,
obwohl ich ihn noch nie vorher gemacht hatte. Nach Booking.com
bin ich noch in den E-Commerce eingestiegen, und zwar habe ich
bei Ebay reingeschnuppert und habe dort auch den Customer Service
aufbauen dürfen.
Anika Tannebaum: Da war mein Instinkt so
geweckt, dass ich unbedingt auch mal Preise gewinnen wollte. So
ist es mir gelungen, bei Ebay im Customer Service, bei dem
Shopping Club brands4friends mit meinem Team zweimal die Service
Champions zu gewinnen. Wir haben den ersten Platz belegt unter
allen Online Shopping Clubs in Deutschland, das heißt, wir waren
noch vor Amazon und vor Zalando, das darf man ruhig mal sagen.
Nach Ebay habe ich mir überlegt: Jetzt habe ich so viel Erfahrung
gesammelt, war dann auch noch in einem tollen Startup unterwegs,
durfte viele Unternehmen in der DACH-Region begleiten beim Aufbau
ihres Customer Service und habe mich vor einem Jahr dazu
entschieden, mich selbstständig zu machen, weil ich mir denke: Es
gibt so viele Unternehmen, die ihren Kundenservice jetzt
tatsächlich ausbauen und in den Kunden investieren wollen. Da bin
ich genau die Richtige, ich möchte heutzutage noch Unternehmen
unterstützen, die ihren Kundenservice und ihr Leadership auf das
nächste Level heben wollen, können und auch dürfen. Somit bin ich
heute als Selbstständige sehr erfolgreich in Unternehmen in der
DACH-Region unterwegs und helfe ihnen insbesondere beim Ausbau
der eigenen Leadership-Kompetenzen, gepaart mit dem Aufbau zum
Thema Kundenservice 2.0: Wie erstelle ich eine Kundendatenbank?
Wie funktioniert das Thema Qualitätsmanagement? Kommunikation,
übergreifende vernetzende Zusammenarbeit - an allen diesen Themen
arbeite ich jetzt aktiv mit meinen Kunden. Ich liebe meinen Job,
das kann ich ganz klar sagen.
Michael Kästner: Ich denke, das hört jeder, der
dir hier zuhört, dass du das, was du machst, gerne und mit
Leidenschaft machst und dass du das Thema Customer Service
verändern möchtest bzw. dass Unternehmen anders darüber denken
und auch mehr Geld in die Hand nehmen, um den Service zu
verbessern. Ich glaube auch, viele Menschen aus dem Customer
Service können sich mit deiner Story identifizieren, denn ich
kenne persönlich viele Menschen, die in der Hotellerie angefangen
haben oder aus dem Bereich kommen und genau deshalb diesen
Service dort gelebt haben. In der Gastronomie ist es
selbstverständlich, dass der Service großgeschrieben wird und
dass er den Unterschied macht, aber in den Unternehmen ist es
oftmals noch nicht so angekommen, dass der Service dort genauso
wichtig ist wie in der Hotellerie oder in der Gastronomie, damit
die Kunden wiederkommen.
Anika Tannebaum: Genau.
Michael Kästner: Wir möchten ja heute auf das
Thema Leadership eingehen. Du hast große Teams geführt mit 450
Personen, das heißt, du weiß genau, wovon du sprichst. Aber du
hättest dich ja als Selbstständige auf so viele verschiedene
Bereiche im Kundenservice konzentrieren können, du hättest dich
z.B. mehr auf den technischen Aspekt konzentrieren können, um
Technik im Kundenservice zu integrieren, aber du hast dich
entschieden, dich auf das Thema Leadership zu konzentrieren und
Menschen in dem Bereich zu coachen und ihnen zu helfen, bessere
Leader zu werden. Es muss ja einen Grund haben, warum du sagst:
Das ist der wichtigste Aspekt, um ein erfolgreiches
Kundenservice-Team aufzubauen. Kannst du uns da einmal mitnehmen,
warum du sagst, Leadership ist so ein wichtiges Thema für
Unternehmen heute, um Kundenservice zum USP zu machen?
Anika Tannebaum: Genau. Schön, dass du es
erwähnst. Ich sage auch selber: Customer Service als USP und
Modern Leadership. Ich bringe diese beiden Themen tatsächlich
zusammen, weil aus meiner Erfahrung die Dinge nicht losgelöst zu
betrachten sind, aus dem einfachen Grunde: Ich sage, Leadership
ist Dienstleistung am Team. Es geht darum, dass ich meine
Mitarbeitenden befähige, ihren Job so gut wie möglich zu machen.
Vielleicht noch ein kurzes Beispiel dazu, und zwar hatte ich
selber die großartige Gelegenheit, einen wunderbaren Chef haben
zu dürfen. Das war der Martin aus Amsterdam, der damals zu mir
sagte: "Anika, did you ever spend one million Euro in 3 months?"
Dann habe ich gesagt: "No, but I want to give it a try." Und er
sagte: "Okay, go ahead and build us a nice little Service Center.
Don't go over board and don't build us a Ritz-Carlton. Das heißt,
er hatte mir so viel Vertrauen entgegengebracht, er kannte mich
ja noch nicht lange. Er hat mir gesagt, was er erwartet, nämlich
ein schönes Service Center. Ich hatte die klare Aufgabe: In
diesem Servicecenter können maximal 450 Menschen Platz haben.
