#34 Warum wir die Klimakrise nicht sehen (können)

#34 Warum wir die Klimakrise nicht sehen (können)

37 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren
Diese Woche in der Zukunft:

Kaum legt sich der pandemische Nebel langsam wieder, der alle
anderen Themen fast magisch verschluckt hat, tauchen altbekannte
Themen wieder auf – und sorgen direkt für Streit in Politik,
Gesellschaft und Wirtschaft. Die Klimakrise ist wieder da. Im
Unterschied zu den 90er Jahren lautet der Tenor nun aber nicht
mehr „US-amerikanische Wissenschaftler haben gewarnt …“, sondern:
„Wir haben noch zehn Jahre. Nicht bis wir anfangen. Bis wir
fertig sind.“ Zugleich gelingt es uns immer noch, die
Auswirkungen der Klimakrise zu negieren, sie zu verdrängen,
auszublenden, uns in Hoffnungen zu ergehen.


Sara Schurmann war zuletzt Redaktionsleiterin des Formats
„Ozon“ bei Funk, einem Angebot für jüngere Zielgruppen der ARD.
Sie hat die Klimakrise zu ihrem Thema gemacht, genauer: Sie will
Aufmerksamkeit dafür schaffen. Im Gespräch mit Michael Carl klärt
sie prägnant die Eckdaten: Ja, die Forderung nach einem Ende der
klimaschädlichen Subventionen bis 2025, keinen neuen Verbrennern
nach 2025, Kohleausstieg spätestens 2030 und einem Ende der
Massentierhaltung ist nicht Aktivismus, sondern beschreibt recht
nüchtern den überwältigenden Konsens der Wissenschaft. Nein, die
Hoffnung auf technologische Innovation ist trügerisch; Lösungen,
die wir heute noch nicht kennen, kommen in jedem Fall zu spät für
einen globalen Einsatz in den 20er Jahren. Ja, die Klimakrise
wird sich direkt in Mitteleuropa auswirken. Sie wirkt sich jetzt
schon aus. Warum sprechen wir eigentlich nicht über das
Waldsterben, das sich vor unseren Augen vollzieht?


Im Gespräch mit Michael Carl erwägt Sara Schurmann die Gründe,
warum wir eine seit Jahren bekannte Entwicklung immer noch
verdrängen – und das, obwohl ein Einsatz für ein besseres Klima
direkt positive Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden
hätte. Sie diskutiert Strategien, wie dem Thema die notwendige
Aufmerksamkeit zukommen kann. Ein Weg kann der über zwei
unterschiedlich kontrastierte Zukunftsbilder sein: Ein positives,
in dem wir uns aufzeigen, wie sich die Lebensumstände auch in
Mitteleuropa durch einen drastischen Klimaschutz massiv
verbessern. Das aktiviert und zieht die Menschen. Gleichzeitig
schlägt Sara Schurmann vor, ein solches Zukunftsbild durch ein
zweites zu begleiten, das ganz deutlich aufzeigt, was andernfalls
passiert.


Dazu ein Impuls aus der Sozialpsychologie. Die lehrt uns, warum
gute Vorsätze scheitern. Frühere Belohnungen („Jetzt Schokolade“)
sind immer attraktiver als spätere („weniger Gewicht
langfristig“). Das gilt auch kollektiv: Heute das vermeintlich
gute Leben fortsetzen wird sich meist durchsetzen gegen die
Forderung, heute radikale Veränderungen vorzunehmen, um künftig
Schaden abzuwenden. Schlechte Aussichten für uns in der
Klimakrise? Als Ausweg nennt die Sozialpsychologie: Zum einen
bewusst Belohnungen schaffen, also zum Beispiel Wahlergebnisse
herbeiführen. Zum anderen – und wichtiger: Bewusst Optionen vom
Tisch nehmen und damit neues Verhalten motivieren. Was in jedem
Transformationsprozess in Unternehmen und Teams gilt, greift auch
hier. Das führt zu einem neuen, innovativen Sinn von Verboten.
Statt eine vermeintliche oder tatsächliche Verbotskultur zu
beklagen, können wir auch auf den ermöglichenden Charakter von
Verboten setzen. Sie können auch Veränderungen wahrscheinlicher
machen und dafür sogar motivieren.
Der Gast dieser Woche:

Sara Schurmann, freischaffende Journalistin mit dem Schwerpunkt
Klimakrise.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: