Schwangerschaft und Diabetes - Konnten die Ziele der St. Vincent Declaration von 1989 umgesetzt werden?

Schwangerschaft und Diabetes - Konnten die Ziele der St. Vincent Declaration von 1989 umgesetzt werden?

Beschreibung

vor 19 Jahren
Diese retrospektive Studie (1993-1997) untersucht an einem
Kollektiv der I. Universitätsfrauenklinik München, ob die Ziele der
St. Vincent Declaration (1989) hinsichtlich der Schwangerschaften
von Diabetikerinnen verwirklicht wurden. Gefordert war eine
Verringerung problematischer Schwangerschaftsverläufe bei
Diabetikerinnen und der daraus resultierenden kindlichen Morbidität
auf das Niveau nichtdiabetischer Schwangerer. Die Untersuchung
erstreckte sich auch darauf, ob hinsichtlich der Umsetzung dieser
Ziele Unterschiede zwischen Schwangeren mit einem Diabetes mellitus
Typ I (DM I) und einem Gestationsdiabetes (GDM) bestanden. Um die
aktuelle Situation der schwangeren Diabetikerinnen zu beurteilen,
wurden deren Daten solchen von nichtdiabetischen Schwangeren
(matched-pairs Kontrollgruppen) gegenübergestellt. Diese wurden im
gleichen Zeitraum an der I.UFK entbunden. Die Studie bestätigte
bekannte Zusammenhänge. Wie in anderen Untersuchungen konnte eine
vermehrte Infektions-, Hypertonie- und Frühgeburtshäufigkeit bei
den Diabetikerinnen nachgewiesen werden. Erhöhte Makrosomieraten
und die gehäufte Entwicklung einer Hyperbilirubinämie unter den
Kindern der Diabetikerinnen konnten gleichfalls festgestellt
werden. Unter den Typ I Diabetikerinnen fand sich, vor allem unter
den Frauen mit fortgeschrittener Diabeteserkrankung, eine
gesteigerte Sectiorate. Bei den Gestationsdiabetikerinnen waren ein
höherer Body Mass Index und fortgeschrittenes Alter anzutreffen.
Folgende signifikante Unterschiede zeigten sich zwischen den
Untersuchungsgruppen. Im Vergleich mit den jeweiligen
Kontrollgruppen entwickelte beide Typen von Diabetikerinnen
signifikant häufiger eine Hypertonie und eine Infektion im
Schwangerschaftsverlauf. Die Schwangerschaftsdauer war signifikant
kürzer als bei Frauen aus den Kontrollgruppen. Unter der Geburt kam
es signifikant häufiger zu einem großen Blutverlust (>1000 ml).
Die Kinder der Diabetikerinnen entwickelten signifikant häufiger
eine Hyperbilirubinämie. Bei Typ I Diabetikerinnen kam es im
Vergleich mit deren Kontrollgruppe zusätzlich signifikant häufiger
zu einer Tokolysebehandlung und einer Sectio caesarea. Weitere,
tendenzielle (nicht signifikante), Unterschiede zwischen den
Diabetikerinnen und ihren jeweiligen Kontrollgruppen konnten
hinsichtlich der Häufigkeit des Auftretens eines pathologischen
CTG, kindlicher Komplikationen unter der Geburt, der kindlichen
Frühgeburtlichkeit, der kindlichen Makrosomie, der kindlichen
Nabelschnur pH-Werte und kindlicher Prä-Hypoglykämien festgestellt
werden. Ausschliesslich unter den Kindern der Diabetikerinnen kam
es zu kindlichen Geburtsverletzungen, Atemnotsyndromen (RDS), der
Entwicklung von Kardiomyopathien/megalien und in einem Fall zu
einer Hepatomegalie. Etwa gleich gute Ergebnisse hingegen konnten
bezüglich der kindlichen APGAR-Werte, der Häufigkeit kindlicher
Hypokalzämien, kindlicher Polyglobulien und kindlicher
Fehlbildungen festgestellt werden. Eine genauere Übersicht über die
kindliche Morbidität gibt die Tabelle im Anhang. Ein Unterschied
der kindliche Mortalität fand sich nicht. Insgesamt ist
festzustellen, dass die Ziele der St. Vincent Declaration auch an
einem spezialisierten Zentrum, wie der I.UFK noch nicht vollständig
umgesetzt werden konnten. Dies galt vor allem auch beim
Gestationsdiabetes. Weitere Verbesserungen in Diagnostik und
Therapie diabetischer Schwangerer scheinen daher erforderlich.
Erfahrungen bei der Datenerhebung der Arbeit (z.B. bei der
Risikoprofil-Erfassung der Diabetikerinnen, der
Blutzuckereinstellung in der Schwangerschaft und der mütterlichen
BZ-Werte sup partu) zeigten Dokumentationsmängel. Dies könnte eine
Anregung sein die Routinedokumentation in der Klinik zu verbessern.
Generelle Ansätze wie zum Beispiel ein zentralisiertes Konzept in
der Betreuung schwangerer Diabetikerinnen, die Ausweitung der
präkonzeptionellen Beratung bei Typ I Diabetikerinnen und die
Verschärfung der metabolischen Kontrolle in der Schwangerschaft,
sowie vermehrte Aufklärung der Bevölkerung über den
Gestationsdiabetes (was frühzeitigere Diagnose und Therapie
ermöglichen könnte) bergen weiteres Verbesserungspotential.

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