Dann ging es darum, wie wir das aufteilen können, auch innerhalb
des Service-Centers, dass wir nicht wie in so Hühnerboxen sitzen,
sondern dass es ein angenehmes Arbeiten ist. Jeder Mensch hat das
Recht auf einen angenehmen Arbeitsplatz und insbesondere auf eine
gute Führung. Richard Branson hat mal gesagt: "Wie du deine
Mitarbeiter behandelst, behandeln deine Mitarbeiter den Kunden."
Aus meiner Sicht ist das eine extrem einfache Formel, allerdings
merke ich auch, dass sie schwerer umzusetzen ist, als ich mir
dachte, zumindest in vielen Unternehmen.
Anika Tannebaum: Deshalb habe ich gesagt: Okay,
wer wirklich richtig guten Customer Service anbieten möchte, und
ich sehe Customer Service tatsächlich in der heutigen Zeit als
ganz klares Alleinstellungsmerkmal erfolgreicher Firmen weltweit,
der sollte zuvor in sein Leadership investieren. Denn wenn wir
uns die Frage stellen: Wo steht denn der Costumer Service in den
meisten Unternehmen, dann steht er irgendwo in der, ich sage
immer fast Schmuddelecke. Er fristet ein Aschenputtel-Dasein und
wird auch sehr häufig als Kostenfaktor gesehen: "Ah ja, Customer
Service." Dieses Thema, wie wird der Customer Service im
Unternehmen gesehen und welche Wertschätzung erfährt der Customer
Service im Unternehmen, fängt auch ganz klar an mit dem Leader,
der den Customer Service führt. Welchen Impact hinterlässt er bei
seinen Mitarbeitenden? Was ist die Vision vom Customer Service?
Das ist die Vision, die der Leader mit seinem Team erarbeitet.
Für mich gibt es drei ganz klare Säulen von einem wirklich
herausragenden Leader. Das ist A) das Thema Empowerment: Er ist
in der Lage, seine Menschen zu befähigen, dass sie den Job
ausüben können, für den sie da sind, und: Das ganze Thema
Empathie. Wir sagen immer, wir wollen durch die Brille des Kunden
schauen. Wir sollten in allererster Linie lernen, durch die
Brille des Mitarbeiters zu schauen. Denn der Mitarbeitende ist
derjenige, der direkt im Kontakt mit dem Kunden ist, die meisten
Abteilungen sprechen nur über den Kunden. Hier geht es darum:
Welche Bedürfnisse hat mein Mitarbeiter? Wo kann ich ihn
unterstützen? Was braucht er von mir, um seinen Job erfolgreich
zu machen? Das ist eine ganz klare Bedürfnisermittlung, die wir
natürlich auch erwarten von unseren Mitarbeitenden am Telefon,
wenn sie mit dem Kunden sprechen.
Anika Tannebaum: Das dritte Thema ist das ganze
Thema Purpose: Weshalb ist meine Arbeit wichtig im Customer
Service? Was trage ich in diesem großen Zahnrad dazu bei, was
einen erheblichen Einfluss auf das Image des gesamten
Unternehmens in Richtung Kunde hat? Diese drei Themen:
Empowerment, Empathie und Purpose, 2E + P, fußen auf dem auf dem
großen Thema Vertrauen, Trust. Wie baue ich Trust als Leader auf?
Das heißt, ich gehe wertschätzend mit meinen Menschen um. Wie
kann ich wertschätzend mit ihnen umgehen? Ich muss also
herausfinden: Wer hat welche Stärken? Sitzen meine Mitarbeitenden
im richtigen Bus, und sitzen sie nicht nur im richtigen Bus,
sondern sitzen sie auch am richtigen Platz? Gebe ich ihnen
Sicherheit? Bin ich ansprechbar? Kann ich erkennen, welches
unterschiedliche Bedürfnis mein Mitarbeiter derzeit hat? Und wie
gehe ich damit um? Leadership ist für mich wie ein Dirigent, er
ist derjenige, der die ganzen Stärken seiner Teams zusammenbringt
und entsprechend so dirigiert, dass letztendlich ein
wunderschönes Lied rauskommt. Ohne diesen Dirigenten kann es
einfach weniger gut funktionieren, dass ich den Customer Service
auf ein neues Level hebe und natürlich meine Mitarbeiter so
motiviere, dass sie auch Lust daran haben, den Kundenservice
innovativ weiter nach vorne zu bringen, weil sie natürlich intern
und extern eine extreme Wertschätzung erfahren und auch sehen,
was der eigene elementare Anteil daran ist, das Kundenfeedback in
das Unternehmen zurückzubringen und zu sehen, dass sich das
Unternehmen radikal am Kundenfeedback weiterentwickelt.
Michael Kästner: Ich konnte das jetzt wirklich
vor mir sehen, als du das beschrieben hast, wie sich so ein
erfolgreiches Team anfühlt, wo man sich zuhört, wo man jeden Tag
mit Purpose an die Arbeit geht und weiß, wofür man das Ganze
macht und wie man das als Leader seinem Team kommunizieren muss,
warum man das Ganze macht. In vielen Unternehmen ist es ja so,
dass man KPIs vor die Nase gesetzt bekommt und es wird gesagt:
Hier, das ist das Ziel. Aber mit der Zeit verliert man aus den
Augen, warum man das Ganze überhaupt macht. Ist es etwas, das
jeder lernen kann oder worin jeder besser werden kann, nach
deiner Erfahrung mit den Mitarbeitern oder in den Unternehmen, wo
du gearbeitet hast? Oder was war die Voraussetzung, um Leadership
zu lernen?
Anika Tannebaum: Als Leader, muss man wissen,
ist es wie so ein Goldfisch im Glas. Ich bin von allen Seiten
jederzeit sichtbar, wie ich stehe, wie ich gehe, wie ich sitze,
wie ich rede. Jeder beobachtet mich und nimmt das zum Vorbild.
