Beschreibung

vor 3 Jahren
Morgens um 7 mal kurz die Welt gerettet und sich selbst, zuvor
natürlich die Sportchallenge oder Yoga absolviert und nebenbei
Körner fürs Superfood-Frühstück eingelegt, Healthy Tea zubereitet
und das Mittagessen vorgekocht, megagesund versteht sich, den
nächsten Spanischkurs online gebucht und obendrein im Anschluss
noch das ganze Haus renoviert. Und Janine liegt noch im Bett und
denkt: „Verdammte Hacke, was bin ich für eine Versagerin?! Die
anderen haben sich Zentimeter für Zentimeter zur perfekten Version
ihrer Selbst herangearbeitet und ich liege mit meinem Hintern immer
noch im Bett und mache nichts oder nicht genug…“ Zumindest geht sie
immer so aus dem Haus, dass sich die Leute im Vorbeigehen nicht
übergeben müssen; Lili hingegen pfeift auf den Gesellschaftsdruck
und geht mit Pickelcreme im Gesicht zur Schule, ärgert sich dennoch
über kloßgleiches Aussehen nach dem Aufstehen. Dennoch: der Trend
ist da und wird immer größer - Born to perform. Nahezu die ganze
Nation scheint im Vollrausch, gerade jetzt, am Jahresanfang: höher,
schneller, weiter; vom Verlierer zum Gewinner vom Versager zum
Macher, übersetzt in Erfolgssprache: vom „Low Lifer“ zum „High
Performer“, das Leben - ein einziges Workout. In Kunzes Kosmos
fragt man sich da: Läuft man bei dem ganzen „Überperformen“ nicht
eher Gefahr, sich selbst zu verlieren? Selbstoptimierung als
Selbstbetrug? Mutter und Tochter laufen heute mächtig warm, ganz
ohne Schrittmesser. - Will Janine nicht doch miteifern und sollte
sich Lili doch mal mehr bemühen? Und immer schön daran denken: Man
muss den Topf rausstellen, solange es regnet.

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