Beschreibung

vor 20 Jahren
Chinidin, ein Cinchona-Alkaloid, wird heutzutage vorwiegend als
Antiarrhythmikum und zur Therapie bestimmter Formen der Malaria
eingesetzt. Zu seinen vielfältigen unerwünschten Wirkungen gehören
sowohl reversible als auch irreversible Störungen des
Gleichgewichts und des Hörens. Ziel dieser Arbeit war es, mit Hilfe
zweier unterschiedlicher etablierter Methoden, der Patch-Clamp- und
der Kranielle-Fenster-Technik, die Ursachen dieser Störungen zu
untersuchen. Mittels Patch-Clamp-Ableitungen wurde an isolierten
vestibulären Haarzellen der Ratte der Einfluss von Chinidin auf den
dominierenden Kaliumstrom dieser Zellen untersucht. Die Ableitungen
ergaben sowohl an Typ I als auch an Typ II Haarzellen eine
konzentrationsabhängige, reversible Hemmung der Kaliumströme dieser
Zellen durch Chinidin mit Dissoziationskonstanten zwischen 240 und
280 µM. Die Hemmung des dominierenden Kaliumstromes dieser Zellen
führt zu einer verminderten Repolarisationsgeschwindigkeit des
Membranpotenzials nach Depolarisation über den mechanoelektrischen
Transduktionskanal. Dadurch werden von den Haarzellen vermehrt
exzitatorische Transmitter freigesetzt, was zu einer vestibulären
Tonusimbalance und vorrübergehendem Schwindel führen kann. So
lassen sich die reversiblen Effekte von Chinin und Chinidin auf das
vestibuläre System erklären. Die Kranielle-Fenster-Methode erlaubte
es, die Auswirkungen von lokal auf piale Gefäße appliziertem
Chinidin in vivo zu beobachten. In diesem zweiten Ansatz zeigte
sich eine konzentrationssabhängige Konstriktion dieser Gefäße um
bis zu 13,6% des Ausgangswertes, was nach dem Hagen-Poiseuilleschen
Gesetz zu einer Erhöhung des Gefäßwiderstandes um bis zu 60% führt.
Diese kann zu Minderperfusionen im Bereich empfindlicher Areale
(bekannt sind z.B. A. labyrinthi, Retina) führen. Zusammen mit
anderen durch Chinidin ausgelösten Effekten wie einer peripheren
Vasodilatation und einer damit verbundenen Orthostase sowie einer
darauf folgenden reflektorischen Erhöhung des Sympathikustonus kann
dies vaskulär bedingte reversible, aber vor allem auch irreversible
Störungen verursachen. Kritisch anzumerken ist, dass sich mit
diesen Methoden nur zwei Aspekte der Wirkungen von Chinidin
analysieren lassen und die Auswirkungen auf andere Zellen und
Systeme zur Toxizität nicht analysiert wurden.

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