Das heißt, wenn ich die Grundintention habe: Ich arbeite gerne
mit Menschen. ich bringe Menschen gerne weiter, ich arbeite aber
auch gerne an meiner eigenen Persönlichkeit, habe ein offenes
Mindset, gehe, nehme gerne das Feedback anderer an oder höre es
mir an und habe für mich selber den Anspruch, dass ich mich
ständig weiterentwickeln und weiter lernen möchte. Und ich habe
ein Händchen für Menschen, die zu denen ich relativ gut Vertrauen
aufbauen kann, und, du hattest es gerade angesprochen, als Leader
habe ich ja nicht nur Menschen zu führen, sondern auch ein
Unternehmen. Das heißt, es geht natürlich auch um KPIs, KPIs sind
sogar extrem wichtig. Ich sage aus meiner Erfahrung: intrinsisch
motivierte Mitarbeiter, die einen Leader haben, der ihre Stärken
stärkt und ihre Schwächen schwächt, die sind natürlich auch
motivierter bei der eigenen Arbeit und auch bei der
Weiterentwicklung. Meine Aufgabe als Leader ist es tatsächlich,
diese Unternehmenskultur zu gestalten. vom Verwalter zum
Gestalter, dass sich Menschen trauen, Fehler zuzugeben. Wie
reagiere ich überhaupt auf diese Fehler? Fehler sind Feedback,
Fehler sind noch nicht gefundene Lösungen und Fehler sind
Erkenntnisse, an denen ich mich weiterentwickeln kann. Dieses
Thema sollte ein Leader nicht in seinem Blut haben, aber dafür
sollte er eine Leidenschaft entwickeln. Wenn ich diese
Leidenschaft nicht habe für Menschen und dafür, mich mit
Problemen auseinanderzusetzen und mit Herausforderungen, dann
wird es irgendwann sehr schwierig und da merken Menschen sofort,
ob es von Herzen kommt oder ob das nur ein Titel ist. Ich sage
ganz klar: Menschen folgen Menschen und keinen Titeln.
Michael Kästner: Du hast jetzt so viele wichtige
Sachen angesprochen. Was für mich ganz besonders herausgestochen
hat, dass man als Führungskraft nicht dazu da ist, anderen zu
sagen, was sie zu tun haben, sondern vor allem als Vorbild dient
und es vormachen muss, damit andere sich daran orientieren. Man
muss selbst bereit sein zu sagen: "Ich habe einen Fehler
gemacht", denn nur wenn man selbst bereit ist zu sagen: "Ich habe
einen Fehler gemacht", schauen sich das andere von einem ab.
Deshalb darf man keine Angst davor haben, Fehler zu machen,
daraus zu lernen und sich immer auf die Lösung zu konzentrieren
statt auf das Problem. Das sind so viele wichtige Sachen, an
denen man herausfinden kann, ob man das wirklich will und ob man
bereit dazu ist, ein Leader zu sein oder sich dahin zu
entwickeln. Das finde ich sehr gut. In unserer jetzigen Situation
hat es sich immer mehr dahin entwickelt, dass alle im Homeoffice
sind und nicht mehr vor Ort, sodass man die Leute vor Ort führen
könnte. Das war auch ein Grund, warum ich auf dieses Thema
gekommen bin. Eine Kollegin, die ein Team im Kundenservice führt,
hat gesagt, es ist ihre größte Herausforderung, dass alle
verteilt sind, dass es schwierig ist, die Beziehung zu den
Mitarbeitern aufzubauen und dass alles sich ein bisschen aus den
Augen verliert. Es ist einfacher, wenn man die Person direkt vor
der Nase hat, die man direkt ansprechen kann und der man
einfacher ablesen kann, was das Problem ist. Was sagst du? Worauf
muss man sich konzentrieren, wo gerade alles Remote ist? Was ist
wichtig bei Remote Leadership, um das besser zu machen? Jetzt,
aber auch in Zukunft, denn das wird natürlich ein Bestandteil
bleiben.
Anika Tannebaum: Auf jeden Fall.
Michael Kästner: Es wird nicht alles wieder
verschwinden, sobald wir die Corona-Zeit überstanden haben.
Anika Tannebaum: Was ja auch gut ist, denn wir
wissen alle, dass die Fluktuation und die Krankenquote im
Homeoffice geringer sind. Und: Vor Covid war es überhaupt
undenkbar, gerade für den Bereich Customer Service, im Homeoffice
zu arbeiten. Das war tatsächlich schon fast eine Tortur, wenn
Mitarbeitende mal einen Tag im Homeoffice arbeiten wollten. Ja,
da gab es, glaube ich, Formulare, die man ausfüllen musste und
man musste auch genau sagen, was man da macht. Ich bin erst
einmal dankbar, dass wir da einen riesigen Schub an
Digitalisierung im Customer Service bekommen haben und wir sehen
ja auch, dass es funktioniert. Parallel dazu wird es sicherlich
in dieses hybride Leadership gehen, man sieht sich im Office und
man sieht sich aber auch nur am Bildschirm. Hier sehe ich viele
Herausforderungen, die ich absolut nachvollziehen kann, auch von
der Kollegin, die du angesprochen hast. Wir kommen in eine andere
Form der Führung, ich habe die Menschen nicht mehr um mich herum
und das Thema Menschlichkeit, da komme ich gleich nochmal zu,
wird immer elementarer. Ein kurzer Ausflug zum Remote Leadership,
Music happens between the notes and trust happens between the
meetings. Jetzt haben wir aber diese Meetings nicht mehr, dass
man aus dem Meeting rausgeht und sich nochmal unterhält: "Mensch,
wie fandest du das gerade?", dieser Weg in die Kaffeeküche, da
passieren ganz viele Kleinigkeiten, die man häufig unterschätzt,
die jetzt natürlich wegfallen. Das Thema Menschlichkeit, Führung
ohne Maske nenne ich das auch. Ich habe im letzten Jahr
tatsächlich mit Unternehmen und mit Customer Service Managern
gearbeitet, die mir erzählt haben, ihre Mitarbeiter haben den
Laptop auf dem Bügelbrett stehen, oder dann kommt das Kind durchs
Bild oder auch das Haustier, das ist auch in Ordnung so. Ich habe
jetzt einen Einblick in die Welt meiner Mitarbeitenden und ich
sehe, wie es ihnen persönlich geht. Da kommen wir zu dem großen
Thema: Remote Leadership fußt auf dem großen Wort Trust. Wie kann
ich jetzt Vertrauen herbeiführen? Wie kann ich Vertrauen bilden?
