Politische und Experimentelle Filmessays | mit Jeannine Fiedler und Rolf Sachsse

Politische und Experimentelle Filmessays | mit Jeannine Fiedler und Rolf Sachsse

bauhaus.film.digitally.expanded | ExpertInnengespräch
58 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren

bauhaus.film.digitally.expanded | ExpertInnengespräch


[23.04.2020]

moderiert von Teresa Retzer.


»Das Bild soll andeuten, was über seinen Inhalt geht. Den
göttlichen Grund, würde Meister Eckhart sagen. Die Schönheit
eines ›häßlichen‹ Gesichts. Die Essenz der Dinge ... Ich möchte,
dass in den unscheinbarsten, gewöhnlichsten, ärmlichsten Themen
die Würde und darunterliegende Hoffnung durchschimmern.« (Ellen
Auerbach, 1985)


Vom »Neuen Sehen« geprägte Dokumentarfilme stellen einen
wesentlichen Teil der Bauhaus-Filme dar. Die teils politischen,
teils experimentellen Filmessays eröffnen den Blick auf die
Vitalität der Großstadt. Bürgerliche Straßen treffen auf
Arbeiter- und Industrieviertel und das Kameraauge fokussiert
immer wieder Architekturen der Moderne; alles ist umgeben vom
Treiben Spazierender, spielender Kindern und dem Tosen des
Straßenverkehrs. In den Filmen offenbart sich ein kritischer
Blick auf die sozialen Diskrepanzen in der modernen Großstadt,
ohne die Menschen aus einer voyeuristischen oder ausbeuterischen
Perspektive zu betrachten. Straßenverkäufer, umherziehende Roma
und Sinti oder Arbeiter in beschmutzter Kleidung gehören zur
Großstadt wie das bürgerliche Leben der Eliten. Anders als in
Werbefilmen politischer Parteien wie der SPD oder der KPD in
dieser Zeit, visualisierten die Bauhaus-Filme die soziale
Ungleichheit in den modernen Gesellschaften nicht. Diese
beobachtende Kamera der BauhäuslerInnen gehört zu den wichtigsten
Errungenschaften im deutschen Dokumentarfilm der Weimarer
Republik.


László Moholy-Nagys meist kurze Etüden oder »soziale Reportagen«
bedienen sich der Ästhetik des »Absoluten Films« und verwandeln
die Neuerungen des abstrakten Kinos in eine filmische Abstraktion
aus Realszenen. Die Filme von Ellen Auerbach (geb. Rosenberg) und
Ella Bergmann-Michel verbinden Kunst und Handwerk und eröffnen
neue unkonventionelle Perspektiven auf das moderne Leben.


Die strikte Ablehnung der nationalistischen, militaristischen und
autoritären Politik am Ende der Weimarer Republik prägen die
politischen Filme. In Bergmann-Michels Film »Wahlkampf« (1932)
dokumentiert sie, wie die Nazi-Propaganda immer militanter in die
Straßen Frankfurts eindringt. Sie wurde während der Dreharbeiten
verhaftet und einige Filmrollen wurden konfisziert und zerstört.
Auerbach wurde 1906 als Kind von jüdisch-orthodoxen Eltern in
Karlsruhe geboren. In »Die Große Reise« (1933/1934) und »Tel
Aviv« (1933/1934) hält sie ihre Flucht aus Nazi-Deutschland fest
und setzt sich eindringlich mit den im Exil lebenden Juden in
Palästina auseinander.

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