#133 Wolfgang Cramer – Nur globale Gerechtigkeit sichert unser Überleben
43 Minuten
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vor 1 Jahr
Diese Woche in der Zukunft:
Unbequeme Einsichten: Auf gar keinen Fall kann man sich ein
langfristiges Überleben der Menschheit vorstellen, wenn die
globale Ungleichheit nicht abgebaut wird. Im Moment sprechen wir
darüber zu helfen. Als ob es darum ginge. Dabei helfen wir nur,
die von uns selbst verursachten Schäden abzufedern. Stattdessen
müssen wir über Verantwortlichkeit sprechen. Das sagt Wolfgang
Cramer, Geograph und Klimaforscher in Deutschland und Frankreich,
seit vielen Jahren einer der Autoren der Weltklimaberichte.
Das globale Ungleichgewicht ist seit vierzig Jahren benannt und
verschärft sich. Auf der jüngsten Klimakonferenz wurde es mal
thematisiert und ein Fonds eingerichtet, allerdings ohne
ausreichende Mittel. Das ist eine Frechheit, so Wolfgang.
Zur Klimakrise trägt Wolfgang einen gehörigen Pessimismus in
sich: Eine Perspektive auf 1,5 Grad existiert schlicht nicht
mehr. Ein Fall von selbst Schuld; die nötige Transformation wäre
gut machbar, allerdings hätte sie längst begonnen haben müssen.
Hat sie nicht. Was ist dann realistisch? Wolfgang betont: Das ist
keine wissenschaftliche, sondern rein politische Frage. Wir
könnten mehr als wir selber glauben. Aber Wolfgang ist
skeptisch.
Parallel mindestens so folgenschwer ist die Krise der
Biodiversität. Wir verlieren nicht nur Arten, sondern ganze
Ökosysteme. Das hat ganz handfeste Folgen für uns selbst, für den
Menschen. Wir verlieren die tropischen Korallenriffe und das
arktische Seeeis. Allein davon hängen bis zu einer Milliarde
Menschen auch ökonomisch ab. Tourismus, Fischerei, Nahrung – wir
verlieren einen wesentlichen Teil unserer Nahrungsgrundlage.
Dasselbe Bild zeigt sich in der Landwirtschaft. Anders als wir
vielfach glauben sichert nicht die hochgezüchtete Monokultur die
landwirtschaftliche Produktion. Im Gegenteil. Wir verlieren
aktuell das Ökosystem Boden und entziehen damit der Nahrung im
wahrsten Sinne die Grundlage.
Wir stehen vor erheblichen Konflikten, die national sehr
unterschiedlich ausgetragen werden. Wenn der Druck weiter steigt,
wie tragen wir diese Konflikte richtig aus? Lassen wir uns
ablenken und streiten über Migration oder Kosten oder gelingt es
uns, die eigentliche Frage in den Vordergrund zu stellen?
Wolfgang sagt: Wir benötigen eine ernsthafte Diskussion, ob wir
tatsächlich nur möglichst viele, möglichst große Autos bauen und
auf dem ganzen Planeten verkaufen müssen – und dann wird schon
alles gut. Das ist der Kern.
Wolfgang kommt aus einer Tradition, in der Wissenschaftler:innen
einen vollständig neutralen Blick haben müssen. Die Wissenschaft
liefert Fakten und überlässt es den gesellschaftlichen Kräften,
über die Konsequenzen zu diskutieren. Diese Position empfindet
Wolfgang als zunehmend absurd und positioniert sich heute anders.
Jede Art von Protest muss gewaltfrei sein. Aber Straßenblockaden
oder symbolische Aktionen sind ganz offensichtlich
notwendig.
Zu Gast in dieser Woche:
Wolfgang Cramer, Geograph und Klimaforscher, war lange
Professor in Potsdam, forscht und lehrt in Frankreich und ist
einer der Mitautoren der Weltklimaberichte
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