Es gibt zwei Gruppen: Einmal die Mitarbeitenden, die das
Unternehmen und das Team schon kennen, die haben ja nochmal ein
anderes Vertrauensverhältnis untereinander, dann kommen aber auch
die neuen Leute rein, sie haben noch niemals jemanden aus dem
Team getroffen, sondern sie wurden remote eingearbeitet und haben
überhaupt nicht diese Connection. Hier geht es meiner Meinung
nach viel um das Thema, sich selbst kennenzulernen, und zwar
nicht nur im beruflichen Kontext. Da gibt es solche Möglichkeiten
wie Teambuildings anhand von Stärken, z.B. der MBTI, das ist der
Myers-Briggs-Typentest, das DISG-Modell oder Gallup
Strengthsfinder, dass man mit den Mitarbeitenden
Persönlichkeitstests macht, um den Menschen zu helfen, sich
selbst nochmal ein bisschen besser zu erkennen oder auch zu
sagen: "Nein, das ist totaler Quatsch, aber es ist interessant,
was da rauskommt. Mensch, wie siehst du mich denn, lieber
Michael?" Zu lernen, anhand der eigenen Stärken sich selbst
Feedback zu geben und sich darüber auszutauschen. Ich könnte dir
z.B. sagen: "Mensch, lieber Michael, wenn wir zusammen in einem
Meeting sind, gib mir bitte direktes Feedback. Ich brauche nicht
dieses Around the Bush. Komm bitte direkt zum Feedback." Ein
anderer hätte aber ganz gerne, dass wir uns erst einmal kurz über
das Wochenende unterhalten: "Wie war dein Wochenende? Bist du
wieder joggen gewesen?" Herauszufinden: Wer braucht was? Das eine
Bedürfnis-Ermittlung, um als Leader zu sehen: Ah okay, bei dem
ist gerade die Oma krank geworden. Das heißt, bevor ich ins
nächste Meeting gehe, frage ich erst mal: "Mensch, wie geht es
denn deiner Oma?" Oder mein anderes Teammitglied hat Kinder im
schulpflichtigen Alter. Die haben nebenbei noch das ganze Thema
Homeschooling. Das heißt, viel wichtiger ist jetzt der private
Austausch, um herauszufinden, wie viel Flexibilität mein
Mitarbeiter braucht, damit er natürlich auch weiterhin motiviert
in seinem Job sein kann. Es geht eben nicht mehr um diese starre
Dienstplanung und das ist extrem schwierig im Customer Service,
weil ich ja auch Kunden habe, die um 8 Uhr anrufen und wenn jetzt
um 8 Uhr keiner da ist, dann habe ich natürlich wieder die
nächste Challenge mit meinen Kunden. Da genau zu schauen: Wie
kann sich das Team auch selbst organisieren? Okay, da gibt es
Menschen im Team, die haben schon Kinder und da gibt es andere
Menschen, die haben vielleicht keine. Wie kann man sich da
gegenseitig unterstützen? Das Thema vernetztes Arbeiten auch über
die Abteilungsgrenzen hinaus finde ich auch ganz wichtig. Wer
könnte vielleicht zukünftig noch unterstützen im Customer
Service, in Zeiten, wo es knapp ist von meinen eigenen
Mitarbeitern? Und auch das Thema: Wir spielen gemeinsam, das
ganze Thema Gamification. Wir machen, keine Ahnung, Mario Kart
Runs, wir haben gemeinsame digitale Lunchpausen, digitale
Kaffeepausen, wo es um das Persönliches und Privates geht und
eben nicht um das Business. Das ist extrem wichtig, auf der
anderen Seite ist es wichtig, den Teams die Sicherheit zu geben:
"Ihr braucht nicht 24/7 anwesend sein", was die große Gefahr ist
in dem Thema Remote Leadership. Ich habe ständig ein schlechtes
Gewissen, dass ich vielleicht gerade nicht erreichbar bin, wenn
mich mein Kollege angeschrieben hat. Dafür bin ich aber
vielleicht zu einer anderen Zeit erreichbar. Also diese
Sicherheit im Team zu geben vom Leader: "Hey, es ist okay. Wir
müssen nur wissen, wann wer verfügbar ist", das heißt, es gibt
jetzt viel klarere Strukturen: Wer übernimmt welche Aufgabe mit
welchen Fähigkeiten, die er mitbringt? Wann ist wer verfügbar?
