#169 Sigi Lieb – Let's talk about Selbstbestimmung, Baby

#169 Sigi Lieb – Let's talk about Selbstbestimmung, Baby

40 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Erregung gefällig? Also nicht solche. Oder ist
es gerade doch solche? Reden wir über Sex, Gender und darüber,
wie wir darüber reden. Spätestens dann ist Stimmung in der Bude.
Und jetzt sollen Menschen auch noch selbst bestimmen können, wer
und wie sie sind. Genügend Hormone im Raum für einen Podcast. In
diesem ist Sigi Lieb ist zu Gast. Sie stellt sich freiwillig in
dieses Feuer, schreibt Bücher und berät zum Thema Gender und
Gendern.


Das Grundprinzip der Evolution ist: Varianz ist
gut, Varianz verspricht Entwicklung, Varianz führt zu besseren
Lösungen. Warum verspüren wir ausgerechnet beim Geschlecht den
Reflex, diese Vielfalt abzuwerten? Gar den vermeintlichen
Anfängen zu wehren und Schulen gendersensible Sprache zu
untersagen? Sachsen und Sachsen-Anhalt sind gerade dem
unglücklichen Vorbild von Schleswig-Holstein gefolgt. Sigi
argumentiert, das Problem beginne schon bei der Komplexität der
Genderthematik. Natürlich gibt es auf der alleruntersten Ebene
nur zwei Geschlechter, Hoden oder Eierstöcke. In der Welt gab es
aber schon immer jede Menge individuelle Variationen davon - weit
mehr als der erste Blick im Kreißsaal zwischen die Beine des
neugeborenen Kindes verspricht. Das beginnt schon in der
Biologie, hinzu kommen soziale, kulturelle und weitere Ebenen.
Die Vielfalt ist immer schon Realität, bleibt nur die Frage, ob
wir ihr Raum geben. Wer einen Crashkurs in die Varianten zwischen
Inter-, Trans und weiterer Sexualitäten sucht, wird in den ersten
zehn Minuten des Podcasts bereits fündig werden.


Zurück zur Sprache: Das eigentliche Sprachthema
ist gar nicht der vertraute Streit um Binnen-I, -stern oder
-doppelpunkt. Wer einmal verstanden hat, woher das Bedürfnis
kommt, in der Sprache mitgemeint zu sein, wird den nötigen
Respekt schon aufbringen können. Sigi betont: Das viel wichtigere
Thema mit der Sprache liegt darin, überhaupt Begriffe zu finden
für das, was Individuen empfinden. Denn nur das, wofür wir einen
Begriff haben, das können wir auch benennen, überhaupt sehen und
schließlich besprechen.


Wie aber gehen wir miteinander um? Wie sind die
Lösungen für die Umkleideräume, die Saunen, die Einträge beim
Meldeamt? Sigi votiert für mehr Sensibilität. Hören wir einander
zu, dann werden wir in den meisten Fällen herausfinden, wie es
allen am besten geht. Michael befindet sich bei der Aufnahme
gerade in den USA, umgeben von sehr unversöhnlichen und in Teilen
aggressiven Diskussionen um gesellschaftliche Werte. Warum
sollten wir optimistisch in die Zukunft schauen? Schaffen wir es,
eine besonnene und umsichtige Gesprächskultur zu entwickeln oder
gleiten wir ab in das Gekreische, das uns von rechts angeboten
wird? Sigi erinnert an die auch harten Debatten in der
Bundesrepublik der 70er Jahre. Trotz aller ideologischer Gräben
waren Politik und Gesellschaft damals in der Lage, so etwas wie
der Beutelsbacher Konsens zu formulieren. Der legt für Schulen
unter anderem fest: Was in der Gesellschaft kontrovers ist, muss
es in Schulen auch sein, auf dass Kinder lernen, mit
gesellschaftlichen Konflikten umzugehen. Kurzum: Wir konnten das.
Wir können das wieder.


Zu Gast: Sigi Lieb, Soziologin, Beraterin und
Trainerin für inklusive, geschlechtersensible und
diskriminierungsarme Kommunikation. Twitter: @gespraechswert


Das aktuelle Buch von Sigi heißt Alle(s) Gender: Wie kommt das
Geschlecht in den Kopf?


Ihr Blog steht hier: https://www.gespraechswert.de


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