#149 Tadzio Müller – Reset: Die Klimabewegung der Zukunft
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Nur Rituale gemeinsamen Trauerns können uns
handlungsfähig machen. Warum die Klimabewegung in
der Verdrängungsgesellschaft scheitern muss.
Tadzio Müller ist einer der Strategen der Klimabewegung und seit
mehreren Jahrzehnten in sozialen Bewegungen aktiv, als Gründer,
als Analyst, als Aktivist. Er sagt: Die Klimabewegung wird
scheitern. So, wie sie heute aufgestellt ist, von FFF bis zur
Letzten Generation, zielt sie auf eine rationale Diskussion.
Unsere Gesellschaft ist aber nicht rational - und ihr Umgang mit
der Klimakrise erst recht nicht. Der Einsatz für eine positive
Zukunft angesichts der Klimakrise braucht daher andere Mittel,
zuallererst Rituale gemeinsamen Trauerns.
Tadzio Müller analysiert die bisherigen Strategien der
Klimabewegung und ihre Wirkung auf Gesellschaft und Politik.
Seine Argumentation ist diese:
• Wir leben in einer Externalisierungsgesellschaft. Prägendes
Merkmal unserer Rolle in der Klimakrise ist: Wir leben nicht über
unsere Verhältnisse, sondern über die Verhältnisse anderer. Die
Struktur unseres Handelns ist nicht „Nach uns die Sintflut“,
vielmehr „Neben uns die Sintflut“.
• Wir wissen um diesen Mechanismus. Die Fakten zur Klimakrise
sind allesamt öffentlich und wir dürfen voraussetzen: Auch breit
bekannt.
• Wir wissen, dass wir von vielen liebgewordenen Elementen
unseres Lebens werden Abschied nehmen müssen. Es fällt uns
allerdings offensichtlich schwer, an unserem Verhalten etwas zu
ändern. Die Gründe dafür sind vielfältig, reichen von Privilegien
über Werte zu geübten Verhaltensweisen. Die Folge ist ein
psychologischer Effekt, den wir immer wieder beobachten können:
Werden wir von außen auf unser unangemessenes Verhalten
hingewiesen, reagieren wir mit Schuld und Scham. Der
psychologische Überbau der Externalisierungsgesellschaft ist die
Verdrängungsgesellschaft.
• Dies erklärt, warum alle Appelle an eine Veränderung von
Verhalten scheitern und warum stets neue Informationen zur
Dramatik der Klimaveränderungen nicht zu verändertem Verhalten
führen. Es erklärt auch, warum das gemeinsame Element nahezu
aller Sparten der Klimabewegung ins Leere läuft. Sie alle zielen
darauf, die Kosten zu erhöhen: die politischen, wirtschaftlichen,
persönlichen Kosten. Die Antwort ist nicht die rationale
Verhaltensänderung, um die Kosten wieder zu senken, sondern:
Verdrängung.
• Ein verdrängendes Subjekt hat keinen Punkt, an dem es durch
erhöhte Kosten zu einer Verhaltensveränderung gebracht werden
kann. Darum muss die bisherige Klimabewegung scheitern.
• Eine erfolgreichere Klimabewegung setzt bei den Gefühlen von
Schuld und Scham an. Anstatt Verhalten (Schuld) oder Identitäten
(Scham) abzuwerten und handelnde Subjekte in Frage zu stellen,
muss sie Raum für Abschied bieten und zugleich Raum für die
Anerkenntnis bieten, dass wir gute Menschen sind. Da 83 Mio.
Menschen in Deutschland nicht gleichzeitig in Therapie gehen
können, liegt der Ansatzpunkt bei den großen und
vertrauenswürdigen Institutionen. Ihre Rolle muss es sein,
Rituale des Trauern zu entwickeln und den Abschied von fossilen
Lebensweisen zu orchestrieren. Rituale, die es der Gesellschaft
zu ermöglichen, mit sich selbst in einen Dialog darüber zu
treten, wie wir künftig leben wollen. Was wir brauchen, ist ein
kollektiver Trauerprozess, denn wir werden weniger haben und
müssen uns von der historische Ausnahmevorstellung lösen, dass
wir immer mehr haben können.
• Der künftige Klimadiskurs wird davon handeln: Bin ich ein guter
Mensch oder nicht?
• Auf diese Weise werden auch Mehrheiten entstehen, die es der
Politik ermöglichen, Regelungen und Gesetze zu entwickeln, die zu
einem wirksamen Klimaschutz führen und die der Dimension der
Klimakrise strukturell angemessen sind. Hierin liegt die Rolle
sozialer Bewegungen: Den Raum des Möglichen zu erweitern und zu
verschieben.
Zu
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