Wie kommunizieren wir miteinander? Also nicht E-Mail, sondern
vielleicht Slack oder andere Kommunikationskanäle, wo ich nach
Channeln sortiert die Information für alle zur gleichen Zeit
verfügbar mache. Und auch das ganze Thema Technik: Haben meine
Mitarbeitenden die richtige Technik zu Hause? Gibt es jederzeit
einen Ansprechpartner, den ich als Leader organisiert habe?
Nichts ist schlimmer, wenn ich im Kundengespräch bin und mein
Telefonat streikt oder meine technische Anbindung funktioniert
nicht. Das heißt, ich muss jederzeit sicherstellen, dass
technischer Support und eine technische Verfügbarkeit da ist und
jederzeit auch fachlicher Support da ist. Nichts ist auch
unangenehmer, wenn ich mit dem Kunden spreche, und ich kann ihm
keine Antwort geben, weil ich die Zugänge nicht habe oder weil
ich das Wissen nicht habe. Das heißt, die Themen: Arbeitszeiten,
Rollen, Verantwortlichkeiten und Technik Set-up liefern
Sicherheit und Vertrauen und das ist auch eine wichtige Aufgabe
eines Leaders heutzutage, neben der privaten Komponente, die
jetzt viel mehr in den Mittelpunkt gerückt ist.
Michael Kästner: Mich hat jetzt besonders
mitgenommen, sich viel aktiver und auch geplant um die
Bedürfnisse der Mitarbeiter zu kümmern. Jetzt mal vom Business
weg hin zum Privaten, was man machen kann, dass man als Leader
genau im Kopf hat: Was ist denn mein Mitarbeiter für ein Typ von
Mensch? Was sind seine Stärken? Was sind seine Schwächen? Ist es
ihm wichtiger, Smalltalk zu machen und über seine Family zu reden
oder ist es ihm vielleicht nicht wichtig? Kommt er lieber auf
mich zu, wenn er ein Problem hat? Es ist wichtig, sein Team
besser kennenzulernen und zu wissen, mit wem man zusammenarbeitet
und wen man überhaupt führt, dass Dinge wie Wissensmanagement
einfach funktionieren müssen, dass das Team empowered sein muss,
seine Arbeit überhaupt machen zu können und dass nicht
irgendetwas nicht funktioniert und es dann am Ende heißt: "Warum
werden die Ziele nicht erreicht?" Dabei kann das Team die Ziele
überhaupt nicht erreichen, weil es gar nicht die Möglichkeiten
dazu hat, die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt zu
erhalten oder weil es nicht mit der richtigen Technik
ausgestattet ist. Das ist natürlich die absolute Grundlage, damit
das Team effektiv arbeiten kann.
Anika Tannebaum: Ein wichtiger Aspekt ist
hierbei noch das Thema Fragen stellen. Für mich als Führungskraft
ist es extrem wichtig, Fragen zu stellen: Wo stehst du gerade mit
der Aufgabe? Wie gut bist du vorangekommen? Welche Erkenntnis
hattest du, dass du diesen Weg eingeschlagen bist? Welche
Alternativen gibt es noch? Wo brauchst du gezielt Unterstützung
von mir oder von einem anderen Teammitglied, damit du die Aufgabe
optimieren kannst oder noch besser erfüllen kannst? Dieses Thema
Fragen stellen ist extrem wichtig, denn viele Leader neigen dazu,
selbst schon zu interpretieren: "Der kann das, der kann das
nicht", und nehmen sich damit die Chance, die Menschen wirklich
kennenzulernen, indem sie diese Fragen nicht stellen, weil sie
denken, sie wissen die Antwort schon.
Michael Kästner: Du hast jetzt ganz oft das
Thema Feedback-Kultur angesprochen und dass man wirklich Fehler
als Möglichkeit, als Opportunity betrachtet, um zu lernen und
besser zu werden. Erst einmal kann man natürlich als Leader das
Ganze vorleben und selbst diese Einstellung vertreten, aber wie
baut man da eine Teamkultur auf und wie bringt man auch sein Team
dazu, mehr so zu denken, denn Angst vor Fehlern zu haben oder
Angst, dass nur gesagt wird: "Im Unternehmen ist es okay, Fehler
zu machen", aber es ist am Ende doch nicht in Ordnung, das ist ja
ganz präsent, dass Menschen Angst davor haben. Wie kann man eine
Feedback-Kultur besser aufbauen und das Denken ändern?
Anika Tannebaum: Sehr gute Frage, danke Michael.
Wichtig ist erst einmal: Menschen lernen aus Referenzerfahrungen.
