#160 Felix Ekardt – Warum der Wandel eben doch bei uns selbst anfängt (und das eine gute Nachricht ist)

#160 Felix Ekardt – Warum der Wandel eben doch bei uns selbst anfängt (und das eine gute Nachricht ist)

42 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Eine Grundfrage unserer Diskussionen über
Zukunft: Wenn wir über diese unsere Zukunft streiten, um
sie zu gestalten, dann sollten wir auch in der Lage sein, uns zu
verändern, als Einzelne oder als Gesellschaft. Sonst bleibt die
Zukunft ein Traum. Aber können wir das: Uns verändern? Natürlich,
es gibt ihn ja. Sagt Felix Ekardt. Er ist Jurist, Philosoph,
Soziologe, leitet die „Forschungsstelle Nachhaltigkeit und
Klimapolitik“ in Leipzig und ist Professor an der Universität
Rostock.


Was treibt Menschen zum Wandel? Felix sagt:
Wandel geschieht im Wechselspiel, nie allein. Man versteht ihn am
besten, wenn man nicht „den Kapitalismus“ oder „die Politik“
betrachtet, sondern konkrete Menschen: Den Unternehmer, der etwas
verkaufen will. Die Politikerin, die wiedergewählt werden möchte.
Die Familie, die ein angenehmes Leben haben will.


Faktenwissen und Werthaltungen helfen alleine
wenig. Fakten sind wichtig für den Wandel, aber in ihrer
Wirkung dramatisch überschätzt. Die Fakten in unserem Kopf,
ebenso wie die Werthaltungen, die uns leiten, passen sich an
unsere anderen Motive an. Bei schlauen wie bei weniger schlauen
Menschen. Und die anderen Motive sind: kurzfristiger Eigennutz,
Pfadabhängigkeiten, das gemeinsame Bild von Gut und Richtig, und
noch wichtiger: Unser Bild von Normalität. Dreimal im Jahr
Urlaub? Schönes großes Haus? SUV vor der Tür und übers Wochenende
nach Barcelona? Wenn ich einmal dieses Einfamilienhaus vor den
Toren der Stadt habe, soll ich dann auf einmal nicht mehr mit
Auto hinfahren? Das prägt unsere Entscheidungen, unabhängig von
unserem Wissen über den Klimawandel.


Wandel gelingt, wenn man diese Motive in Bewegung
bringt. Wohlstand und großer Fußabdruck korrelieren. Da
kommen wir mit Wissen nicht ran. Wir sehen, dass wir Teil einer
tödlichen Praxis sind - und das verdrängen wir. Wir müssen die
Vorstellung von Normalität in Bewegung bringen, Emotionalität
ernst nehmen, Verdrängungsprozesse abschneiden, sagt Felix.


Dabei sind wir alle relevant. Wir treffen
Entscheidungen, Jeder und jede von uns. Jeden Tag. Damit sind wir
Vorbilder auf die eine oder die andere Weise. Menschen sind
Nachmacher. Darum ist für einen Wandel angesichts der Klimakrise
entscheidend, dass viel mehr Leute radikal ökologisch handeln.
Ja, wir brauchen eine andere Politik, einen Emissionshandel,
reduzierte Tierhaltung, … aber alles das fällt erst vom Himmel,
wenn Politiker wissen, dass sie dafür nicht abgewählt werden.


Wir schonen uns alle viel zu sehr. Viel zu viele
Menschen denken, dass ein „weiter so“ als Option immer noch auf
dem Tisch wäre. Wir müssen nüchtern benennen, dass Klimawandel
viel teurer, militärischer, unsicherer wird als eine angemessene
Klimapolitik. Und wir können auch benennen, welche Vorteile ein
anderes ökologisches Handeln mit sich bringt.


Zu Gast: Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Jurist,
Philosoph und Soziologe, Professor an der Uni Rostock, Gründer
und Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik
in Leipzig und Berlin

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