Wenn ich also sage: "Wir haben eine tolle Feedback-Kultur und
Fehler sind super", dann passiert ein Fehler und das Team
bemerkt, wie die Führungskraft mit dem Fehler umgeht, was
vielleicht suboptimal ist, dann ist die Referenzerfahrung einmal
drin und dann kann ich erzählen: "Wir haben eine tolle
Fehlerkultur", es wird nicht mehr ankommen. Das heißt, das
Wichtigste ist: Wie verhalte ich mich selber in Situationen, wo
Fehler passieren? Ich habe früher Workshops gemacht mit meinen
Teams und jetzt mache ich die auch mit meinen Kunden, einer heißt
z.B.: Celebrate your Mistakes. Aus meiner eigenen Erfahrung
geplaudert: Wenn ich neue Teams übernommen habe im Customer
Service und die kannten mich ja noch nicht, dann ist auch eines
der ersten Themen, die ich immer mit erwähnt habe: "Ich feiere
eure Fehler. Wenn ihr Fehler macht, dann ist es wichtig, denn ihr
probiert Dinge abseits vom Standard." Natürlich habe ich auch
hinzugefügt: "Wenn wir jetzt den gesamten Code einer Company
Webseite ändern und löschen, dann ist das nichts zum Feiern", ich
meine die Fehler, die im Rahmen sind, weil wir einfach mal etwas
Neues ausprobieren und ich meine auch einfach mal machen. Wir
verschwenden oftmals viel zu viel Zeit, uns zwei, drei, vier
Monate in ein Büro zurückzuziehen und an einem perfekten Projekt
zu arbeiten. Dann kommen wir wieder und merken: Die Welt hat sich
in der Zwischenzeit so weitergedreht, wir brauchen dieses neue
Projekt gar nicht mehr. Wie stelle ich sicher, dass ich mit
Fehlern gut umgehe und wie lebe ich das Thema vor? Fehler sind
eine Chance zur Weiterentwicklung. Die meisten
Weiterentwicklungen sind aus Fehlern passiert, das wissen wir
alle. Das heißt, das ist etwas, woran sich die Menschen
orientieren können: "Ah ja, okay", was bedeutet es noch, wenn ich
einen Fehler mache? Es geht darum: Wie gehe ich mit diesem Fehler
um bzw. wie behandle ich diese Person? Ganz wichtig. Aus meiner
Sicht ist es sehr förderlich, wenn ich den Fehler von der Person
trenne. Nicht die Person hat jetzt den Fehler begangen und ist
vielleicht nicht in der Lage, sondern es war ein Verhalten und
ich stelle die Frage: "Interessant, wie bist du zu diesem Aspekt
gekommen? Erklär mir doch mal deinen Werdegang, wie du dich
entschieden hast, diesen Weg zu gehen?", dann sagt er mir: "Okay,
ich habe das und das gemacht", "Okay, welche Grundlagen, welche
Erkenntnisse hast du dir zur Hilfe genommen, um zu sehen, dass
dieser Weg der optimale ist? Welche anderen Wege hättest du zur
Auswahl gehabt, wenn du dir jetzt das Ergebnis anschaust? Wie
würdest du dich entscheiden mit den Erkenntnissen, die du aus
dieser Aufgabe heraus gewonnen hast? Welche neuen Möglichkeiten
ergeben sich für dich daraus, den Weg weiterzugehen? Wie
entscheidest du dich jetzt?" Das sind jetzt einfach mal Fragen,
aus der Praxis gesprochen, mit denen ich vorangehen würde und
auch, mit denen ich vorangegangen bin, um herauszufinden: "Ah,
okay, der Mensch hat die Entscheidung auf Grund X, Y und Z
getroffen. Vielleicht ist da auch noch ein bisschen Sand im
Getriebe bei uns, denn er hätte auf gar keine andere Erkenntnis
kommen können, weil es so klar ist, dass man nur diesen Weg
geht." Das heißt, auch für mich als Leader sind unfassbar viele
gute Erkenntnisse und Möglichkeiten der Weiterentwicklung und
Optimierung in dieser Fragestellung enthalten. Gleichzeitig kann
ich dann auch sagen "Okay, ich verstehe, wie du dich entschieden
hast. Aus wirtschaftlicher Sicht, aus operativer Sicht oder aus
Kundenzufriedenheits-Sicht ist das jetzt nicht der optimale Weg
gewesen. Das heißt, lass uns jetzt mal die Richtung wechseln.
Jetzt sind wir drei Schritte nach links gelaufen, lass uns jetzt
einfach mal ein bisschen mehr in Richtung rechts laufen und
schauen, was passiert." Also auch das Thema: Testen, testen,
testen, Feedback einsammeln, neu ausrichten, testen, testen,
testen, Feedback einsammeln, neuen Weg gehen, wenn man das macht,
haben die Menschen im Team keine Angst davor, Fehler zu machen.
Sie lernen, dass es immer mehrere Alternativen gibt, sie lernen
sich selbst zu hinterfragen und stoßen in den meisten Fällen auch
auf neue Innovationen, die nicht nur diese eine Aufgabe
voranbringen, sondern vielleicht auch die gesamte Struktur der
Abteilung.
Michael Kästner: Mir hat besonders gut gefallen,
dass du wirklich den Mitarbeitern die Fragen stellst und die
Mitarbeiter selbst auf die Lösung kommen lässt und nicht sagst:
"Das ist falsch, das ist richtig gelaufen", sondern anhand von
Fragen den Mitarbeiter selbst zur Lösung führst. Wenn man selber
darauf kommt oder denkt, es wäre die eigene Idee, dann vergisst
man das auch nicht. Wenn mir jemand etwas sagt, dann - schön.
Aber wenn ich selber darauf gekommen bin und ich verstehe: "Ah
okay, das macht Sinn", dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich
mich anders verhalte, viel größer. Einen wichtigen Punkt habe ich
noch. Du hast gesagt, im Homeoffice ist die absolute Grundlage,
in dieses Vertrauen zu kommen, also dass Trust die Basis von
allem ist, nicht nur im Homeoffice, aber dass es da auch
besonders wichtig ist. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen
Führungskräften schwerfällt, weil sie Angst haben, wenn sie den
Mitarbeitern freie Hand lassen, dass dann alles drunter und
drüber geht und nicht mehr so funktioniert. Deshalb einmal die
Frage: Wie komme ich von der Angst vor Kontrollverlust in das
Vertrauen?
Anika Tannebaum: Da habe ich auf jeden Fall ein
schönes YouTube-Video zu gedreht: Angst vor Kontrollverlust. Das
kann man sich gerne im Nachgang mal angucken, da sind ein paar
interessante Themen bei. Zum Thema "Angst vor Kontrollverlust"
sollte ich mir in allererster Linie selber die Frage stellen:
Weshalb habe ich Angst? Das sagt ja etwas über mich aus. Weshalb
habe ich Angst? Es sind ja meine Mitarbeiter und meine Teams.
Woher kommt dieses mangelnde Vertrauen, was ich ja scheinbar
nicht habe, wenn ich Angst verspüre. Der Weg der
Weiterentwicklung geht aus meiner Sicht immer durch die Angst
hindurch. Das heißt, Vertrauen aufzubauen bedeutet, den Menschen
zu kennen: Was braucht der, um sich sicher zu fühlen? Das geht
ein bisschen in Richtung der privaten Einblicke. Wenn ich
Mitarbeiter habe, die jetzt Homeschooling zu Hause haben und die
nicht wissen, wie sie das überhaupt gemeinsam bewerkstelligen
sollen mit dem Homeschooling und dem Job, dass ich dieses
Bedürfnis meines Mitarbeiters erkenne und mit ihm eine Lösung
dafür finde. Das gibt schon mal Sicherheit - und auch das Thema
Wertschätzung. Das andere Thema, wenn die Menschen jetzt machen,
was sie wollen, wie du es so schön gesagt hast. Das ist meine
Aufgabe, für eine klare Struktur zu sorgen. Manche Leute mögen
es, auf der grünen Wiese zu arbeiten, dazu gehöre ich zum
Beispiel. Andere Leute mögen es, wenn sie keine grüne Wiese
haben, sondern sie haben da schon einen Gartenzaun drum und da
liegt vielleicht schon die Bodenplatte. Dann sind sie in einer
Sicherheit, die ihnen mehr liegt und das ist auch völlig in
Ordnung, denn jeder hat unterschiedliche Bedürfnisse. Diese Angst
vor Kontrollverlust heißt, ich kann meine Angst nur überwinden,
indem ich es ausprobiere. Konkret heißt das, ich spreche mit
Michael: "Mensch, lieber Michael, die Aufgabe hätte ich jetzt für
dich. Wie wohl fühlst du dich mit dieser Aufgabe?" Dann nehmen
wir mal an, du sagst: "Ich bin mir ein bisschen unsicher." "Okay,
was brauchst du, um dich sicherer zu fühlen?" "Naja, ich bräuchte
jemanden, den ich ab und zu fragen kann." "Ah, okay. Wer könnte
das sein?" "Okay, der Klaus." "Gut, wir werden mit dem Klaus
sprechen, dass er vielleicht dein fachlicher Ansprechpartner ist,
dein Sparringspartner, wenn du nicht weiter kommst an dieser
Aufgabe. Bis wann kannst du diese Aufgabe erledigen? Klare
Deadlines. Okay, Welche technische Unterstützung brauchst du noch
dafür?" "Gar keine." "Okay, was habe ich vielleicht vergessen zu
fragen, was aber wichtig für dich ist beim Erledigen der
Aufgabe?" "Naja, ich bräuchte am Tag nochmal zwei Stunden Luft,
weil ich da mein Kind aus dem Kindergarten abhole." "Ah, okay.
Von wann bis wann ist das?" Dann schreiben wir das auf. Der
Michael braucht das, er hat die Aufgabe, er möchte die Aufgabe
gerne machen, er braucht aber auch noch einen Sparringspartner.
Ich kümmere mich um ihn als Leader, wir haben eine Deadline
festgelegt, er hat die technische Unterstützung und ich sage zu
ihm: "Michael, wenn irgendetwas ist, du kannst mich jederzeit
über Slack anschreiben. Wenn ich nicht direkt antworte, bin ich
gerade in einem Termin. Aber ich melde mich auf jeden Fall
zurück, damit wir sicherstellen, dass du deine Antworten
bekommst." Damit habe ich erst einmal ein gutes Setting
geschaffen. So mache ich es natürlich auch mit allen meinen
Mitarbeitern. Das heißt, ich als Leader mache mir zum Beispiel
auch selbst Notizen, wie früher im Hotel. Der Gast mag Rotwein,
der mag das Zimmer mit Meerblick, der möchte gerne ein ruhiges
Zimmer im Erdgeschoss, so schreib ich es mir jetzt auch auf: Der
hat Familie, der hat etwas mit der Oma, der hat sich gerade neues
Auto gekauft, der will in den Urlaub fahren. Alle diese Themen
habe ich für mich klar aufgeschrieben bzw. habe sie dann
irgendwann verinnerlicht und gehe somit individuell auf die
Bedürfnisse meines Mitarbeitenden ein. Ich erwarte ja auch von
meinem Mitarbeitenden, von meinen Teams im Kundenservice, dass
sie die Bedürfnisse der Kunden erkennen. Wie kann ich das besser
vorleben als ihnen zu zeigen, was es bedeutet, das Bedürfnis zu
erkennen bei eigenen Mitarbeitern. Wenn es dann um das Thema
geht, dass wir uns zur Deadline treffen und der Michael mir
vorstellen darf, was er bereits erreicht hat, wie weit er
gekommen ist, dann begleite ihn in dieser Phase und zeige auch
nochmal, wie wichtig mir das ist, dass er den privaten Bereich
für sich auch gut geregelt bekommt, denn Privat und Beruf
vernetzen sich immer mehr. Das heißt, ich gebe ihm auch
Sicherheit, dass ich das ernst meine, denn ich setze es auch um.
Auf der anderen Seite erwarte ich dann auch, dass der Michael die
Aufgabe erledigt hat bis zum Tag der Deadline oder mir vorher
nochmal die Information gibt: "Du Anika, ich schaffe es leider
nicht, das und das ist dazwischengekommen. Könnten wir das
nochmal schieben oder wie wichtig ist die Angelegenheit?", damit
ich in der Lage bin, auch noch zu handeln. Alle diese Themen
gehen in die Richtung Vertrauen, klare Absprache, Transparenz,
Involvieren der Mitarbeiter und Empathie und das, begleitet von
dem Thema Empowerment, liefert letztendlich die Grundbasis zum
Vertrauen.
Michael Kästner: Jetzt fühle ich mich, als hätte
ich eine Deadline, weil du gerade mich als Beispiel genommen
hast, schick mir danach die E-Mail, ich mach das.
Anika Tannebaum: Alles klar. Schau mal, du bist
schon hochmotiviert. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit,
Michael. Das wird großartig.
Michael Kästner: Perfekt. Mir hat besonders gut
gefallen, dass du jetzt schon ein praktisches Beispiel gemacht
hast, wir sind wirklich in die Praxis gegangen, wie du das auch
mit einem Mitarbeiter gemeinsam machen würdest, Stichwort
gemeinsam, wie du die Fragen stellst und es ausarbeitest. Ich
denke, anhand so eines praktischen Beispiels erkennt man immer am
besten: Was macht die Anika anders als ich? Was kann ich davon
übernehmen? Vielleicht merkt man: Okay, die spricht ganz anders
mit den Leuten, die stellt ganz andere Fragen. Da konnten jetzt,
denke ich, schon sehr viele Zuhörer einiges mitnehmen, was sie
direkt bei sich praktisch integrieren können, um bessere Leader
zu werden, um ihre Teams besser und effektiver zu führen und
damit auch alles digital besser funktioniert. Das YouTube-Video
würde ich einfach bei uns mit in den Shownotes verlinken, damit
sich derjenige, der tiefer in das Thema einsteigen möchte, das
Ganze anschauen kann.
Anika Tannebaum: Genau. Gerne.
Michael Kästner: Es waren heute so viele
interessante Sachen drin, über die wir gesprochen haben.
Anika Tannebaum: Sehr schön.
Michael Kästner: Aber Vertrauen und Empathie als
Stichwort und auch der Aufbau einer Feedback-Kultur, in der man
gegenseitig von seinen Fehlern lernt und auch, ganz wichtig, die
Bedürfnisse seines Teams genau zu kennen, genau zu wissen, mit
wem man zusammenarbeitet und dementsprechend auf die Leute
einzugehen. So können wir bessere Leader werden und das Ganze
auch noch besser machen, um unsere Remote Teams zu managen, um
das Ganze noch mal zusammenzufassen.
Anika Tannebaum: Ja genau. Ich sage auch gerne:
Nichts ist in der Theorie so einfach wie die Praxis. Man muss
einfach in die Praxis kommen und da helfe ich meinen Kunden, weil
ich die große Ehre hatte, in wirklich tollen Unternehmen arbeiten
zu dürfen und auch jetzt wieder mit tollen Kunden arbeiten zu
dürfen. Ich kann jedem versichern: Es ist erlernbar, es lohnt
sich, Führung darf Spaß machen und macht sogar auch Spaß, wenn
man sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Ich glaube, das eigene
Ego darf man auch gerne mal vor der Tür lassen, denn es geht ja
darum, dass wir die Teams befähigen wollen. Ich sage auch gerne:
Vom Leuchtturmwissen zur Schwarmintelligenz. Ich habe so viele
fähige Menschen in meinen Teams und Teams gewinnen
Meisterschaften. Das ist im Team nochmal ganz anders möglich als
bei einem alleinigen Wettstreiter. Dieses Thema, das Team in den
Vordergrund zu rücken und meine Menschen zu befähigen, damit
komme ich in die Lage, nicht nur die Unternehmenskultur, sondern
auch das Image vom Unternehmen zum Kunden zu gestalten. Ich sage
auch: Wir Leader sind Gestalter der Unternehmenskultur, aber auch
der Wahrnehmung des Kunden. Ich finde, es gibt nichts Schöneres,
als begeisterte Kunden zu haben, begeisterte Teams und ein
florierendes und wachsendes Business. Das heißt in jedem Fall: Es
lohnt sich. Jeder sollte da investieren, der Lust auf den Umgang
mit und die Entwicklung von Menschen hat. Es ist einfach eine
unheimliche Ehre, mit Menschen arbeiten zu dürfen und diese auch
zu entwickeln und nach vorne zu bringen.
Michael Kästner: Super! Vielen Dank Anika, dass
du heute hier warst.
Anika Tannebaum: Sehr gerne, Michael.
Michael Kästner: Es hat mir sehr viel Spaß
gemacht und ich denke, wir konnten alle eine Menge lernen, alle,
die den Podcast anhören.
Anika Tannebaum: Wunderbar. Also vielen Dank
nochmal für die Einladung. Freut mich sehr.
Michael Kästner: Vielen Dank für das Einschalten
bei "Better Call Service". Vernetze dich gerne mit Anika auf
LinkedIn, den Link dazu findest du in den Shownotes. Wenn dir die
Folge gefallen hat, abonniere den Podcast, damit du zukünftig
keine Folge mehr verpasst und hinterlasse uns gerne eine
Bewertung auf dem Streamingdienst deiner Wahl. Bis zum nächsten
Mal bei "Better Call Service".
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